Erfolge und Rückschläge für den Naturschutz in Schwaben
Der Bund Naturschutz (BN) konnte im Jahr 2008 zahlreiche Erfolge verbuchen und neue Aktivitäten starten. Die Anstrengungen für ein gentechnikfreie Regionen in Schwaben waren überaus erfolgreich und werden im Jahr 2009 ausgeweitet. Im klassischen Naturschutz stand 2008 der Moorschutz im Allgäu im Zentrum der Aufmerksamkeit des BN. Tausende von Erwachsenen und Kindern nahmen an den Umweltbildungsaktivitäten der schwäbischen Kreisgruppen teil. Der Flächenverbrauch bleibt aber leider weiterhin hoch und ist weit von den Nachhaltigkeitszielen der Bundesregierung entfernt. Auch der Klimaschutz kommt nur schleppend in Gang. Straßen- und Flughafenausbau konterkarieren alle ernsten Klimaschutzbemühungen.
Im Jahr 2009 wird der BN einen Schwerpunkt auf Natur- und Umweltschutzthemen bei der Europa- und Bundestagswahl legen. In Veranstaltungen werden vor allem die Themen Atomausstieg, Gentechnikfreiheit und Energieeffizienz in den Vordergrund gerückt. Naturschutzgroßprojekte, wie in der Mertinger Höll, werden ausgeweitet. Im Unterallgäu startet ein Bürgerbegehren gegen das Ersatzbrennstoffkraftwerk in Ettringen.
Für ein gentechnikfreies Schwaben
Während im Allgäu die Bemühungen für eine gentechnikfreie Landwirtschaft schon weit fortgeschritten sind, formieren sich die Bündnisse in Nordschwaben gerade. Auf Initiative der BN-Kreisgruppe Lindau unterschrieben alle 18 Gemeinden und der Landkreis eine Selbstverpflichtung zur Gentechnikfreiheit. Im Oberallgäu haben nach langjährigen Vorarbeiten eines breiten Bündnisses von Verbänden 1600 von 2200 Landwirten einen Verzicht auf Anbau und Fütterung von gentechnisch veränderten Pflanzen unterschrieben.
Unter der Führung des Bundes Naturschutz laufen in den Kreisgruppen Neu-Ulm, Günzburg und Augsburg gerade Kampagnen für gentechnikfreie Regionen an.
Auf Grund von zahlreichen Protesten konnte die Anbaufläche von gentechnisch veränderten Organismen in Schwaben in 2008 auf unter einen ha reduziert werden. Auch 2009 wird auf dem staatlichen Versuchsgut in Kaisheim ein Anbau von 3000m² Genmais geplant.
Trotzdem wurden 2008 im Honig eines Imkers im Landkreis Donau-Ries vier Prozent gentechnisch veränderte Pollen von dem nahe gelegenen staatlichen Versuchsgut gefunden. Der Honig durfte weder verkauft, noch verschenkt werden. Er ist Abfall. Die BN-Kreisgruppe Donau Ries unterstützte den betroffenen Imker mit einem Scheck in Höhe von 1200 Euro.
Aktiv für einen umfassenden Klimaschutz
Der Klimaschutz ist die Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Der Bund Naturschutz unterstützt Aktivitäten für Energieeinsparung, Energieeffizienzsteigerungund Ausbau erneuerbarer Energiequellen. So setzt sich die BN-Kreisgruppe Augsburg für einen verpflichtenden Passivhausstandard bei öffentlichen Neubauten nach dem Vorbild anderer Städte ein. Bisher leider ohne Erfolg.
Das Windkraftpotential in Schwaben muss landschafts- und naturschonedend ausgebaut werden. Die Kreisgruppen Oberallgäu, Augsburg und Aichach-Friedberg engagierten sich mir Workshops, Exkursionen und politischen Gesprächen in diesem Bereich. Die aktuellen Regionalpläne in Schwaben sind nach einem aktuellen Urteil rechtlich nicht haltbar und auch ökologisch nicht sinnvoll. Der BN fordert Nachbesserungen, um mehr Windräder zuzulassen.
