BN wartet nach dem Urteil des Bayreuther Gerichts zum Kanu-Streit auf der Wiesent auf die Klagebegründung
„Wir hatten gehofft, dass das Gericht in der entscheidenden Frage zukunftsweisender urteilt. Nämlich ob europäisch geschützte Arten und Lebensräume, die wie an der Wiesent in einem amtlich festgestellt schlechtem Zustand sind, verbessert werden müssen. Leider dürfen das Landratsamt Forchheim und die Kanuverleiher zunächst so weitermachen. Immerhin hat das Gericht für die nächste Schifffahrtsgenehmigung, die bereits 2023 nötig ist, wichtige Hinweise zur stärkeren Beachtung der Naturschutzregeln gegeben“, so Ursula Philipp-Gerlach aus Frankfurt, die den BN als Rechtsanwältin vor Gericht vertrat.
„Für den Schutz des europäischen Vogelschutzgebietes und des Flora-Fauna-Habitat-Gebietes an der Wiesent muss mehr getan werden als nur den schlechten Status-Quo zu erhalten. Wir werden uns das schriftliche Urteil ansehen und dann entscheiden, was wir machen“, so Dr.Christine Margraf, Stellvertretende Landesbeauftragte des BN und Artenschutzexpertin.
„Ich bin enttäuscht. Unser jahrelanger Kampf um Eisvogel und Co. und für eine stärkere Begrenzung des massenhaften Kanutourismus ist bislang nicht honoriert worden“, so Dr. Ulrich Buchholz, 1. Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Forchheim.
„Wir hatten mit der ersten Klage von 2019 schon erreicht, dass das Landratsamt eine EU-Verträglichkeitsprüfung machen lassen musste. Die war dann aber unvollständig ausgearbeitet. Dann haben wir die niedrigen Wasserstände in Trockenjahren und die mit dem Kanufahren verbundenen Zerstörungen von Kiesbänken und den dort laichenden Fischen und Neunaugen angeprangert. Wir haben dokumentiert, was alles schiefläuft. Immer hieß es, das sei unerheblich. Schade, dass dieses Vorgehen des Landratsamtes, Kommerz vor Naturschutz zu stellen, nun auch noch bestätigt wird“, so Christian Kiehr, Vorsitzender der BN-Ortsgruppe Wiesenttal-Ebermannstadt.
Der BUND Naturschutz dankt herzlich allen, die uns bisher unterstützt haben.
Mitte 2021 hatte der BUND Naturschutz erneut Klage gegen die vom Landratsamt Forchheim 2021 erlassene Schifffahrtsgenehmigung auf der Wiesent beim Verwaltungsgericht Bayreuth eingelegt. Eine erste Klage gegen die Vorläufergenehmigung von 2019 war mit einem Vergleich vor Gericht beendet worden, in dem der BN durchgesetzt hatte, dass das Landratsamt eine EU-Verträglichkeitsprüfung vorlegen und den Verband im Genehmigungsverfahren beteiligen muss. Die Beteiligung ließ zu wünschen übrig. Die 2021 endlich vorgelegte Verträglichkeitsuntersuchung kam zu dem für den BN erstaunlichen Ergebnis, dass „keine erheblichen Beeinträchtigungen“ durch den gewerblichen Bootsverkehr verursacht würden. Der BUND Naturschutz hatte die Gutachten mit Hilfe von Fachleuten und der Rechtsanwältin Ursula Philipp-Gerlach geprüft und kam zu ganz anderen Ergebnissen. Bisher erreichte der BN mit seinem Vorgehen eine Reduzierung der Verleihkontingente um 30 %. Wegen des geringen Wasserstandes mussten die Kanuverleiher die Strecke Rothenbühl-Ebermannstadt aufgeben.
Der BN will erreichen, dass das Kanufahren und der Naturgenuss auf der Wiesent naturverträglich stattfinden und die wertbestimmenden Arten wie Eisvogel, Flußregenpfeifer, Bachneunauge und Äsche und die Lebensräume wie die Unterwasservegetation in einen guten Zustand kommen. Ein aktuelles Gutachten der Fischereifachberatung Oberfranken zur Beeinträchtigung der Fischfauna durch Kanubetrieb zeigt, dass hier mehr Schutzauflagen nötig sind. Dieses Gutachten muss künftig vom Landratsamt einbezogen werden, ein weiteres positives Ergebnis des Klageverfahrens.
Bei anderen bayerischen Flüssen wie der Isar gibt es dieselben Debatten – und denselben Druck zur Regelung. Vermutlich braucht es eine Art Kanuführerschein, damit alle beim Kanufahren die Regeln zum Schutz der sensiblen Lebensräume kennen und auch einhalten. Hierbei wird der BN vom Bayerischen Kanuverband unterstützt.
Wie in den vorherigen Jahren war auch das Jahr 2021 für das Ökosystem der Wiesent in der Fränkischen Schweiz kein gutes Jahr. Ein erhöhter Freizeitdruck in Kombination mit niedrigen Pegelständen hat den Druck auf daseuropäischen Flora-Fauna-Habitat und das Vogelschutzgebiete der Wiesent dauerhaft verstärkt.
Etliche der in der Schifffahrtsgenehmigung 2021 vorgesehenen Maßnahmen wie Einbringung von Totholz, größeren Steinen oder Gehölzanpflanzungen wurden bislang nicht umgesetzt.