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Erfüllung des Kyoto-Abkommens in Bayern nicht in Sicht

Bei der Erfüllung droht Bayern auf der Strecke zu bleiben.
Höchste Zeit für aktive CO2-Reduzierung

14.02.2005

Mit dem Kyotoprotokoll, das am 16.2. in Kraft tritt, hat sich Deutschland zu drastischen Reduzierungen des Treibhausgases Kohlendioxid verpflichtet: bis zum Jahre 2010 um 21 %.
Dies ist ein erster wichtiger Schritt zum Klimaschutz. Die ersten deutsche Erfolge bei der Luftreinhaltung: in den Neuen Bundesländern ging das Kohlendioxid seit der Wende um die Hälfte zurück, bei den Erneuerbaren Energien ist Deutschland führend. Wir sind nicht nur Weltmeister bei der Windkraft, auch bei der Solarstrominstallation 2004 hat Deutschland das bisher führende Land Japan überholt.
Allerdings: die Umstrukturierung in den Neuen Bundesländern ist kein wiederholbarer Vorgang und trotz rasanten Wachstums haben Wind- und Solarkraft noch keinen merklichen Einfluss auf den größten CO2-Emittenten: den Stromsektor, denn ihr Beitrag liegt erst bei 6%.


Politische Zusagen seit 1990 nicht eingehalten

Bereits im Jahr 1990 hat der damalige Bundeskanzler Kohl zugesagt, den Kohlendioxidausstoß Deutschlands bis zum Jahre 2005 um 25 % zu reduzieren. Ein detailliert vorgelegter Maßnahmenkatalog der Bundestagsenquetekommission 1990 hatte dies möglich gemacht.
Von den dort vorgeschlagenen Maßnahmen wurde aber kaum eine in die Tat umgesetzt. Auch die rot-grüne Bundesregierung hat keine entscheidende Maßnahme zur Reduzierung des Kohlendioxids ergriffen.
Da der CO2-Ausstoß mittlerweile auch in den neuen Bundesländern wieder ansteigt, wird Deutschland sein Etappenziel 2010 nicht erreichen. Das sind ungenügende Startbedingungen für die Jahre danach, denn der CO2-Ausstoß der Industriestaaten muss bis zur Jahrhundertmitte, wie von Wissenschaft und Politik gefordert, um wenigstens 80 % reduziert werden.


Riesige Einsparpotentiale

Die größten CO2 Einsparpotentiale (so hatte es nicht nur die Bundestagsenquetekommission 1990, sondern auch eine danach eingerichtete Interministerielle Arbeitsgruppe IMA 1997 der Bundesregierung gezeigt) befinden sich im Stromsektor (vor allem Kraftwärmekopplung), im Verkehrsbereich und im Wohnheizbereich.
CO2-Einspar-Maßnahmen in diesen Bereichen wurden aber nicht vorangetrieben, sondern stehen heute noch genauso auf dem Papier wie vor 15 Jahren.

Im Gegenteil: Die Stromversorger haben nach der Liberalisierung ihre Monopolmacht zurückgewonnen und nutzen sie zur Unterdrückung der Kraftwärmekopplung. Der Bau großer und schwerer PKWs (noch dazu Kfz-steuerbegünstigt) hat zugenommen und der Autobahnbau ist inzwischen rasanter denn je: Eine große Koalition aus CDU, CSU, FDP, SPD und Grünen asphaltiert die Landschaft als Voraussetzung für weitere CO2-Emissionen.

Die neue Energieeinsparverordnung ist ein wichtiger Schritt nach vorne, denn sie hat das Ziel den Heizwärmebedarf drastisch zu reduzieren. Sie ist aber ohne Biß, da sie weder Kontrolle noch Sanktionen vorsieht. Statt dessen pflegt die Energielobby weiter Vorurteile wie "man könne ein Haus zu Tode dämmen" und "das sei ja alles gar nicht wirtschaftlich".


Aktive Kohlendioxid-Einsparung gefragt

Die Öl- und Gaspreise sind mittlerweile so hoch, dass sich die Zusatzkosten einer Wärmedämmung amortisieren, wenn die Fassade ohnehin saniert wird. An vielen Standorten, wo Strom und Wärme gleichzeitig verbraucht werden (vom Krankenhaus bis zum Hotel, vom Verwaltungsgebäude bis zum Mietkomplex) kann ein Blockheizkraftwerk große Gewinne einfahren.

Nutznießer dieser CO2-Einsparpolitik sind nicht nur Umwelt und Klima: Die Bauwirtschaft, der Maschinenbau, Land- und Forstwirtschaft, Installationshandwerk, Maler und Verputzer würden von den Investitionen profitieren. Diese müssen mit dem Geld finanziert werden, das bisher unprofitabel nach Rußland und Norwegen (Öl und Gas) oder Namibia (Uran) abwandert.


