Gassenwiesen - Perle der Rhön
Zu den besonderen Kostbarkeiten der Rhön zählen die „Gassenwiesen“ nordwestlich von Ginolfs am Südhang der Langen Rhön.
Sie dienen nicht nur als Nahrungsgrundlage für die Rhönschafherde des Bundes Naturschutz (BN), sondern beherbergen auch eine Vielzahl seltener Pflanzen und Tierarten.
Schon 1985 wurde dieser 32 ha große Wiesenkomplex vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) durch Ankauf gesichert.
Zum 25jährigen Jubiläum des Rhönschafprojektes hat der Bund Naturschutz eine großformatige Tafel mit Bildern und Texten anfertigen lassen, die v. a. interessierte Wanderer und Naturfreunde über die besondere Bedeutung der Gassenwiesen informieren soll.
Ankauf sichert das „Grüne Netz“ Bayerns
Über 2000 Hektar wertvollster Biotopflächen in Bayern befinden sich in Eigentum oder Pacht des Bund Naturschutz (BN) – wahre Kleinode bayerischer Natur- und Kulturlandschaft als Arche Noah für gefährdete Tier- und Pflanzenarten. Die BN-Grundstücke werden seit 2003 – dem 90 jährigen Bestehen des BN - landesweit markiert und wichtige Gebiete mit Informationstafeln versehen.
Der Ankauf wertvoller bzw. bedrohter Biotopflächen ist für den BN die effektivste Methode, Lebensräume für seltene Arten auf Dauer in ihrem Bestand zu sichern und ermöglicht ebenso die Durchführung umfassender Pflege – und Optimierungsmaßnahmen.
So leistet der BN mit seinen Kreis- und Ortsgruppen einen entscheidenden Beitrag zur Sicherung unverzichtbarer Trittsteine für den landesweiten Biotopverbund und wichtiger Verknüpfungspunkte im „Grünen Netz“ unserer bayerischen Heimat.
Gassenwiesen – Perle der Rhön
Vor allem im Frühsommer begeistern sich viele Wanderer und Naturfreunde an den blühenden und duftenden Bergwiesen der Rhön.
Ihre Bewirtschaftung ist oft sehr mühsam und zahlt sich kaum mehr aus, zumal selbst das aromatisch duftende Heu nur selten einen Abnehmer findet.
Grund genug für den BUND, schon 1985 die 32 ha großen Gassenwiesen – ein mosaikartig strukturiertes Weidegebiet – am Südhang der Langen Rhön mit Hilfe des Bezirks Unterfranken durch Ankauf zu sichern.
Die Gassenweisen liegen nordwestlich der Ortschaft Ginolfs in 530 und 750 m Höhe. Direkt oberhalb schließt das 2.000 ha große Naturschutzgebiet Lange Rhön an.
Mit Hilfe der Isler-Stiftung (Berlin) konnte der Bund Naturschutz in Bayern 1986 auf Initiative von Prof. Gerhard Kneitz einen Restbestand der aussterbenden Rhönschafrasse übernehmen und einen Schafstall am Ortsrand von Ginolfs errichten. Die Gassenwiesen mit Hecken, Feuchtgebieten, Brach-, Weide-, und Mahdflächen dienen seit dieser Zeit der von Josef Kolb und seiner Familie betreuten Schafherde als Weidegebiet. Seit 1991 erfolgt die Bewirtschaftung nach einem von Sabine Mayer-Schlund erstellten Pflege- und Entwicklungsplan,
Die Flächen östlich der Kreisstraße werden durch die Schafe dreimal im Jahr beweidet.
Die Bereiche im Süden bzw. jene westlich der Straße unterliegen einer einmal im Jahr (ab Anfang Juli) durchgeführten Mahd mit einer Nachbeweidung ab Anfang September.
Kleine, schlechter zugängliche Flächen werden nicht beweidet, werden sich also selbst überlassen oder ausschließlich nachbeweidet.
Der Bund Naturschutz in Bayern hat so ein Naturschutzkonzept entwickelt, mit dem die Erhaltung der alten Haustierrasse und die Pflege einer alten Kulturlandschaft mit der Sicherung eines kleinbäuerlichen Familienbetriebs erfolgreich verbunden werden.
Tier- und Pflanzenwelt
Die gezielte und fachgerechte Beweidung und Mahd der Gassenwiesen stellt sicher, dass auf den kleinräumigen Vegetationsmosaik der Gassenwiesen eine Vielzahl seltener Tier- und Pflanzenarten optimale Lebensbedingungen vorfindet.
Vegetationskundliche Untersuchungen des Diplombiologen Friedhelm Haun haben 1990 386 verschiedene Blütenpflanzenarten nachgewiesen – darunter viele gefährdete Arten, wie Gelber und Blauer Eisenhut, Türkenbund, Akelei und Seidelbast, Rhöndistel, Trollblume, Wundersegge, Purpurreitgras, Moorklee und Quellkraut. Zu beobachten sind aber auch viele seltene Vogelarten, darunter Neuntöter, Wiesenpieper, Bekassine und die Milane. Besonders attraktive Vertreter der Insektenvielfalt sind v. a. Schmetterlinge wie Trauermantel, Eisvogel, Schwarzblauer Moorbläuling, Feuer- und Dukatenfalter. Auffällig sind aber auch die zahlreichen Käferarten, besonders die großen Laufkäfer und unter den Heuschrecken die Pyrenäen-Plumpschrecke.
Aktueller Zustand
2008 hat Sebastian Arnold von der Universität Oldenburg in einer Diplomarbeit den aktuellen Zustand der Grünlandvegetation der Gassenwiesen erneut beschrieben mit dem Ziel, die „Entwicklungen naturschutzfachlicher Szenarien auf der Grundlage ausgewählter Graslandarten darzustellen. Seine Untersuchungen zeigen, dass der große Artenreichtum auf den Gassenwiesen sich kaum verändert hat. Auffällig ist jedoch „das verstärkte Eindringen typischer Stickstoffanzeiger in genutzten Glatthaferbeständen, sowie der Rückgang von Arten des mageren Grünlandes.“
So erweist sich die Erhaltung einer alten Kulturlandschaft mit bedrohter Haustierrasse auch als aussagekräftiges Anzeigerprojekt für den Zustand unserer Kulturlandschaft.
gez. Prof. Gerhard Kneitz (BUND)
gez. Helmut Schultheiß (BN-Regionalreferent)