Frühlingserwachen im Steigerwald
Im Rahmen einer Pressefahrt im Nordteil des diskutierten Nationalparks Stei-gerwald fordert der Bund Naturschutz in Bayern (BN) die immense Artenviel-falt naturnaher und vor allem unbewirtschafteter Wälder in Bayern besser zu schützen. „Wir appellieren an die Bayerische Staatsregierung im Nordstei-gerwald einen Teil des Waldnaturerbes Frankens durch einen Nationalpark dauerhaft zu schützen“ so Hubert Weiger, Vorsitzender des BN. Die Bundes-kanzlerin Merkel setzt sich weltweit für einen besseren Schutz der Wälder und der Artenvielfalt ein und will auch im Rahmen der Nationalen Biodiversi-tätsstrategie 10 % der öffentlichen Wälder einer natürlichen Entwicklung überlassen. Andere Bundesländer nehmen diese Ziele Ernst und wollen ihre Buchenwälder sogar als Weltnaturerbe schützen lassen. Das Bundesland Thüringen will 5 % seiner Wälder einer natürlichen Entwicklung überlassen. Das größte Bundesland Bayern mit der größten Buchenwaldfläche entzieht sich bislang dieser Verantwortung, weil sich die Bayerische Staatsregierung diesen Zielen verweigert. Bayern droht damit das Schlusslicht der Bundes-länder beim Schutz der Laubwälder und ihrer Artenvielfalt zu werden.
Deutschland und Bayern in der Pflicht
Etwa 25 % des weltweiten Verbreitungsgebietes der Baumart Buche liegt in Deutschland, die Buche bedeckte einst zwei Drittel der Landesfläche. Heute ist sie nur noch auf 4,8 % vertreten. Im Wald wurde sie vor allem durch die intensive Na-delholz-Plantagenwirtschaft verdrängt. Damit tragen Deutschland und das Flächen-land Bayern auf nationaler, europäischer und globaler Ebene besondere Verantwor-tung für den Erhalt und die naturschutzgerechte Entwicklung von Buchenwäldern.
„Wenn es die Bayerische Staatsregierung Ernst meint mit mehr Artenschutz, dann müssen auch in Bayern die internationalen Vorgaben wie das Washingtoner Arten-schutzübereinkommen, die Rio-Biodiversitätskonvention und die Nationale Biodiver-sitätsstrategie umgesetzt werden“, so der Landesvorsitzende des BN Hubert Wei-ger. Doch beim Artenschutz im Wald klaffen aber gerade in Bayern Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander. Von den von der Bundesregierung angestrebten 10 Prozent des öffentlichen Waldes mit natürlicher Entwicklung sind im Bayerns Staatswald gerade einmal ca. 2 Prozent erreicht. Der BN fordert deshalb die Baye-rische Staatsregierung auf, diese Ziele der Nationalen Biodiversitätsstrategie auch in die eigene Biodiversitätsstrategie zu übernehmen und mit Sachinformationen zum Nationalpark für einen fairen Dialog in der Region zu sorgen.
Immense Artenvielfalt in unbewirtschafteten Buchen-Naturwaldreservaten
Die seit Jahrzehnten nicht mehr bewirtschafteten Buchen-Naturwaldreservate im Steigerwald zeigen einen immensen Artenreichtum der für alte Laubwälder typi-schen Arten. In einem Reservat wurden allein auf einer Fläche von 10 Hektar über 1.300 Arten festgestellt, darunter über 400 Großpilzarten und etwa 350 Nacht-schmetterlingsarten. Für zwei weitere Waldgebiete wird schon seit Jahrzehnten diskutiert sie als kleinflächige Naturwaldreservat zu schützen und ihrer natürlichen Entwicklung zu überlassen. Der BN fordert die Bayerische Staatsregierung deshalb auf, im Internationalen Jahr der Artenvielfalt das Zaudern zu beenden und den Dis-kussionen nun auch Taten folgen zu lassen. Die Buchenmischwälder im Steiger-wald müssen durch ein großflächiges Schutzgebiet wie einen Nationalpark dauer-haft geschützt werden. Ein Nationalpark bietet zudem die besten Voraussetzungen für eine Bewerbung als Weltnaturerbe.
Forstwirtschaft kann allein umfassenden Schutz der Artenvielfalt nicht leisten
Forstwirtschaft kann allein einen umfassenden Schutz der Artenvielfalt nicht leisten, sondern dazu sind Totalschutzgebiete erforderlich. Die Forstwirtschaft nutzt den Rohstoff Holz, was vom Naturschutz auch generell akzeptiert wird. Die Holznutzung bedeutet aber zwangläufig, dass alte Wälder mit ihren Alters- und Zerfalls¬prozessen, die so wichtig für den Erhalt der natürlichen biologischen Vielfalt sind, nicht entstehen können. Die Buchen werden z.B. schon ab einem Alter von 120 – 140 Jahren geerntet, obwohl sie bis zu 400 Jahre alt werden können. Sie erreichen damit im Wirtschaftswald gerade einmal 1/3 ihrer natürlichen Lebensspanne. Im aufgeräumten Forst sind alte Bäume über 200 Jahre und Biotopbäume selten. Da-mit fehlen wichtige Nahrungs- und Brutmöglichkeiten für zahlreiche Vogelarten, holzzersetzende Pilze und holzbewohnende Käferarten.
Deutschlandweit sind nur ca. 41.500 Hektar der Buchenwälder von forstlichen Engriffen verschont, was etwa 2,5 % der Buchenwaldfläche entspricht. Sie stehen vor allem in Kernzonen von Nationalparken, in Naturwaldreservaten und in Kernzo-nen von Biosphärenreservaten. Selbst in Naturschutzgebieten und Natura 2000-Gebieten ist eine herkömmliche Holznutzung zulässig.
Steigerwald erfüllt als Nationalpark Voraussetzungen für Weltnaturerbe
Nach Ansicht des BN hat der Steigerwald gute Chancen für eine Bewerbung als Weltnaturerbe, wenn er zuvor als Nationalpark dauerhaft geschützt wird. Eine Machbarkeitsstudie für deutsche Buchenwälder im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz belegt, dass die Buchenwälder im Steigerwald dann die Voraussetzun-gen für eine erfolgreiche Nominierung als Weltnaturerbestätte erfüllen würden. Al-lerdings sind die Auflagen für eine erfolgreiche Bewerbung hoch: entscheidend sind die außergewöhnliche universelle Bedeutung, die relative Unversehrtheit und ein ausreichender Schutz- und Verwaltungsplan, der den Erhalt der Welterbestätte si-cherstellt. Die heutigen Gegebenheiten genügen diesen Anforderungen nicht.
Unterschriften-Sammlung für Nationalpark Steigerwald
Um die Bayerische Staatsregierung zum Handeln zu bewegen, führt der BN eine Internetkampagne für den Nationalpark Steigerwald durch: Auf der Internetseite www.ja-zum-nationalpark-steigerwald.de kann man online unterschreiben. Dabei soll die Bayerische Staatsregierung mit „11 000 Unterschriften für 11 000 Hektar Nationalpark Steigerwald“, zum Handeln bewegt werden.
Dr. Ralf Straußberger
BN Waldreferent
0171 / 738 17 24