Bund Naturschutz fordert Reform der Forstreform
Der Rekordgewinn der Bayerischen Staatsforste (BaySF) ist durch hohe Holzpreise, Personalabbau und einer Holzernte, für die an Unternehmer oft nur Dumpingpreise gezahlt werden, teuer erkauft. Im 800.000 ha großen Staatswald ist es durchaus möglich, kurzfristig hohe Gewinne zu erzielen. Dem stehen aber langfristige Schäden und eine Verschlechterung der ökologischen Bilanz gegenüber. Dabei liegt es weniger an den ökologischen Konzepten, sondern an den Strukturen, der geringen Personalausstattung, den konkurrierenden ökonomischen Vorgaben und der mangelnden Kontrolle, dass zunehmend Defizite auftreten. Diese werden von Waldbesuchern, der Bevölkerung und der Kommunalpolitik sowie den Naturschutzverbänden kritisiert. Eine Serie von Fehlentwicklungen in verschiedenen Regionen Bayerns mit Kahlschlägen, Einschlägen von Biotopbäume, Wegeneubau im Bergwald oder sich häufenden Meldungen über Bodenschäden belegt, dass mit der derzeitigen Struktur und Personalausstattung die ökologischen Ziele nicht erreicht werden können. Es steht zu befürchten, dass es den BaySF wie den Banken in der Finanzkrise geht und der Freistaat bzw. der Steuerzahler für die langfristigen Schäden bzw. Folgekosten aufkommen muss. Die Steigerung der Kulturfläche auf 3.000 Hektar ist als erster Schritt in die richtige Richtung zu begrüßen. Allerdings ist dies angesichts des Klimawandels und über 200.000 Hektar an problematischen Nadelholzmonokulturen und Nadelholzbeständen viel zu wenig. Deshalb fordert der BN, dass der Gewinn nicht in den allgemeinen Staatshaushalt fließen soll, sondern komplett in den Staatswald investiert wird. Der Bund Naturschutz fordert deshalb vom neuen Forstminister Helmut Brunner eine Reform der Forstreform auf den Weg zu bringen. Dazu muss die Revierzahl wieder deutlich angehoben und das überzogene Umsatzrenditeziel korrigiert werden. Als zentraler Punkt ist dabei im Waldgesetz zu verankern, dass die Gemeinwohlfunktionen im Staatswald in Konfliktfällen Vorrang vor dem Gewinn bekommen müssen. Das mit der Forstreform 2005 angestrebte Ziel, eine effizientere Kontrolle der Staatswaldbewirtschaftung durch ein davon organisatorisch getrenntes Amt zu erreichen, wurde klar verfehlt. Deshalb muss das Forstministerium wieder die umfassende Gesamtkontrolle über die BaySF bekommen und die Forstverwaltung muss so viel Personal bekommen, dass eine ausreichende Kontrolle durch den Freistaat gewährleistet ist.
Forderungen des Bundes Naturschutz an Landespolitik, Aufsichtsrat und Vorstand der BaySF bzw. Forstverwaltung:
1. Bei der Waldpflege und Holzernte müssen Schutzfunktionen und Naturschutzbelange effektiv gesichert werden. Die aufgetretenen Fehlentwicklungen, die Resultat des im Rahmen der Forstreform geänderten Waldgesetzes sind, werden von der Bevölkerung nicht mitgetragen. Deshalb fordert der BN eine Präzisierung des Waldgesetzes für die Bewirtschaftung des Staatswaldes, in dem Sinne, dass die Gemeinwohlfunktionen im Zweifel Vorrang vor den Nutzfunktionen haben sollen. Dies ist insbesondere im staatlichen Bergwald erforderlich, in dem die Gemeinwohlfunktionen absoluten Vorrang vor wirtschaftlichen Überlegungen haben müssen. Auf neue Erschließungen im Bergwald und hochmechanisierte Holzernte (Befahren mit Harvester und Vollbaumnutzung) ist grundsätzlich zu verzichten. Außerdem bedarf es einer klaren Prioritätensetzung des Vorstandes der BaySF. Erforderlich sind waldpflegliche Maschinen bzw. Holzernteverfahren, eine Rückkehr zur schonenden, naturnahen Waldwirtschaft, eine Abkehr von einer maschinengerechten Waldwirtschaft.
