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Tiere und Pflanzen

Den Gauklern eine Heimat

Bund Naturschutz setzt sich für die Schmetterlinge ein

25.08.2005

Bunte Falter direkt erleben - der Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN) hat heute im Naturschutzgebiet "Heglauer Wasen" am Rande des Altmühltals bei Merkendorf (Lkr. Ansbach) gezeigt, wie wunderbar die Welt der Schmetterlinge sein kann.

Erst wenn wir die Schmetterlinge in ihrem Tanz um die Blüten bewusst wahrnehmen, wird uns deutlich, wie selten dieser Anblick anderswo inmitten von Hochleistungsgrün und monotonen Ackerlagen geworden ist. "Diese grazilen und faszinierenden Tiere brauchen mehr Aufmerksamkeit und Schutz" fordert Prof. Dr. Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BN. "Dazu gehört auch eine verlässliche finanzielle Unterstützung für den Erhalt und die schmetterlingsgerechte Pflege ihrer Lebensräume." Durch eine drastische Kürzung der Mittel seitens der Bay. Staatsregierung hat sich hier die Situation seit dem Vorjahr dramatisch verschlechtert - mit negativen Folgen für den Naturhaushalt.
"Am Naturschutzgebiet (NSG) 'Heglauer Wasen' führt der BN seit
über 20 Jahren in Zusammenarbeit mit örtlichen Landwirten die sachgerechte Biotoppflege in dem etwa sechs ha großen Naturschutzgebiet durch, um den Reichtum an Pflanzen, Schmetterlingen wie den Mädesüß-Perlmuttfalter, aber auch wiesenbrütende Vogelarten wie die Bekassine zu erhalten", erläutert Bernd Horbaschek, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Ansbach die Aktivitäten des BN vor Ort.

Die jüngste umfangreiche Fortschreibung der "Roten Listen" in Bayern aus dem Jahr 2003 spricht eine deutliche Sprache: Von 172 Tagfalterarten in Bayern finden sich 104 auf dieser Negativliste der gefährdeten Arten wieder, berücksichtigt man dazu noch die Arten in der Kategorie "Vorwarnliste" (Arten, bei denen zu befürchten ist, dass sie in den nächsten Jahren gefährdet sein werden) erhöht sich die Zahl auf 129 Arten.

Drei Viertel aller vorkommenden Arten weisen damit eine prekäre oder besorgniserregende Bestandstendenz auf. Bei Nachtfaltern und Kleinschmetterlingen sieht es nicht viel besser aus. Die Fachleute des Landesamtes für Umweltschutz bilanzieren: "Tagfalter zählen zu den überdurchschnittlich gefährdeten Tiergruppen Bayerns. ... Ein ebenfalls negativer Bestandstrend ist auch bei ehemals weit verbreiteten und "häufigeren" Arten mit geringerer Spezialisierung zu verzeichnen, die bislang als ungefährdet eingestuft waren."

Während es bei einigen Arten anderer Artengruppen zu positiven Entwicklungen kam - wie Wanderfalke, Kolkrabe, Feuchtgebietsvogelarten oder Biber - bleibt die Rote-Liste-Bilanz der Schmetterlinge weiter negativ: Die allgemeine Eutrophierung der Landschaft durch Stickstoffeintrag aus Kraftfahrzeugabgasen und Massentierhaltung trägt dazu genauso bei wie Silage-Grünland mit seinen wenigen Gräsern und Kräutern. Wo früher eher magere und damit bunte, schmetterlingsreiche Bauernwiesen waren, dominieren heute Löwenzahn-Gras-Reinbestände, deren protziges Frühjahrsgelb Ausdruck von Gülle-Flut und Intensivnutzung ist. Aus den Mais- und Rapswüsten der bayerischen Agrarlandschaft flieht das Tagpfauenauge ebenso wie der Grasfrosch oder die Feldlerche.

Die größten Sorgenkinder sind für den BN aber die Spezialisten unter den Schmetterlingen, erklärt BN-Regionalreferent Tom Konopka. Viele Arten haben ausgesprochen komplizierte und fein differenzierte Ansprüche an ihre Umwelt. Sie nutzen in ihrem Entwicklungszyklus viele unterschiedliche Lebensräume: Baumwipfel oder exponierte Felsen zur Balz, oft unscheinbare Pflanzen mit speziellen Mikroklima zur Eiablage, die schlüpfenden Raupen benötigen mitunter andere Pflanzen, die erwachsenen Falter nutzen wieder andere Lebensräume zur Nahrungssuche. Schmetterlinge sind damit hervorragende Zeigerarten für intakte Komplexlebensräume.

