Bund Naturschutz zieht Grüne Bilanz 2002 für Schwaben
"Schwabens Schönheit bewahren" - der Schutz der schwäbischen Landschaft ist einer der Haupt-Schwerpunkte der 9 schwäbischen Kreisgruppen des Bundes Naturschutz in Bayern e.V. (BN) mit ihren 91 Ortsgruppen. Klassische Naturschutzprojekte, Flächenkauf, regionale Vermarktung für naturverträglich erzeugte Produkte und der Kampf gegen den weiteren Flächenverbrauch stehen dabei im Vordergrund. Das Thema "Flächenverbrauch" ist 2003 eine bayernweite Schwerpunkt-Aktion des BN.
In der Bilanz für 2002 wertet der BN als großen Erfolg zum Schutz der Landschaft den gewonnenen Bürgerentscheid gegen das geplante alpine Leistungszentrum am Grünten in Rettenberg. Als Fehlentwicklung und Entscheidung gegen die Natur hat der BN in Schwaben die weiterhin ungebremste Inanspruchnahme von Landschaft durch Infrastrukturprojekte in den Bereichen Verkehr, Siedlungsentwicklung, Wasserkraft, Wintersport- und Tourismuseinrichtungen kritisiert.
Einen großen Erfolg konnte die Kreisgruppe Oberallgäu erreichen. Gemeinsam mit der Bevölkerung vor Ort gelang es ihr, die negativen Folgen und die Unsinnigkeit eines alpinen Leistungszentrums am Grünten in Rettenberg so überzeugend darzustellen, dass das Vorhaben durch ein Bürgerbegehren abgelehnt wurde. Angesichts der prognostizierten Klimaveränderungen wäre es ökologisch und ökonomisch völlig unsinnig gewesen, in einer Höhe von
870 - 1480 m für 4,7 Mio. € in den alpinen Wintersport und künstliche Beschneiung zu investieren und dabei 2,5 ha Bergwald zu roden, während unabhängige Gutachten mittlerweile nur noch Skigebiete über 1600 m als schneesicher bezeichnen. Mit der eindeutigen Entscheidung von 61 % der Wahlbeteiligten ist nun der Weg frei für alternative Tourismus-Konzepte.
Nicht nur am Grünten hat sich der BN gegen weitere Investition in nicht zukunftsweisende Konzepte gewandt. Im gesamten Alpenraum ist weiter eine Aufrüstung mit Schneekanonen und erweiterten Liftkapazitäten festzustellen, obwohl sowohl die ökologische als auch die ökonomische Belastungsgrenze vielfach bereits überschritten ist.
Gerade das "Internationale Jahr der Berge 2002" war Anlass für die Allgäuer Kreisgruppen, mit einfallsreichen Aktionen auf die Bedeutung und Gefährdung der Alpen hinzuweisen und eine naturverträgliche Entwicklung einzufordern. Am Kalvarienberg Sonthofen entstand ein Labyrinth aus Steinen aus den Allgäuer Bergen.
Im Schutz um die schwäbische Landschaft setzen die schwäbischen BN-Gruppen auf vielfältige Strategien. Im Jahr 2002 wurden allein in Schwaben mehr als 40 ha wertvolle Biotope neu gekauft, und ein Vielfaches davon gepflegt und in ihrem Wert für Naturschutz und Bevölkerung verbessert. Von der Einzelfläche bis zum Naturschutz-Großprojekt reichen die Aktivitäten aller Kreisgruppen. Beispielsweise hat im Jahr 2002 die Kreisgruppe Donauries ein neues Großprojekt mit Förderung des Bayerischen Naturschutzfonds in der "Mertinger Höll" begonnen. Weiter nach Westen engagieren sich auch die Kreisgruppen Dillingen und Günzburg stark im Schutz des Donauriedes. Auch seit langen Jahren laufende Erfolgsprojekte wie der "Biotopverbund Westliche Günz" wurden 2002 fortgeführt.
Aber auch Konzepte für "Schutz durch Nutzung" wurden 2002 weiter ausgebaut. Als Erfolgskonzept erwies sich beispielsweise das Streuobstwiesen-Projekt der Kreisgruppe Lindau. Sie zeigt damit, dass Naturschutz auch eine schmackhafte Angelegenheit sein kann.