Auch den Ausbau der Solarenergie unterstützt der BN tatkräftig. Durch die rasanten Steigerungsraten können bis Mitte des kommenden Jahrzehnts bedeutende Anteile der Stromerzeugung durch Sonnenstrom schon im zweistelligen Prozentbereich liegen. Der Bund Naturschutz startet deshalb zusammen mit dem Energie- und Umweltzentrum Allgäu für 2009 erstmals die Allgäuer Solarmeisterschaft, eine Regionalwertung der Solarbundesliga, um die Nutzung der Solarenergie in Deutschlands sonnenreichster Region zu forcieren. Weitere Informationen unter www.allgaeuer-solarmeisterschaft.de
Bei der Wasserkraft hingegen sind die energetischen Nutzungsmöglichkeiten ausgeschöpft. 91% des bayerischen Wasserkraftpotentials sind bereits genutzt. Lech, Iller und Wertach sind in weiten Teilen schon völlig der energetischen Nutzung unterworfen. An den wenigen verbliebenen frei fließenden gewässerstrecken muss der Flussökologie Vorrang vor der energetischen Nutzung gewährt werden. Die BN-Ortsgruppe Oberstdorf konnte das geplante Wasserkraftwerk am Faltenbach mittels eines Bürgerentscheides in Frühjahr 2008 leider nicht verhindern. Inzwischen werden ein zweites Kraftwerk am Faltenbach, sowie ein neues Kraftwerk am bisher völlig unberührten Rappenalpbach im Naturschutzgebiet Allgäuer Hochalpen geplant. Der BN lehnt beide Projekte kategorisch ab, um die einzigartigen Wildbäche zu erhalten.
Auch an der unteren Iller zwischen Memmingen und Neu-Ulm sind im ursprünglichen Illerbett acht neue Wasserkraftwerke geplant, obwohl bereits 90% des Wassers in Seitenkanälen energetisch genutzt werden. Neue Wasserkraftwerke würden die vom BN angestrebte Renaturierung des alten Illerbettes in diesem Bereich unmöglich machen.
Trotz vieler Bemühungen kann die bayerische CO2-Bilanz bis heute keine großen Erfolge aufweisen. Alle Einsparungen und erneuerbare Energien werden an anderer Stelle wieder wett gemacht. Zum Klimakiller Nr. 1 in Schwaben hat sich inzwischen der staatlich hoch subventionierte Flughafen Memmingen gemausert. Über 10 Mio. Euro steckte der Freistaat in den Allgäu-Airport. Die Allgäuer Tourismusindustrie wirbt mit Slogans wie „Skifahren für Hamburger vor der Haustüre“. Ein Hin- und Rückflug Hamburg-Memmingen entspricht in seiner CO2-Bilanz allerdings einem Viertel des jährlich vertretbaren Klimabudget eines Menschen. Der deutsche Flugverkehr wird ohne drastischen Kurswechsel Mitte dieses Jahrzehnts den Straßenverkehr in seiner Klimawirksamkeit übertreffen. Der Bund Naturschutz fordert einen Stopp staatlicher Subventionen für den Flugverkehr. An die Tourismuswirtschaft appelliert der BN verstärkt auf ökologische Anreisemöglichkeiten, wie dem Bahnverkehr zu setzen. Regionalbahnkonzepte in den Regionen Augsburg, Kempten und Ulm warten derweil auf Ihre Umsetzung.
Naturerbe bewahren
Moorschutz ist aktiver Klimaschutz. In den schwäbischen Mooren ist tonnenweise Kohlenstoff gebunden und droht in die Atmosphäre zu entweichen. 90-95 Prozent unserer bayerischen Moore sind bereits ausgetrocknet.
Den restlichen 5-10 Prozent droht das gleiche Schicksal. Der BN hat deshalb 2008 in Zusammenarbeit mit der Regierung von Schwaben zwei Gebietsbetreuerstellenfür Ober- und Ostallgäuer Moore eingerichtet.
Eines der landesweit größten Naturschutzschutzprojekte des BN liegt im Donaumoos im Landkreis Donau-Ries. Die Sicherung wertvoller Wiesenbrütergebiete in der Mertinger Höll durch Flächenankauf wurde im Jahr 2008 noch mal verstärkt.
In ganz Schwaben werden zahlreiche Naturschutzprojekte ausgebaut oder neu angegriffen, wie z.B. ein Steuobstprojekt der BN-Kreisgruppe Lindau oder das Waldschafprojekt der BN-Kreisgruppe Günzburg.
