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Chance für sofortige Umsetzung naturverträglicher Maßnahmen am Geigelstein durch gerichtliche Ablehnung des geplanten Fahrweges

Bayerisches Verwaltungsgericht bestätigt Klage des Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN) in vollem Umfang

09.03.2005

Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat vor wenigen Tagen in einer ausführlichen Begründung dargelegt, warum die Genehmigung der Regierung von Oberbayern für den geplanten Weg im NSG Geigelstein rechtswidrig ist. Der Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN) hat seit Jahren gegen den Aus- und Neubau des sogenannten Roßalmweges gekämpft und sieht das Urteil nun als „tollen Erfolg für die Natur und ein klares Zeichen, dass in einem Naturschutzgebiet, FFH-Gebiet und Vogelschutzgebiet die Natur Vorrang haben muss“, freut sich Prof. Dr. Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BN. „Es zeigt sich auch, wie notwendig das Klagerecht der Naturschutzverbände ist, um die seit Jahren zunehmenden Vollzugsdefizite gerade im Naturschutzbereich überprüfen lassen zu können.“ Der BN appelliert nun an die Regierung von Oberbayern, die Gemeinde Aschau und die Vertreter der Almwirtschaft, sich gemeinsam mit dem BN und anderen für eine händische Sanierung des bestehenden Weges und die Erstellung eines Managementplanes für dieses höchst wertvolle Natura 2000-Gebiet einzusetzen. „Das Angebot des BN zur Zusammenarbeit steht.“ betont Dr. Christine Margraf, Artenschutzreferentin für Südbayern.

Naturschutzfachliche Bedeutung des Geigelsteins:

Der Geigelstein weist einen außergewöhnlichen botanischen Artenreichtum auf. Eine Vielzahl von gefährdeten Arten weisen hier ihre regional einzigen oder bedeutendsten Bestände auf, ein großer Teil der Lichtweidefläche wird von Vegetations- und Lebensraumtypen gebildet, die nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz (Art. 13d) und/oder nach der FFH-Richtlinie (Borstgrasrasen, alpine Heiden und Kalkrasen, Alpenrosen-Latschengebüsche, Moore, Quellaustritte, Kalkfels- und Kalkschuttfluren) geschützt sind. Das Gebiet ist ein wichtiges Rückzugsareal für zahlreiche nach der Vogelschutz-Richtlinie geschützte Tierarten, insbesondere Birk- und Auerwild und entsprechend nach der europäischen Vogelschutz-Richtlinie als Vogelschutzgebiet ausgewiesen. Der Geigelstein unterliegt somit in Bayern höchstem bayerischem und europäischem Schutz.

Der Konflikt:

Die Roßalm im Geigelstein-Gebiet ist nur mit einem Steig (Wanderweg) erschlossen, der Pächter der Alm, der sie im Nebenerwerb bewirtschaftet, kann die Alm nur zu Fuß oder mit einem Motorrad erreichen. Aufgrund der schlechten Qualität des Weges und zahlreicher Trampelpfade zeigt das gesamte Gebiet starke Trittschäden. Die Regierung von Oberbayern wollte mit dem Bau eines 1,20 m breiten Fahrweges sowohl die Erschließung der Alm verbessern als auch zur Besucherlenkung beitragen.
Der BN hat seit Beginn der Planungen angeboten, den Weg händisch auszubessern und an einem Wegekonzept mitzuarbeiten. Der Bau eines 1,20 m breiten Fahrweges ist hierfür nicht nötig und hat zudem erhebliche negative Folgen für die Arten und Lebensräume im Naturschutzgebiet. Auch für die Bewirtschaftung der Alm ist der Weg in dieser Breite nicht nötig. Der BN hatte daher gegen den Genehmigungsbescheid der Regierung von Oberbayern (vom 19.11.2003) Widerspruch und dann Klage erhoben (07.06.2004).

Das Urteil:

In seinem Urteil hat das Gericht die Argumente, die der BN vorgetragen hat, voll bestätigt. Folgende Punkte der Klagebegründung des Gerichtes sind hervorzuheben:

1.- Zur Vermeidung von Trittschäden braucht es keinen Wegeausbau auf 1,20 m, sondern eine geschickte Lenkung der Besucher auf den vorhandenen Wanderweg.

2.- Auf der Roßalm geht es mit dem Wegebau nicht um eine bloße Almwirtschaft, sondern um einen gaststätten- und baurechtlich genehmigungspflichtigen Gaststättenbetrieb. Dies ist nicht im Sinne der herkömmlichen Almwirtschaft, der Begriff wurde im Genehmigungsbescheid verkannt.

3.- Unabhängig davon ist die Befreiung nicht ermessensgerecht, weil die Auswirkungen auf die Weideberechtigten nicht berücksichtigt wurden, eine Existenzgefährdung des Roßalmpächters nicht nachvollziehbar. Der Wegebau würde nicht zu einem Entfallen der Hubschraubereinsätze führen.

4.- Es ist nicht ermessensgerecht, die Kosten des Wegebaus nicht zu berücksichtigen. Die Rechtfertigung des geplanten Einsatzes öffentlicher Mittel für den Fahrweg erscheine zumindest zweifelhaft.

5.- Die vorgelegte FFH-Verträglichkeitsprüfung ist nicht nachvollziehbar und fehlerhaft.

6.- Letztlich fehlt es schon an einem in der Naturschutzgebietsausweisung nicht vorgesehenen nachträglichen Umstand, der dazu führen könnte, das Regelungswerk nachträglich zu modifizieren oder zu ergänzen.

Die Lösung:

händische Ausbesserung, Lenkungskonzept, Managementplan

Der BN hat bereits vor Monaten bei der Regierung von Oberbayern die Erstellung eines Managementplanes für das Natura 2000-Gebiet Geigelstein angeregt, als umfassende Grundlage einer naturschutzverträglichen landwirtschaftlichen und touristischen Nutzung (Lenkungskonzept, Beweidungsintensität). Derartige Pläne muss der Freistaat Bayern für alle Natura 2000-Gebiete erstellen. Zudem hat der BN ebenfalls vor Monaten noch einmal sein Angebot bekräftigt, an einer händischen naturverträglichen Ausbesserung des Weges mitzuarbeiten. Die Ausbesserung des Weges und die Beseitigung der Abkürzer ist in Erwartung des jetzt gescheiterten Fahrwegebaus jahrelang unterlassen worden und jetzt überfällig.

Der BN appelliert nun an die Regierung von Oberbayern, die Gemeinde Aschau und die Vertreter der Almwirtschaft, dieses Angebot aufzugreifen, um bereits im Jahr 2005 entsprechende Maßnahmen gemeinsam durchführen zu können.