Bayern noch kein Vorbild

Die Bayerische Staatsregierung stellt den Freistaat Bayern gern als Vorreiter in Sachen CO2 dar. Die Behauptung die Bayern emittieren pro Kopf viel weniger als der Bund, entspringt aber einer kurzsichtigen Bilanzierung, die den Realitäten nicht gerecht wird.

Bayern verwendet die sog. "Quellenbilanz", die aber "wegen des Stromaußenhandels keine direkten Rückschlüsse auf den dadurch verursachten Bei-trag zu den CO2-Emissionen eines Landes zulässt" wie es der Länderarbeitskreis Energiebilanzen kritisiert (dem auch das Bayerische Wirtschafts-ministerium und das Statistische Landesamt angehören).

Nach der aufschlussreicheren "Verursacherbilanz" (die Emissionen den Endverbrauchersektoren zuordnet) liegt Bayern im Mittelfeld aller 16 Bundesländer und nicht etwa vorne dran. Der CO2-Ausstoß stieg von 1990 bis 2001 um 4 % und liegt exakt beim Durchschnittswert aller 16 Bundesländer: 10,3 Tonnen CO2 pro Kopf der Bevölkerung. Von der Erfüllung des Kyoto-Abkommens für Deutschland ist Bayern also meilenweit entfernt.

Auch in Bayern ist es jetzt allerhöchste Zeit mit ernsthaften CO2 Einsparbemühungen im eigenen Einflussbereich zu beginnen. Der Bund Naturschutz hofft, dass aus den Gesprächen mit der Bayerischen Staatsregierung auf verschiedenen Gebieten wie Wärmedämmung, Kraftwärmekopplung und der Vorbildwirkung öffentlicher Gebäude beherzte Maßnahmen zur spürbaren Kohlendioxidreduzierung folgen.


BN-Energievision: Drastischer CO2-Rückgang möglich.

Die Energievision des Bund Naturschutz (vgl. Anlage) weist anhand der aktuellen Technik- und Kostendaten nach, dass mehr als die Hälfte der Primärenergie zur Wärme- und Stromerzeugung, aber auch im Bereich des Verkehrs eingespart werden kann. Der Restbedarf kann bereits mit heute verfügbarer Technik zu knapp 80% mit Erneuerbaren Energien gedeckt werden. Der CO2 "Ausstoß könnte um 85% zurückgehen. Rein technisch wäre eine solche Umstellung in ca. 25 Jahren zu schaffen.


Vorreiter in Zukunft

Bayern kann genauso wie Deutschland ein echter Vorreiter werden, wenn die 15 Jahre alten Handlungsanweisungen der Bundestagsenquetekommission 1990 endlich in die Tat umgesetzt werden. Das bedeutet aber, sich gegen die geballte Lobby der Automobilindustrie, der Strom- und Gasversorger und der großen Baufirmen durchzusetzen und stattdessen die Wertschöpfung im eigenen Lande durch Förderung von Handwerk, Solarindustrie, Maschinenbau und Land- und Forstwirtschaft auszubauen.

Nachdem sich Bundeskanzler Schröder bei den Klimakonferenzen in Johannnesburg und Bonn als erfolgreicher Klimaschützer in Szene gesetzt hat, wird die Welt Deutschland besonders scharf beäugen, ob sie ihre Hausaufgaben auch wirklich macht. Eine neue große Exportbranche wäre der Lohn.



Forderungen des Bundes Naturschutz

Bayerische Staatsregierung und Bundesregierung werden aufgefordert, die 15 Jahre alten Pläne zum Abbau der Energieverschwendung endlich in die Tat umzusetzen und die Tür zu einer nachhaltigen Energieversorgung aufzustoßen.

Energieversorger, Beton- und Atomobilindustrie dürfen bei diesen Maßnahmen nicht wie bisher verschont werden.

Mit dem Wärmeschutz im Gebäudebestand, der älter als 25 Jahre ist, dem Bau gewinnbringender Blockheizkraftwerke und der vorbildlichen energetischen Sanierung öffentlicher Gebäude kann sofort begonnen werden.

Alle relevanten Gesellschaftsgruppen müssen informiert und beteiligt werden. Klare Zielvorgaben können den Wandel von der zentralen, verschwenderischen Energieversorgung zu einer dezentralen, auf Effizienz und Erneuerbaren Energien aufbauenden Struktur einleiten.


gez. Prof. Dr. Hubert Weiger
Landesvorsitzender des Bundes Naturschutz in Bayern e.V.

gez. Prof. Dr. Günter Witzsch, Mitglied des Bund Naturschutzbeirates

gez. Dr. Ludwig Trautmann-Popp, Energiereferent des Bundes Naturschutz in Bayern e.V.