Bund Naturschutz kritisiert ein befristetes Moratorium und das befristete Abschalten einiger Atomkraftwerke als unverantwortliche Mogelpackung
Atomare Katastrophen wie in Fukushima in Japan lassen sich weder vorhersagen noch durch Planung verhindern. Sie treten auf – urplötzlich - und die Wahrscheinlichkeit für die Katastrophe ist nicht Null. Dagegen hilft auch kein Moratorium zu Beruhigung der Bevölkerung. Sicherheit entsteht nur durch sofortiges Abschalten der deutschen Atomkraftwerke.
Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigt ein dreimonatiges Moratorium für die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke an. Der Bayerische Umweltminister Markus Söder stellt daraufhin fest, dass dann möglicherweise das Atomkraftwerk Isar 1 bei Landshut abgeschaltet werden müsste. Isar 1 ist mit 40 Jahren Laufzeit das älteste Atomkraftwerk in Bayern. „Wenn es denn ernst gemeint wäre, könnte ein solches Moratorium der Laufzeitverlängerung ein erster Schritt in Richtung Ausstieg aus der Atomenergie sein. Wir befürchten jedoch, dass die Bundesregierung hier nur taktische Wahlmanöver und Täuschung der Bevölkerung betreibt – vor dem Hintergrund der Katastrophe in Japan ein völlig unerträglicher Vorgang. Deutschland muss spätestens in 2012 in Gänze aus der Atomenergie ausgestiegen sein“, fordert der Landesvorsitzende des Bund Naturschutz, Hubert Weiger. „In den nächsten drei Monaten muss der Fahrplan für den Ausstieg aus der lebensbedrohenden Atomenergie an runden Tischen mit Vertretern der Zivilgesellschaft, darunter den Umweltverbänden vorbereitet werden“, so Weiger.
„Die Aussagen „bayerische Atomkraftwerke seien sicher“ der Bayerischen Staatsregierung oder „deutsche Atomkraftwerke seien sicherer als japanische Atomkraftwerke“ des Bundesumweltministeriums entbehren jeglicher fachlichen und naturwissenschaftlichen Grundlage“, so Richard Mergner, Landesbeauftragter des Bund Naturschutz. Die hochgefährliche Nukleartechnologie erfordere eine hundertprozentige Sicherheit der technischen Anlagen. Denn wenn der Schaden einer schwerwiegenden Reaktorunfalls mit einer Kernschmelze eintritt, ist der Schaden immens hoch: Tausende Tote, große Flächen unbewohnbar, mehrere Tausende Milliarden Sachschaden. Eine hundertprozentige Sicherheit ist jedoch weder technisch noch naturwissenschaftlich möglich. Selbst wenn heutige Atomkraftwerke gegen unkalkulierbare Ereignisse wie Erdbeben, Flugzeugabstürze, terroristische Angriffe oder menschliches Versagen gesichert werden sollten, dann ist das prinzipiell immer nur gegen eine sogenannte Bemessungsgrenze möglich. Wenn dann ein stärkeres Ereignis eintritt, dann tritt die unbeherrschbare Katastrophe ein. Beispiel: es wurde gesagt, im Atomkraftwerk Fukushima wären die Reaktoren geplant ausgelegt gewesen bis Erdbeben der Stärke Richterskala 8, aber das Beben vom 11. März 2011 hatte die Stärke 9.
Die Katastrophe von Fukushima belegt in erschreckender Weise die unverantwortliche Haltung der Bundesregierung und der bayerischen Staatsregierung zur Atomenergie. Die Gefahr eines Atomunfalls ist immer unfassbar groß, denn Gefahr ist ein Produkt aus der Wahrscheinlichkeit eines Unfalls und der Schadensauswirkung eines Unfalls. Da die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls nie Null sein kann, muss zur Bewertung der Atomenergie immer die Auswirkung des größten anzunehmenden Unfalls (GAU) herangezogen werden.
„Es ist eine unselige Allianz von Profitgier und missbräuchlichem Umgang mit dem Begriff Sicherheit, die das Tandem aus Atomkraftwerksbetreibern und den Atomaufsichtsbehörden in den Umweltministerien zusammentreibt. Wenn aus der Kette der nichtvorhersehbaren Ereignisse wie Harrisburgh in den USA, Tschernobyl in der Ukraine und nun Fukushima in Japan etwas gelernt werden muss, dann ist es die Unbeherrschbarkeit der Nukleartechnologie - auch bei der zivilen Nutzung zur Stromerzeugung. Was soll hier ein dreimonatiges Moratorium helfen – werden die Verantwortlich einsehen, was sie in den letzten 3 Jahren in der Regierung Schwarz-Gelb geleugnet haben – und zwar dass der umgehende Ausstieg aus der Atomenergie aus Sicherheitsgründen zwingend erforderlich ist?“ fragt Dr. Herbert Barthel, Referent für Energie und Klimaschutz beim Bund Naturschutz in Bayern.
Für Rückfragen:
Dr. Herbert Barthel,
Referent für Energie und Klimaschutz, Tel.: 0911-81878-17