Um die Landschaft zu erhalten, muss auch der Flächenverbrauch eingeschränkt werden. Der BN hat daher den Flächenverbrauch für 2003 als Schwerpunktthema unter das Motto "Bayerns Schönheit bewahren" gestellt. Wie bereits in den Jahren zuvor war der weiter grassierende Flächenverbrauch durch neue Gewerbe- und Wohngebiete und durch Straßen auch 2002 bereits ein Schwerpunkt zahlreicher schwäbischer Kreisgruppen. Beispielsweise haben die Kreisgruppen Lindau und Günzburg insbesondere weitere Baumaßnahmen in Überschwemmungsgebieten heftig kritisiert. Die Hochwasserereignisse 2002 haben die Notwendigkeit eines strikten Erhaltes aller noch vorhandener Überschwemmungsgebiete - wieder einmal - deutlich vor Augen geführt. Dennoch wird weiterhin an "Retentionsraum-Vernichtungskatalogen" wie im Mindeltal (GZ) und an einzelne Baumaßnahmen wie in Maierhöfen (LI) festgehalten. Sogar Warnungen des Wasserwirtschaftsamtes gegen die Maßnahmen (Gewerbegebiete, Umgehungsstraßen) im Mindeltal werden ignoriert. Und in Maierhöfen wird das Gelände für die geplante Bebauung einfach max. 2,24 m aufgeschüttet - zum Schaden der Unterlieger.
Vereinzelt bekommt der BN bei seinem Einsatz gegen den Flächenverbrauch auch Rückendeckung von der Regierung von Schwaben. So geschehen im Landkreis Lindau, wo die Regierung auf Anfrage des BN in vier Fällen von Baugenehmigungen im Außenbereich nach § 35 Baugesetzbuch Rechtswidrigkeit festgestellt. Die Baugenehmigung wurde jedoch nicht aufgehoben.
Eine zentrale Bedeutung beim Flächenverbrauch spielt neben der Siedlungspolitik auch die Verkehrspolitik. Die schwäbischen BN-Gruppen bringen bei vielen Straßenplanungen umweltverträgliche Alternativen ein und engagieren sich für eine Stärkung des ÖPNV. Ein großer Erfolg für die Kreisgruppe Augsburg war daher, dass der Bayerische Landtag 2002 eine alte Forderung des BN aufgegriffen hat und die Aufnahme des "Regio-Schienen-Taktes Augsburg" in den Gesamtverkehrsplan Bayern beschlossen hat. Auch im Kampf für umweltverträgliche und stärker verkehrsentlastende Alternativen gegenüber dem Bau der A 7 bis Füssen hat der BN Erfolge zum Schutz der Natur erreicht. Zum einen wird das
Enzenstettener Quellmoor nun wenigstens nur mit einer Brücke durchquert und zum anderen hat die EU-Kommission Ende 2002 die Kritik des BN bestätigt, wonach dieses Moor europäischen Naturschutzbestimmungen unterliegt. Der BN hat dies zum Anlass genommen, erneut beim Bundesverkehrsminister eine Abstufung zur Bundesstraße und eine Umtrassierung auf seit langem bekannte Alternativen zu fordern.
Eine Umorientierung in der Verkehrspolitik hat der BN in Schwaben auch bei den vorliegenden Planungen zu den beiden schwäbischen Flughäfen, Ausbau des Augsburger Flughafens und Zivilnutzung des Fliegerhorstes Memmingerberg, gefordert.
Umweltverträgliche Alternativen aufzuzeigen ist auch ein Ziel des BN in der Energiepolitik. Ein großer Erfolg ist dabei insbesondere die stetige Zunahme der Sonnenkraft-Nutzung. Auf Initiative der BN-Ortsgruppe Paffenhofen (NU) produziert beispielsweise seit Ende 2001 ein Bürgersolarkraftwerk umweltverträglichen Strom. Dagegen wendet sich der BN gegen eine weitere Ausdehnung der Wasserkraftnutzung auf Kosten des Lebensraumes Fließgewässer. Daher haben sich die beiden Kreisgruppen Ober- und Ostallgäu 2002 vehement gegen eine weitere Verbauung an Zuflüssen zur Iller und gegen eine Ausdehnung der Nutzung am "Lechfall" engagiert. Die geplanten Projekte zerstören das Ökosystem Fließgewässer und bringen nur eine relativ geringe CO2-Einsparung, die wesentlich ökologischer durch Energiesparmaßnahmen zu erreichen wäre.
Zur Einführung des Dosenpfandes haben sich auch die schwäbischen Kreisgruppen an der BN-Kampagne imJahr 2002 beteiligt. Die Kreisgruppe Oberallgäu fordert auch 2003 die "dosenfreie Zone Allgäu".
In der Umweltbildung geht der BN in Schwaben ungewöhnliche Wege. 2002 beteiligten sich alle Allgäuer Kreisgruppen gemeinsam an den 2. Allgäuer Gesundheitstagen und haben dabei auf die Verbindung zwischen Gesundheit und einer intakten Natur hingewiesen.
Prof. Dr. Hubert Weiger
Landesvorsitzender
Richard Mergner
Landesbeauftragter
Christine Margraf
Regionalreferentin