DIE KATASTROPHE VON FUKUSHIMA, JAPAN AM 11. MÄRZ 2011, MAHNT: ATOMARER KATASTROPHENSCHUTZ IN DEUTSCHLAND VÖLLIG UNZUREICHEND
"Dass die E.ON als Betreiber und Eigentümer des AKWs Grafenrheinfeld nun die Hand aufhält und anbietet, gegen Geld das AKW im Frühjahr 2015 ein halbes Jahr früher vom Netz zu nehmen ist eine Unverfrorenheit. Über Jahre hatten sie täglich eine Million Euro an dem AKW verdient. Aber - wir fordern seit Jahren Abschalten aller AKWs Sofort! Daher würden wir natürlich einen früheren Abschalttermin für das AKW Grafenrheinfeld im Frühjahr 2015 sehr begrüßen - aus Gründen der Sicherheit. Denn jeder Tag Laufzeit bietet das Risiko einen atomaren Unfalls", so Prof. Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND Naturschutz in Bayern.
"Die neuesten Empfehlungen der Strahlenschutzkommission der Bundesregierung für den Notfallschutz in der Umgebung von Atomkraftwerken vom Februar, als Ergebnisse der Beratungen nach Fukushima, sind völlig unzureichend. Die realen Erfahrungen des atomaren Unfalls in Japan vom März 2011 werden nicht berücksichtigt. Die reale Erfahrung der Atomkatastrophe von Fukushima hat klar gelehrt, dass eine Außenzone mit Radius 20 Kilometer bei einem großen atomaren Reaktorunfall viel zu eng angesetzt ist", kritisiert Richard Mergner, Landesbeauftragter des BUND Naturschutz in Bayern. "Die Konsequenz aus dem Unfall in Fukushima muss sein: Alle AKWs in Bayern, Deutschland, Europa und weltweit müssen sofort abgeschaltet werden. Atomausstieg Sofort - ohne Schuldhaftes Zögern!" so Mergner weiter.
"Die Empfehlungen der Strahlenschutzkommission legen den Außenbereich der Sofortmaßnahmen und Evakuierungen auf 20 km fest - willkürlich, vermutlich von Kostenerwägungen getrieben, aber nicht zum Schutze der Bevölkerung vor den Auswirkungen eines atomaren Unfalls. Berücksichtigt werden soll vor allem die Geländetopografie - aber entscheidend für die Ausbreitung der radioaktiven Wolke sind Wind und Wetter. Wir haben dies am 16.11.13 in einer symbolischen Ballonaktion aufgezeigt. Bei moderatem Nordostwind flog ein Ballon, der die radioaktive Wolke symbolisierte, mit Start beim AKW Grafenrheinfeld innerhalb 2 Stunden bis ins Hafenlohrtal im östlichen Spessart über 50 km weit", so Edo Günther, Vorsitzender des BUND Naturschutz in Schweinfurt. "Dies spiegelt auch die reale Situation im März 2011 an den havarierten AKW Blöcken von Fukushima Dai-ichi wieder. Westwind trieb glücklicherweise einen Großteil der radioaktiven Wolke auf's Meer - aber ein kurzer Ostwind führte zur radioaktiven Verseuchung über 50 km hinein bis in die Großstadt Fukushima", so Günther weiter.
"Wir haben bis heute, Stand Januar 2014, 232 meldepflichtige Störfälle am AKW Grafenrheinfeld notieren müssen. Es gibt keinerlei Sicherheit, dass sich nicht auch im AKW Grafenrheinfeld ein Unfall von der Auswirkung wie in Fukushima ereignet. Schweinfurt und Unterfranken sind darauf in keiner Weise vorbereitet. Das AKW Grafenrheinfeld muss umgehend abgeschaltet werden." So Babs Günther, Sprecherin des Schweinfurter Aktionsbündnis gegen Atomkraft.
Die japanischen Aufsichtsbehörden haben den Atomunfall 2011 auf der INES Skala mit Stufe 7 eingeordnet, analog dem Reaktorunfall in Tschernobyl 1986: als schwerste Freisetzung, Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt in einem weiten Umfeld, erhebliche Freisetzung, gesundheitliche Spätschäden über große Gebiete, gegebenenfalls in mehr als einem Land.