Bei anderen Artengruppen sind die Hilfsmaßnahmen oft einfacher: Ein Nistkasten ist schnell angebracht, ein neuer Amphibientümpel wird rasch angenommen, eine Feuchtwiesenorchidee braucht einen klaren Mahdrhythmus. Einer spezialisierten Schmetterlingsart mit diversen, in der Landschaft mosaikartig verstreuten Fraß-, Eiablage- und Paarungsorten ist mit klassischen Einzelmaßnahmen des Artenschutzes nur schwer zu helfen. Sorgfältige ökologische Grundlagen- und entomologische Begleituntersuchungen sind daher bei Schmetterlingsprojekten noch wichtiger als bei anderen populären Arten. In Bayern laufen daher auch gemessen an der Zahl der vorkommenden Arten nur wenige spezielle Artenhilfsprogramme bei Schmetterlingen: So für den Apollofalter und den Hochmoorgelbling. Daran wirkt der Bund Naturschutz engagiert mit.


Bund Naturschutz aktiv im Schmetterlingsschutz
Am meisten profitieren Schmetterlinge von der breit angelegten Biotopschutzarbeit der Kreis- und Ortsgruppen des BN: Hunderttausende jährlich investierte Arbeitsstunden bei der Mahd von Streuwiesen, der Pflege von Halbtrockenrasen, der Renaturierung von Moorgebieten helfen eben bewusst oder unbewusst auch den Schmetterlingen. Jährlich 3 Mio. € Investitionen des BN in den Ankauf von Biotopen und Naturschutz-Modellprojekte sind ein unverzichtbarer Baustein im bayerischen Schmetterlingsschutz. Und über das Engagement des Verbandes zu mehr ökologischer Landwirtschaft und für die Erhaltung traditioneller Bewirtschaftungsformen in den Beweidungs-Modellprojekten des Verbandes mit Rhönschaf, Ziegen oder Rindern auf Magerrasen und Hutangern freuen sich Schmetterlinge ebenso wie der Landschaft genießende Mensch! Spenden für den Bund Naturschutz kommen über Ankäufe und aktiven Biotopschutz direkt dem Schmetterlingsschutz zu Gute.


Der Erhalt der Schmetterlingsvielfalt braucht gesellschaftliche Unterstützung - "Abenteuer Schmetterling"
Schmetterlinge brauchen wie alle anderen Arten Investitionen in die Erhaltung bayerischer Kultur- und Naturlandschaft. Wenn der Freistaat auch weiterhin für Erhalt und Pflege der bayerischen Biotope nur ein Viertel der Steuermittel aufbringt, die er jährlich für Unterhalt und Säuberung nur seines Staatsstraßennetzes investiert, dann werden sich die Schmetterlinge nicht erholen können. Nicht so gut wie am "Heglauwasen" sieht es beispielsweise im Naturschutzgebiet "Scheerweiher" mit seinen ebenfalls artenreichen Feuchtwiesen am Stadtrand von Ansbach aus. Obwohl anerkannt wertvolles Naturschutzgebiet, stellt die Bay. Staatsregierung seit 2004 hierfür keine Fördermittel für die dringend notwendige Pflege der Kernflächen zur Verfügung. Im letzten Jahr hat der Bund Naturschutz die Biotoppflege auf den dortigen Flächen ebenso wie in weiteren 6 Naturschutzgebieten ohne jegliche Förderung durchgeführt, erklärt Altreuther. Dieses Jahr sind wir nicht mehr bereit und in der Lage dies zu tun. Landesvorsitzender Prof. Dr. Hubert Weiger findet hierzu deutliche Worte: "Die Bay. Staatsregierung ist dringend aufgerufen, für die notwendige Pflege der ökologische Filetstücke Bayerns ausreichend Mittel bereitzustellen. Der Bund Naturschutz ist nicht in der Lage, auf Dauer mit eigenen, aus Mitgliedsbeiträgen stammenden Mitteln zentrale staatliche Aufgaben zu übernehmen."

Was Schmetterlinge auch brauchen, ist mehr öffentliches Interesse: die ökologische Freilandforschung zu den Lebensansprüchen der Arten ist völlig unzureichend, die Wissenslücken sind groß. Im Rahmen des Schmetterlingsprojektes "Abenteuer Schmetterling" soll die öffentliche und auch die wissenschaftliche Arbeit von Schmetterlingsfreunden und Experten im Schmetterlingsschutz in den nächsten Jahren vielfältig gefördert werden (nähere Informationen unter www.abenteuer-schmetterling.de ).


