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Geplante Staatsstraße 2240 Südumfahrung Buckenhof-Uttenreuth-Weiher bei Erlangen

Paradebeispiel für Doppelzüngigkeit der Staatsregierung beim Klima- und Naturschutz

21.02.2007

Als Paradebeispiel für Doppelzüngigkeit der Staatsregierung beim Klima-, Flächen- und Naturschutz kritisiert der Bund Naturschutz eines der umstrittensten Straßenbauprojekte in Nordbayern, die geplante Ortsumfahrung der Staatsstraße 2240 Buckenhof-Uttenreuth-Weiher im Osten Erlangens. Zu Beginn der Auslegung der Planungsunterlagen am 19. Februar ruft Doris Tropper, stellvertretende Landesvorsitzende des Bundes Naturschutz und BN-Kreisvorsitzende von Erlangen die Bevölkerung auf, sich schützend vor ihr Naherholungsgebiet im Sebalder Reichswald zu stellen. „Die Planung ist ein Anschlag auf den Klimaschutz und widerspricht allen gesetzlichen Vorgaben zum Erhalt von Natur und der Förderung des öffentlichen Verkehrs“ so der BN-Landesvorsitzende Hubert Weiger. Von Staatsminister Dr. Günther Beckstein, der in  Bayern für den Straßenbau zuständig ist, fordert der Bund Naturschutz den Verzicht auf diese „naturzerstörende Fehlinvestition“.

 

Widerstand gegen Dinosaurierplanung seit 30 Jahren

 

Seit über dreißig Jahren kämpft der Bund Naturschutz zusammen mit Anwohnern, Kommunen und einer Bürgerinitative (BUMIS) bei Demonstrationen, Protestveranstaltungen, Bürgerversammlungen, Unterschriftenaktionen und zuletzt in einer umfangreichen fachlichen Stellungnahme gegen die geplante ortsnahe Südumfahrung von Buckenhof-Weiher-Uttenreuth auf fünf Kilometer Länge durch den Sebalder Reichswald. 100.000 Quadratmeter Bannwald müssten gerodet werden. Die Stadt Erlangen ebenso wie die Gemeinde Buckenhof lehnen diesen Straßenneubau entschieden ab.

Als moderne Alternative schlägt der Bund Naturschutz eine Stadt-Umland-Bahn (StUB) vor, welche die Verkehrsprobleme tatsächlich lösen würde, anstatt die Autolawine in den Ballungsraum weiter anschwellen zu lassen. „Die massiven Eingriffe in einen nach Europarecht geschützten Waldlebensraum und die Gefährdung unseres hochwertigen Erlanger Trinkwassers wären völlig unverantwortlich“ so Tropper.

 

Bevorzugung des Straßenbaues - vorzeitiges Ausscheiden der Stadt-Umland-Bahn – im Widerspruch zum Regionalplan

 

Seit über zehn Jahren bestehen Forderungen und Pläne für eine Stadt-Umland-Bahn. Die Landkreise Erlangen-Höchstadt und Forchheim hatten im März 1995 gemeinsam mit der Stadt Erlangen eine Machbarkeitsstudie vorgelegt. Danach hätte eine moderne Straßenbahn endlich auch in der Siemens-Stadt Erlangen einen Aufschwung erleben können. Die bayerische Staatsregierung und die Regierung von Mittelfranken blockieren jedoch diese umweltfreundliche Verkehrslösung. Trotz eines sehr guten Nutzen-Kostenfaktor von 1,48 fand der gestellte Antrag auf Gemeindeverkehrsfinanzierung bei der Regierung von Mittelfranken keine Unterstützung. In der landesplanerischen Beurteilung schied die Stadt-Umland-Bahn bei der Abwägung der Regierung zugunsten des Straßenneubaues aus, weil angeblich erst eine Umfahrung gebaut werden müsse, damit eine spätere Realisierung der Stadt-Umland-Bahn möglich würde. Klar ist aber, dass auf diese Weise eine StUB nie kommt. Denn die Südumfahrung stellt eine eindeutige Konkurrenz dar, die StUB könnte nicht wirtschaftlich betrieben werden. Zudem bindet der Straßenneubau enorme Geldmittel, die dann fehlen.

