Bund Naturschutz sieht in hohen Energiepreisen Chance für Investitionsoffensive bei Wärmedämmung, effizienten Heizsystemen und erneuerbaren Energien
Die Energiepolitik in Deutschland und Bayern steht angesichts der ho-hen Preise für Öl und Gas und einer absehbaren weiteren Verknappung und Verteuerung auf dem Weltmarkt vor entscheidenden Weichen-stellungen. "Die derzeitigen Energiepreise sollten als Signal und Chan-ce für die Wärmedämmung im Gebäudebereich und den Umstieg auf energieeffiziente Heiz- und Warmwassersysteme mit Sonnenenergie und erneuerbaren Energien genutzt werden", so Prof. Hubert Weiger, Landesvorsitzender des Bundes Naturschutz. Der Energieverbrauch in Bayern kann nach der Energievision des Bund Naturschutz bis zum Jahr 2030 halbiert und zu 80 Prozent durch erneuerbare Energien sowie ohne Atomstrom gedeckt werden. Hierzu bedarf es der Nutzung vor-handener Effizienztechnik und kleiner Verhaltensänderungen aber kei-ner Verringerung des Lebensstandards. "Das 1-Liter Haus und das 3-Liter Auto sind schon jetzt machbar", so Weiger.
Der Bund Naturschutz appelliert an die Bundes- und Landespolitik, die Rahmenbedingungen für Energieeinsparung, Effizienztechnik und Nut-zung erneuerbarer Energien deutlich zu verbessern. Hausbesitzer und Wohnungsvermieter sollten für zukünftige Energie- und Kosteneinspa-rung jetzt investieren.
Für den Bund Naturschutz setzt die Energiepolitik entscheidende Rahmen-bedingungen für eine nachhaltige, umweltgerechte Entwicklung. Seit dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung 1992 in Rio ist der bayerische CO2 Ausstoß von 86,5 Millionen Tonnen auf 87,7 Millionen Tonnen im Jahr 2000 gestiegen.
Um weitere volkswirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe wie nach der Flut-katastrophe im Sommer 2002 sowie der Dürre und den Unwettern im Jahr 2003 zu vermeiden, sind die Anstrengungen zur Verringerung des bayeri-schen Anteils an allen klimaschädlichen Emissionen auf allen Ebenen zu ver-stärken, um bis zum Jahr 2030 eine Verringerung der Kohlendioxidemission als Leitsubstanz um mindestens 40 Prozent zu erreichen. Als Zwischenziel sollte bis 2012 eine Reduktion um 21 Prozent (Verringerung um 18 Millionen Tonnen gegenüber 1990) auf 67 Millionen Tonnen erreicht werden, um die Verpflichtungen von Kyoto zu erfüllen. Der im "Gesamtkonzept Bayern zur Energiepolitik" im Frühjahr von der bayerischen Staatsregierung beschlosse-ne Energiepfad bleibt mit einem Ziel von 80 Millionen Tonnen weit dahinter zurück. Statt auf Energiesparen und Ausbau der erneuerbaren Energien wird verstärkt auf die Weiternutzung der Atomkraft gesetzt.
Energieverschwendung abbauen, erneuerbare Energien ausbauen
Der Bund Naturschutz setzt in seinem Energiekonzept auf eine Verbesserung der Vorschriften zur Wärmedämmung mit einem Energiebedarfspaß für Mietwohnungen, den massiven Ausbau dezentraler Kraft-Wärme-Kopplung, die Einrichtung von Nahwärmenetzen und eine verstärkte auch steuerliche Förderung der Sanierung des Wohnungsbestandes aus, da hier Energieein-sparpotentiale von über 60 Prozent bestehen. 3,5 Millionen Wohnungen, et-wa Zweidrittel des Bestandes in Bayern sind älter als 25 Jahre und liegen im Verbrauch weit über den Mindeststandards der Energiesparverordnung. Eine Sanierung hätte auch positive Auswirkungen auf das Bau- und Installations-gewerbe. Auch der Aufbau von regionalen Energieversorgungsstrukturen durch regenerative Energieerzeugnisse sichert Arbeitsplätze insbesondere im ländlichen Raum.
In vielen Produktionsprozessen und Energiedienstleistungen kann die Effi-zienz bei gleicher Leistung um den Faktor 10 gesteigert werden. Hier liegt ein großes Innovationspotential, das auch zur Sicherung des Wirtschaftsstand-ortes Bayern gefördert werden muss .
Die öffentliche Hand muss Vorbild beim Energiesparen werden
Die Bedeutung vorbildlichen staatlichen Handelns durch Sanierung und ener-getische Optimierung der eigenen Liegenschaften ist für den Bund Natur-schutz unabdingbar. Bei Forschung und Entwicklung wie in der Ausbildung müssen Energieeffizienz und die Anwendung erneuerbarer Energietechniken zum Schwerpunkt werden. Insbesondere energieoptimierten Schulen und Universitäten kommt hier eine besondere Vorbildfunktion zu.
Bayern hat im Vergleich zu anderen Bundesländern im Bereich der Nutzung bestimmter erneuerbarer Energien insbesondere der Holz- und Solarenergie seine Vorrangstellung in den letzten Jahren ausgebaut. Mit einer gemeinsa-men Informationskampagne kann Bayern zum Marktführer beim Einsatz er-neuerbarer Energietechniken, bei Pflanzenölerzeugung im Mischfruchtanbau sowie in den Bereichen Holznutzung, Biogaserzeugung, Geothermie, Solar-strom und Kollektortechnik werden.
38 Prozent der energiebedingten CO2-Emissionen Bayerns und ein Großteil der Energiekosten für private Haushalte entstehen im Verkehrsbereich. Ver-kehrsvermeidung, die Förderung von integrierten Siedlungs-, Standort- und Verkehrskonzepten der kurzen Wege, die Verlagerung von motorisiertem Individualverkehr auf öffentliche Verkehrsmittel, spritsparendes Autofahren und der Neukauf von Modellen mit einem Verbrauch unter 5 Litern führt zu einer deutlichen Reduzierung in diesem Bereich.
Den Einsatz der Atomkraft lehnt der Bund Naturschutz nicht nur wegen der ungelösten Sicherheits- und Entsorgungsfragen und des terroristischen Ge-fährdungspotentials ab, sondern warnt vor diesem Energiepfad auch ange-sichts stark begrenzter Uranreserven und der Verhinderung einer auf Ener-gieeffizienz und dezentrale, regenerative Energieerzeugungsstrukturen aus-gerichteten Versorgungsstrategie.