Kauf schutzwürdiger Flächen als Strategie
Der hoheitliche Schutz wie die Ausweisung als Schutzgebiet reicht in vielen Fällen nicht aus. Deshalb setzt der Bund Naturschutz verstärkt auf die eigentumsrechtliche Sicherung - den Kauf - von Flächen.

Die Kreisgruppe Ansbach hat z.B. in Bayerns flächengrößtem Landkreis schon seit Anfang der 1980er Jahre mit dem Ankauf schutzwürdiger Grundstücke begonnen. Nach dem Motto "Ankauf ist der sicherste Naturschutz" hat die Kreisgruppe Ansbach allein seit 1998 über 50 ha ökologisch wertvolle Flächen erworben. Finanziert wurde dies mit Fördermitteln des Bay. Naturschutzfonds, des Landkreises Ansbach und nicht zuletzt mit Hilfe von Spenden von Naturfreunden.

160 über den gesamtem Landkreis Ansbach verteilte Einzelflächen mit einer Gesamtfläche von etwa 240 Hektar betreut die Kreisgruppe Ansbach. Dafür werden jedes Jahr allein in Stadt und Landkreis Ansbach 4.000 Stunden ehrenamtliche Arbeit erbracht. Von den 240 ha nennt die Kreisgruppe 75 Hektar ihr eigen, 53 ha sind langfristig angepachtet, für die restlichen Flächen besteht mit den Eigentümern eine Betreuungs- und Pflegevereinbarung. Letzteres gilt für den Fall des Heglauer Wasens. Hier ist die Stadt Merkendorf Eigentümer.

Unter den betreuten Flächen finden sich alle im Landkreis relevanten Biotoptypen wie z. B. Streuobstflächen, Hecken, Tümpel, Feldgehölze, Trockenrasen etc.. Den Löwenanteil stellen mit 70 % Feuchtflächen in unterschiedlicher Ausprägung.

Der Geschäftsführer der Kreisgruppe Ansbach, Altreuther, zieht auch einen statistischen Vergleich: 0,12 % der Landkreisfläche sind durch den BN direkt gesichert bzw. betreut. Durch hoheitliche Sicherung, d. h. durch behördliche Sicherung als Naturschutzgebiet, geschützter Landschaftsbestandteil oder Naturdenkmal seien es nur wenig mehr: etwa 0,2 %. Das heißt, trotz des enormen Kraftaktes der BN-Kreisgruppe liegt der Landkreis Ansbach weit unter dem bayerischen Durchschnitt der für den Naturschutz gesicherten Flächen (2%)! "Es besteht dringender Handlungsbedarf aus naturschutzfachlicher Sicht und wegen der zukünftigen Fördermöglichkeiten für die Landwirtschaft im Rahmen der Umgestaltung der europäischen Agrarpolitik", so Weiger.


Erfassung und Pflege von Biotopen
Mit dem Kauf allein ist es aber nicht getan, erläutert Altreuther. Zu einem sachgerechten "Flächenmanagement" gehöre eine laufende Zustandserfassung und "überwachung. Auf vielen Flächen werden begeleitende wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt. Während ein Teil der Flächen ganz bewusst der ungestörten natürlichen Entwicklung überlassen wird, bedarf der größere Teil sachgerechter Pflege. In besonderem Maße gilt das für Feucht- und Magerwiesen. Nur durch ein- bis zweimalige jährliche Mahd und dem Abräumen des Mähgutes sowie Ausschluss jeglicher Düngung kann die Artenvielfalt erhalten oder gesteigert werden. Zum Beleg zeigt Altreuther auf verblühte Exemplare von Trollblumen und Breitblättrigem Knabenkraut, einer Orchideenart, Feuchtezeiger wie Binsen und Seggen, Breitblättriges Wollgras, Engelwurz und Sumpfschafgarbe. Eine ganze Reihe von im Hochsommer und dem Frühherbst blühenden Arten wie z. B. Teufelsabbiß, Bärenklau, Mädesüß und Pfeifengras ist auch jetzt, wo die umliegenden Wiesen längst eintönig grün sind ein Besuchermagnet für Tagfalter wie z. B. den Mädesüß-Perlmuttfalter, den Baldrian-Scheckenfalter, das Sumpfhornklee-Widderchen oder das Ampfer-Grünwitterchen. Die Wespenspinne, die Große Goldschrecke und die Sumpfschrecke sind weitere charakteristische Insektenarten. An Brutvögeln sind u. a. Uferschnepfe, Großer Brachvogel, Bekassine, Braunkehlchen, Wiesenpieper, Kiebitz und Rohrweihe hervorzuheben.

