Für Bauern und die Umwelt: mehr Mut statt leerer Worthülsen!
Die Direktzahlungsprämie wurde bisher vor allem nach Größe der bewirtschafteten Fläche ausgezahlt. Stattdessen müssen jährlich steigende Anteile der bisherigen Prämie ökologisch qualifiziert werden. „Wir fordern Ministerpräsidenten Markus Söder und die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber auf, endlich mehr „Agrarökologie statt Agrarkapitalismus“ zu wagen," so Richard Mergner. „Söder und Kaniber dürfen jetzt nicht noch hinter den Kompromiss zwischen europäischer Volkspartei unter Leitung des CSU-Abgeordneten Manfred Weber und der SVP-Fraktion mit der SPD-Abgeordneten Maria Noichl zurückfallen. Wenn CDU-Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner ihren wachsweichen Vorschlag, der bislang von der CSU unterstützt wird, als „Systemwechsel“ bezeichnet, ist dies grobe Irreführung“, so Mergner weiter.
In der europäischen und nationalen Agrarpolitik müssten außerdem faire Marktpartnerschaften zwischen Erzeugern und Verarbeitungs- und Handelsunternehmen ausgehandelt werden. „Solange die Tierhaltung von Importfuttermitteln abhängig bleibt, Fleisch für den Export produziert wird und die großen Schlachtunternehmen unter Umgehung von Tariflohnzahlungen ihre Gewinne erwirtschaften können, kann von einem Systemwechsel keine Rede sein“, so Stephan Kreppold, Sprecher des BN Arbeitskreis Landwirtschaft, und weiter: „Jetzt geht es darum, wenigstens auf nationalen Ebene die vorhandenen Spielräume zu nutzen und klare Leitplanken zu setzen, wie Landwirte künftig für Ihre Leistungen für nachvollziehbaren Klimaschutz, Tierwohl und Umweltleistungen bezahlt werden können.“
Betriebswirtschaftliche Denke mit Umweltschutz zusammenbringen
Dafür müssen jährlich steigende Anteile der Direktzahlungsprämie ökologisch qualifiziert werden.Dies kann am besten mit einem Punktemodell für Gemeinwohlleistungen im Rahmen der neuen Eco-Schemes (Öko-Regelungen) in der ersten Säule umgesetzt werden, wie es auch der Deutsche Verband für Landschaftspflege (DVL) und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) vorgerechnet haben. Das Thünen Institut des BMEL hat die Sinnhaftigkeit und Machbarkeit des Systems bestätigt.
Dr. Jürgen Metzner; Geschäftsführer des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege, erläutert, „dass mit dem Ansatz der Gemeinwohlprämie die betriebswirtschaftliche Denkweise von Landwirten mit mehr Umweltschutz, also der Einkommens- und Umweltsicherung, zusammengebracht werden Die Landwirtschaft der Zukunft muss mit Gemeinwohlleistungen Geld verdienen können. Das ist der wahre Systemwechsel, den wir brauchen und für den wir dieses Konzept einer Gemeinwohlprämie bundesweit entwickelt haben. Der Einstieg kann und muss daher jetzt erfolgen, damit Bauern und Artenvielfalt schon in der nächsten Förderperiode überall in Deutschland gleichermaßen davon profitieren können.“
Josef Schmid, AbL-Vorsitzender aus dem Landkreis Landshut: „Die Zuwendung erfolgt im Punktemodell differenziert nach der Art der Bewirtschaftung und der daraus resultierenden Gemeinwohlleistungen. Das Punktesystem bietet die Chance, dass wir Bäuerinnen und Bauern selbst auswählen können, welche Umweltleistungen wir erfüllen wollen und dafür auch entsprechend bezahlt werden. Damit wären wir nicht länger Subventionsempfänger, sondern Dienstleister der Gesellschaft und könnten die Fördergelder gegenüber den Steuerzahlern auch in Zukunft besser rechtfertigen.“
EU-Reformvorschläge sind für Ziele im UMwelt- und Klimaschutz nicht geeignet
„Wortspielereien und Übernahme von Begrifflichkeiten führen uns nicht weiter“, betont auch Lutz Ribbe, Mitglied im europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (WSA). Er wies darauf hin, „dass die EU Kommission ein „gefährliches Spiel spiele“, wenn zwar Begrifflichkeiten übernommen, aber nicht mit Maßnahmen unterlegt würden. Verbal liegen die Begriffe „Gemeinwohlprämie“, die die Verbände fordern, und „Einkommensgrundstützung für Nachhaltigkeit“, wie die Kommission die pauschalen Hektarprämien zukünftig nennt, nicht viel auseinander. Inhaltlich allerdings liegen dazwischen Welten. „Wir begrüßen deshalb sehr, dass das Europäische Parlament sich beispielsweise dagegen positioniert hat, dass 40 Prozent aller Flächenprämien automatisch als „positiv für den Klimaschutz“ gewertet werden, egal wie die Produktion auf den Flächen aussieht. Notwendig sei vielmehr die Festlegung von konkreten Maßnahmen“, so Ribbe.
Der EU Rechnungshof hat festgestellt, dass die vorliegenden Reformvorschläge nicht geeignet sind, die EU Ziele im Bereich Umwelt- und Klimaschutz zu erreichen, und auch die ungerechte Verteilung der Mittel würde nicht aufgehoben. Es sei nach wie vor möglich, zielführende klimawirksame Maßnahmen, die für Landwirte auch einkommenswirksam sind, im Rahmen der laufenden Verhandlungen in Brüssel einzuführen. „Solange die Trilogverhandlungen in Brüssel nicht abgeschlossen sind, können nationale Festlegungen nicht rechtlich verbindlich werden. Klöckner`s jetziges Vorpreschen hat keine europäische Rechtsgrundlage und macht deutlich, was die Bundesregierung von demokratischen Prozessen in Brüssel hält, nämlich nicht viel“, so Ribbe.
Tierwohl-Abgabe auf Handel, Verarbeitung und Verbraucher verteilen
Richard Mergner betont, dass die Agrarmilliarden, die nach Deutschland und Bayern fließen, keineswegs ausreichen, um auch den notwendigen Umbau der Tierhaltung voranzubringen. „Die von der Borchert-Kommission vorgeschlagene Tierwohlabgabe muss gleichermaßen vom Handel, den Verarbeitungsunternehmen und den Verbrauchern getragen werden. Flankiert werden muss der Umbau hin zu einer artgerechteren Tierhaltung durch eine Flächenbindung und regionale artspezifische Fütterung. Außerdem ist es dringend erforderlich, ein Marktgleichgewicht zwischen Erzeugern, Verarbeitung und Handel herzustellen. Unternehmerische Freiheit darf nicht mit unlauterem Geschäftsgebaren verwechselt werden, auf Kosten der Existenz von bäuerlichen Betrieben und bezahlt durch mangelhaften Umwelt- und Klimaschutz sowie dem Verlust der Artenvielfalt.“ Der BUND Naturschutz hat sich dafür ausgesprochen, die Einnahmen aus einer mengenbezogen umgesetzten Tierwohlabgabe zweckgebunden für Investitionskosten und erhöhte Arbeitsleistungen der Betriebe für extensive tierwohlgerechtere Haltung zu sichern.