Das größte Naturerfahrungsprojekt Nordbayerns: „Die Welt des Bibers beobachten und erleben“ Biberplattform im Sinntal eröffnet
Im Sinntal, am Stadtrand von Bad Brückenau, informiert nun ein Rundweg mit Informationstafeln und Aussichtplattform, wie der Biber sich und anderen Tier- und Pflanzenarten aktiv neue Lebensräume im Wirkungsgefüge der Auenlandschaft schafft und eine Renaturierung der Aue eingeleitet hat. Ein "Biber-Balkon", eine Holzplattform in Form der Biber-Kelle, bietet einen weiten Ausblick über die Wasserwelt des Bibers. Hier steht das unmittelbare Erlebnis der vom Biber geschaffenen Landschaft und seiner Spuren im Vordergrund. Im Wildpark Klaushof kann der Biber in einem naturnahen Freigehege mit begehbarer Biberburg direkt aus der Nähe beobachtet werden. Eine derartige Kombination aus beobachtender Freiland- wie aktiver Wildpark-Erlebnismöglichkeiten für Besucher jeden Alters zu einer der Schlüsselarten im Naturschutz existierte bisher in Bayern noch nicht.
Das Sinntal, am Südwestrand der Rhön gelegen, zählt zu den längsten, weitgehend noch intakten Bachökosystemen Bayerns. Es ist Lebensraum für den Eisvogel, Schwarzstorch, Wasseramsel, Steinkrebs, Bachneunauge, Äsche und den Biber. Über viele Jahre hatte die BN-Kreisgruppe Bad Kissingen die Flora und Fauna der Sinn erfasst. 2000 erfolgten durch den BN eine Gewässerstrukturgütekartierung und die Erstellung eines Entwicklungs- und Pflegekonzeptes. Dies war die Basis für die Gründung der "Sinnallianz" im Jahr 2002: Fischer, Landwirte, Wasserwirtschaftsamt, Untere und Höhere Naturschutzbehörde sowie die Stadt Bad Brückenau führten eine modellhafte Kooperation zur Renaturierung der Sinn durch. Ziel war es, den naturnahen Hochwasserschutz zu verbessern und die Artenvielfalt zu vergrößern. Eine zentrale Rolle spielte bei dem Projekt die Renaturierung des Fließgewässers, wobei die Zielsetzung "Breitwasser statt Hochwasser" lautete. Mit tatkräftiger Unterstützung des Wasserwirtschaftsamtes Schweinfurt wurden Querverbauungen und Schwellen zurückgebaut, Versteinungen des Ufers reduziert, Uferanbrüche oft nicht mehr verfüllt und umgestürzte Bäume im Wasser belassen. Auf diese Weise vergrößerte sich der Gewässerdurchschnitt, es entstanden mehr Flachwasserzonen, Kies- und Sandbänke.
Mit Unterstützung des Bayerischen Naturschutzfonds konnten 45 Hektar Biotop- und Grünlandflächen entlang des Oberlaufes der Sinn vom BN erworben werden. Aufgekaufte Wiesen zwischen Oberbach und Wildflecken dürfen bei Hochwasser voll Wasser laufen und dienen als Rückhalteflächen. Andere Flächen entwickeln sich zum Auwald mit Eschen, Erlen und Weiden. Ein Teil der gekauften Flächen (16 Hektar) bringt der BN in ein ganzjähriges Beweidungsprojekt im Bereich Eckarts und Wernarz ein, in dem Landwirte mit verschiedenen Rinderrassen naturverträglich die Auenlandschaft pflegen.
Ein Herzstück des Sinntalprojektes sind 10 Hektar vom Biber gestaltete, seit ca. neun Jahren aus der Nutzung genommene Wildnisflächen unmittelbar südwestlich des Staatsbades Brückenau. Das Gelände hat sich mittlerweile zu einer Oase für viele bedrohte Tierarten entwickelt und wird nun durch den Lehrpfad und die Aussichtplattform zu einem überregionalen Anziehungspunkt für Naturinteressierte und Kurgäste.
Biber sind unsere wichtigsten Verbündeten, um dem Verlust bedrohter Tiere und Pflanzen entgegen zu wirken. Keine zweite Tierart schafft anderen Lebewesen so viel Lebensraum. Vom Biber angelegte Feuchtgebiete sind viel artenreicher und kostengünstiger als jedes vom Menschen angelegte Biotop. In Zeiten der Klimaveränderung ist der Wasserrückhalt durch den Biber ebenfalls unverzichtbar.
Der Bayerische Naturschutzfonds fördert das im Juli 2014 gestartete, zweijährige Projekt mit 560.000 Euro, Gesamtinvestitionen 622.000 Euro. Auf die Biberplattform entfallen hiervon 194.000 Euro. Mit der Pflanzung einer Linde, die auch im Logo des Bund Naturschutz enthalten ist, wurde die Biberplattform von Landrat Thomas Bold, Martina Hoffmann vom Bayerischen Naturschutzfonds, Brigitte Imhoff vom Wasserwirtschaftsamt, Franz Zang als Kreisvorsitzender des BN Bad Kissingen und dem BN-Landesbeauftragten Richard Mergner eröffnet.
Gez. Dr. Kai Frobel, Artenschutzreferent
Für Rückfragen:
Franz Zang, Vorsitzender BN-Kreisgruppe Bad Kissingen, Tel. 09741/9383240, bn-badkissingen@gmx.de