Auf den Biotopflächen des Bund Naturschutz im Landkreis Ansbach geht man bei der Biotoppflege weit darüber hinaus. Die Pflege orientiert sich rein an naturschutzfachlichen Zielen: So erfolgt die Mahd ausschließlich durch ein spezielles Mähgerät mit "Busatis-Mähwerk". Dieses arbeitet äußerst naturfreundlich, da es die Bodenstruktur schont und einen Großteil der Kleintiere erhält. In besonders sensiblen Bereichen wird auch mit dem Einachs-Balkenmäher oder der Motorsense gearbeitet. Bei den in der Landwirtschaft üblichen Kreiselmähwerken mit großer Arbeitsbreite und hoher Fahrgeschwindigkeit kommt in den rotierenden Messern ein hoher Teil der Tierpopulation um.

Beim BN wird auch differenziert zu unterschiedlichen Mahdzeitpunkten gemäht, das Mähgut bleibt einige Tage liegen damit die Kleintiere daraus entweichen können. Zum Biomasse- und damit Nährstoffentzug muss das Mähgut aber unbedingt abgeräumt werden, damit das Pflegeziel, nährstoffarme und damit blüten- und insektenreiche Magerwiesen, erreicht wird, unterstreicht Altreuther.

Dabei arbeitet der Bund Naturschutz im Sinne einer Arbeitsteilung mit einer ganzen Reihe von örtlichen Landwirten eng zusammen. Diese führen im Lohnauftrag auf vielen BN-Flächen verschiedene Arbeitsschritte wie z. B. Schwaden oder Pressen des Mähgutes zu Klein- oder Rundballen durch und arbeiten sehr zuverlässig und engagiert, lobt Altreuther. Verwendet wird das Mähgut teilweise zum Verfüttern von Pferde- und Rinderhaltern, zur Einstreu in Rinder-Laufställen, ein Teil muss aber kompostiert werden. In jedem Fall bleibt die Biomasse im Rohstoffkreislauf.

Etwa 20 BN-eigene Flächen - eine davon grenzt unmittelbar an den Heglauer Wasen an - werden komplett von Landwirten genutzt, soweit es mit den Naturschutzzielen vereinbar ist. In der Regel erhalten diese dann eine Förderung über das Bay. Vertragsnaturschutzprogramm (VNP).


Silage-Wirtschaft als Problem im Grünland
Als besonders problematisch für den Naturhaushalt sieht der Bund Naturschutz die Intensivierung der Grünlandnutzung durch Silage-Wirtschaft. Dies ist zwar betriebswirtschaftlich und arbeitstechnisch verständlich - die ökologischen Folgen sind aber gravierend. Silagewirtschaft bedeutet, erklärt Altreuther, dass beginnend in der ersten Maiwoche vier bis fünf Schnitte pro Jahr von einer Wiese gewonnen werden. Dies geschieht zunehmend mit Großmaschinen - sowohl die Mahd, das Schwaden und das Bergen des Mähgutes. Dadurch kann insbesondere in Talwiesen beim ersten Schnitt der Boden verdichtet werden, Kleinststrukturen wie Mulden und Grenzgräben werden als Bewirtschaftungshindernisse betrachtet und Großgewanne zeitgleich bewirtschaftet. Innerhalb weniger Tage ist ein Talraum dann häufig strukturlos. Zusätzlich wird sofort anschließend mit Gülle oder Kunstdünger stark aufgedüngt, damit wenige Wochen später der nächste Schnitt erfolgen kann.

Diese Art der Grünlandbewirtschaftung vertragen nur wenige Grasarten, es findet im Lauf der Jahre eine schleichende Artenverarmung statt. "Da bleibt kein Tagpfauenauge trocken", fügt Altreuther hinzu. Dies gilt für die meisten Tiergruppen: Schmetterlingen und anderen Insektenarten fehlt es an Nahrungspflanzen für ausgewachsene Exemplare sowie deren Raupen, nicht besser geht es den Vögeln und Amphibien.

Ursache dieses Prozesses ist der massive Erzeugerpreisdruck im Bereich der Milchwirtschaft, der zu einer immer höheren Intensität zwingt.

Der Bund Naturschutz fordert deshalb als Kompromiss zwischen Ökonomie und Ökologie, die agrarpolitische Festsetzung einer bestimmten Quote im Grünland, auf der Rauhfutter (Heu) gewonnen wird - mit finanziellem Ausgleich für den Mehraufwand. Die Heuernte bedingt in aller Regel automatisch eine extensivere und kleinräumigere Wirtschaftsweise in diesen Teilbereichen.