2. Die Geschäftspolitik der BaySF darf sich nicht durch Bevorzugung von Großkunden negativ auf die Regionalentwicklung und Standortpolitik auswirken. Zur Sicherung der Arbeitsplätze im Ländlichen Raum dürfen in Zukunft die kleinen und mittleren Betriebe der Sägewerke und Forstunternehmer nicht benachteiligt werden.
3. Die Umsetzung der gesetzlichen Zielvorgaben (Optimierungsgebot) muss Vorrang haben vor Gewinnmaximierung (Waldgesetz vor Gewinn). Dies bedeutet, dass bestimmte Renditevorgaben zu unterlassen sind. Hierauf hat auch der Aufsichtsrat im Besonderen zu achten.
4. Die Umsetzung des Grundsatzes Wald vor Wild mit dem Ziel, dass alle standortheimischen Pflanzenarten ohne besondere Schutzmaßnahmen aufwachsen können, muss oberste Priorität haben, besonders im Bergwald und im Schutzwald. Die Ergebnisse des Wildverbissmonitorings („Traktverfahren“) sind in regionalisierter Form zu veröffentlichen. Gleiches gilt für die Erhebungen zur Schutzwaldsanierung.
5. Der Schutz der Biologischen Vielfalt muss sowohl auf der gesamten Fläche erfolgen (integrativer Ansatz), als auch im Rahmen der Ausweisung neuer Schutzgebiete, die von der Holznutzung und anderen Eingriffen verschont bleiben. Entsprechend den Vorgaben der Nationalen Biodiversitätsstrategie ist dafür eine Zielgröße von etwa 10 Prozent des öffentlichen Waldes anzustreben. Das Naturschutzkonzept der BaySF ist umgehend flächendeckend umzusetzen und die Hiebssätze sind dementsprechend zu reduzieren.
6. Die Größe der Forstreviere darf jeweils nur so groß sein, dass die Erfüllung der Aufgaben nach dem Waldgesetz gewährleistet ist. Die steigenden Anforderungen an die Forstwirtschaft durch die Bevölkerung, Natura 2000, Klimawandel und Waldumbau sowie durch die ständig wiederkehrenden Kalamitäten sind mit dem stark reduzierten Personal in der Verwaltung und in der BaySF nicht zu bewältigen. Deshalb ist bei den BaySF eine Zahl von rund 500 Revieren anzustreben.
7. Das Prinzip der Funktionalisierung führte zu einer Zunahme der Bürokratisierung, Reviergröße und Fahrtzeiten und hat sich nicht bewährt. Stattdessen soll die jahrzehntelang bewährte Territorialverantwortlichkeit der Revierleiter mit klarer Aufgabenverteilung wieder eingeführt werden.
8.Die Ämter für Landwirtschaft und Forsten (ÄLF) müssen vor Ort die Forstbetriebe fachaufsichtlich überprüfen, ob sie nachhaltig und vorbildlich im umfassenden Sinne des Waldgesetzes wirtschaften. Dazu sind den Ämtern für die Kontrolle die erforderlichen Unterlagen wie Forsteinrichtungskarten, - operat, und Revierbücher sowie die Jahresplanungen und die Vollzugszahlen zur Verfügung zu stellen. Die Forsteinrichtung ist nach den Vorgaben und unter der Kontrolle der Forstverwaltung zu erstellen. Die Öffentlichkeit und die Verbänden sind darüber zu informieren.
9. Der bayerische Staatswald soll nach den hochwertigen Standards von FSC zertifiziert werden. Die unabhängige Kontrolle eines anspruchsvollen FSC-Standards könnte die verlorene Glaubwürdigkeit wieder herstellen. In einem ersten Schritt sollten dazu 1 Dutzend Forstbetriebe aus allen Regionen Bayerns umgehend nach FSC zertifiziert werden, in denen die Kriterien nach FSC bereits jetzt erfüllt werden.
10. Die Evaluierung der Forstreform und der bisherigen Arbeit der BaySF ist von externen Sachverständigen spätestens 2009 durchzuführen.
Dr. Ralf Straußberger, BN-Waldreferent, Tel: 0911/81878-22, Handy: 0171/7381724