Die Grenzwerte in Deutschland für eine unbedenkliche radioaktive Strahlenbelastung liegen bei einer Dosis von 1 Millisievert pro Jahr. Für Beschäftigte in atomaren Betrieben wurde die Obergrenze der Belastung auf 20 Millisievert pro Jahr festgelegt. Nach dem Atomunfall bei Tschernobyl legten die sowjetischen Behörden den Grenzwert für die Evakuierungen auf 1 Millisievert pro Jahr fest.
"Bei einem Grenzwert von 1 Millisievert pro Jahr hätte nach dem Unfall im AKW Fukushima Dai-ichi im März 2011 die Millionenstadt Fukushima evakuiert werden müssen. Das war zu teuer aus Sicht der japanischen Regierung. Daher wurde der Grenzwert für die staatliche Evakuierung, auch für Kinder und Jugendliche, in Japan auf 20 Millisievert pro Jahr hochgesetzt. Dennoch, auch bei diesen hohen Grenzwerten, mussten Bereiche evakuiert werden, die über 50 Kilometer von den havarierten Reaktoren entfernt lagen." So Akiko Yoshida, Friends of the Earth, Japan.
"Die deutsche Strahlenschutzkommission gibt nun im Februar vor, dass die Erfahrungen in Japan 2011 und für einen Großen Atomaren Unfall mit Auswirkungen nach der INES Skala 7 berücksichtigt wurden. Aber das stimmt nicht. Die Erfahrungen in Japan lehren: Niemand kann uns vor einer atomaren Katastrophe im AKW schützen. Daher AKW Grafenrheinfeld sofort abschalten!" so Babs Günther.
Im Frühjahr 2012 waren in Japan alle 56 Atomreaktoren abgeschaltet. Reaktoren wurden direkt nach dem Unglück vom Netz genommen, respektive nach den regelmäßig anstehenden Inspektionen erlaubten die jeweiligen Präfekturen keinen Wiederstart. Mittlerweile sind 2 Reaktoren wieder am Netz, auf Druck der japanischen Regierung. Im Sommer 2012 erfolgte in Japan eine "Nationale Diskussion" um die Energiepolitik, mit "Public comments" und "Meetings" in 11 Städten, sowie "Deliberative Polls" und viele "Opinion Researches" mit dem Ergebnis: Über die Hälfte der Japaner wollen den Atomausstieg.
"Die aktuelle Regierung Abe hat dieses Ergebnis ignoriert", so Yoshida. Die Regierung hat angekündigt, die Energiepolitik "komplett neu zu revidieren": Kernkraft - eine wichtige "Grundlaststromquelle". Die japanische Regierung plant, den Neubau von AKWs zu fördern und die Atomkraft in beschränktem Umfang zu nutzen. Dies erklärte der Minister für Wirtschaft, Handel und Industrie, Toshimitsu Motegi, in einer Pressekonferenz im Februar. Der Entwurf des neuen Energieplans verpflichtet die Regierung, die Abhängigkeit Japans von der Atomkraft so weit wie möglich zu senken, indem Sie die Einführung von erneuerbaren und andere Formen der Energie zu fördern, bereitet aber auch den Weg für Neubau und Umbau der Atomreaktoren vor.
"Aber auch in Japan gibt es für die Lagerung der rund 17.000 Tonnen abgebrannter atomarer Brennelemente in den Atomkraftwerken keine Lösung. Und der neue Entwurf der Regierung beantwortet in keiner Weise den Aufruf für "Zero Nuclear" aus vielen öffentlichen Stellungnahmen in Japan. Menschen, die ihr Zuhause und ihre Existenzgrundlage verloren haben, leiden noch immer. Und in der Zwischenzeit verunreinigt Wasser aus Lecks der Atomreaktoren weiterhin den Pazifischen Ozean. Wir von Friends of the Earth, Japan protestieren daher gegen den neuen atomaren "Energie-Plan", der die öffentliche Meinung in Japan ignoriert", so Yoshida.
Für Rückfragen: Richard Mergner, BN-Landesbeauftragter, 0171-6394-370
Edo Günther, Vorsitzender BN Schweinfurt, 0176-4612-1314