Hochwasserschutzprojekte können ein Gewinn für das Ökosystem sein, wenn Auen renaturiert, Flusskanalisierungen rückgebaut und dezentrale Rückhalteräume in der Fläche geschaffen werden. Dafür setzt sich die BN-Kreisgruppe Unterallgäu im Günztal in Kooperation mit Landwirten ein.
Ein besonderes Schmankerl wird im Junider GEO-Tagder Artenvielfalt entlang der Donau werden. Am schwäbischen Abschnitt werden sich, organisiert von der BN-Ökostation Schwaben zahlreiche Naturforscher auf den Weg machen, so viele Arten wie möglich an der Donau zu finden. Bei den Naturforschern handelt es sich um eine bunte Mischung von Schulkindern bis hin zu Wissenschaftlern.
Bayerns Schönheit bewahren – Flächenverbrauch stoppen
Beim Flächenverbrauch ist Bayern weit davon entfernt, die Zielee der Bundesregierung zu erreichen. Immer noch werden pro Tag im Regierungsbezirk Schwaben ca. 2,5 ha Freifläche für Straßen und Siedlungen bebaut. Oft werden dabei ökologisch wertvolle Flächen oder wichtige Naherholungsgebiete für Anwohner zerstört.
In Munningen im Landkreis Donau wurde eine Umgehungsstraße durch ein europäisches Vogelschutzgebiet gegen die Proteste des BN genehmigt. In Kaufbeuren und Germaringen im Landkreis Ostallgäu kämpft der BN gegen die Erschließung des Bannwaldgürtels um Neugablonz, die neben einer Straße riesige Siedlungsflächen im bisherigen Naherholungsgebiet zur Folge haben würde. Eintrauriger Tag für den Naturschutz wird die Eröffnung der A7 bis Füssen im Sommer 2009. Hier wurde eine der landschaftlich reizvollsten und ökologisch wertvollsten Landschaften Bayern geopfert, um den Stau an Spitzenverkehrstagen um 20 km weiter an die österreichische Grenze zu verlagern. Der Bund Naturschutz hat jahrelang ökologisch verträgliche Alternativkonzepte vorgeschlagen, welche die Ortdurchfahren ebenso entlastet hätten.
Der BN konnte allerdings auch Erfolge vorweisen. So musste die Straßenplanung des B16- Lückenschlusses bei Höchstädt im Landkreis Dillingen nach einer Klage der BN Kreisgruppe deutlich nachgebessert werden.
Emissions- und Ressourcenschutz
Das geplante Ersatzbrennstoffkraftwerk in Ettringen im Unterallgäu gefährdet nicht nur die die umliegenden Anwohner, sondern verschleudert auch wertvolle recyclebare Ressourcen. Die erste Planung von Anfang 2008 musste auf Grund der Einwendungen von BN und Bürgerinitiative nachgebessert werden. Allerdings wurden die Forderungen des BN bei der Neuplanung nicht ausreichend berücksichtigt, so dass durch die Bürgerinitiative Gesundes Wertachtal und den BN in Kürze ein Bürgerbegehren gestartet wird.
Natur- und Umweltbildung
Tausende von Erwachsenen und Kindern nehmen jährlich an den Umweltbildungsangeboten der BN-Kreisgruppen in Schwaben teil. Ein Höhepunkt 2008 war das BN-Angebot auf der Landesgartenschau in Neu-Ulm. Dort konnten die kleinen Besucher im Kinder-Erlebnis-Garten des BN in eine Biberburg kriechen, einen Ameisenlauf durchführen oder ins Starennest schauen.
Eines der erfolgreichsten Umweltbildungsprojekte des BN ist das Umweltmobil der Kreisgruppe Kempten-Oberallgäu, mit dem jedes Jahr ein umfangreiches Naturerlebnisprogramm für Schulklassen und Kindergärten angeboten wird. Allein im Jahr 2008 nahmen auf 267 Veranstaltungen 6208 Kinder an diesem Programm teil.
Die BN-Ökostation Schwaben wird im Jahr 2009 neben Kinder- und Familienangeboten zur Artenvielfalt eine Radltour zu den Hot-Spots der Biodiversität in Schwaben anbieten.
Für Rückfragen:
Thomas Frey, Regionalreferent für Schwaben, 089/548298-64,
thomas.frey@bund-naturschutz.de