 

 

Tatsächlich wird im Regionalplan der Industrieregion Mittelfranken der Vorrang des ÖPNV gefordert. Dort heißt es: „Dem öffentlichen Personennahverkehr soll bei der weiteren Ausgestaltung der Verkehrsverhältnisse im großen Verdichtungsraum Nürnberg/Fürth/Erlangen der Vorrang vor dem Individualverkehr eingeräumt werden.“ (RP 7 B IX 2.1). Und weiter: „Zur Verbesserung der Nahverkehrssituation im Mittelbereich Erlangen soll auf die Errichtung einer Stadt-Umland-Bahn hingewirkt werden. (RP 7 B IX 2.8)

 

Der Regionalplan wurde von der Regierung von Mittelfranken bei seiner Aufstellung nicht nur fachlich, sondern auch hinsichtlich der Übereinstimmung mit gesetzlichen und landesplanerischen Belangen geprüft und für gut befunden. Er ist sowohl für die Städte und Gemeinden in der Industrieregion wie für die Regierung bindend.

 

Keine Entlastung der BürgerInnen an der bestehenden Staatsstraße

 

Eine spürbare Entlastung für die BürgerInnen an der bestehenden Staatsstraße 2240 könnte nach Aussagen des Bayerischen Landesamtes für Umweltschutzes nur erreicht werden, wenn 90% des heutigen Autoverkehrs auf eine Ortsumfahrung umgelenkt würden. „Zur Lärmminderung in den derzeitigen Ortsdurchfahrten stellt das LfU fest, dass eine tiefgreifende Verbesserung der Lärmsituation durch Schaffung einer Umgehungsstraße nicht möglich sei. (Eine etwa als Halbierung empfundene Senkung des Mittelungspegels um 10 dB(A) würde erst bei einer Reduktion der Verkehrsmenge um 90% eintreten.“ (ROV-Unterlagen S. 23).

 

Nach den Planfeststellungsunterlagen ist für Buckenhof nur eine „Entlastung“ vom Durchgangsverkehr um lediglich 52 % möglich. Der BN geht davon aus, dass diese Entlastung noch zu hoch angesetzt ist, da nach einer Studie der Bürgerinitiative „Umweltverträgliche Mobilität im Schwabachtal“ vom 17.07.1996 nur 36% echter Durchgangsverkehr festgestellt wurde. Nur dieser Anteil wäre verlagerbar. Zudem werden zahlreiche Pendler weiter auf der jetzigen Staatsstraße fahren, da z.B. Uttenreuth eine Auffahrt auf die Südumfahrung abgelehnt hat. Wenn also nicht einmal nach den offiziellen Prognosen eine spürbare Entlastung für die BürgerInnen an der bestehenden Staatsstraße zu erwarten ist, fällt die zentrale Begründung für den Bau der Ortsumfahrung weg.

 

Es sei denn die Straße wäre als großräumige Entlastung des Nürnberger Kreuzes gedacht. Insbesondere der von der Regierung geplante großzügige Neubau derselben Staatsstraße weiter östlich zwischen Forth und Schnaittach an der A9 weist auf die Schaffung einer Abkürzung zwischen A9 und A73 (bzw. A3) hin. Dann käme es zur massiven Neuverlärmung zahlreicher Gebiete, v.a. bisher ruhiger Wohngebiete in der Stadt Erlangen, die eine weitere Stadtautobahn erhielte. Damit wäre die offizielle Begründung „Entlastung der BürgerInnen von Lärm“ nur vorgeschoben, um den Neubau durchsetzen zu können.

 

Massive Eingriffe in den Sebalder Reichswald

 

Der Bannwald ist als Ganzes nach der geltenden Bannwaldverordnung „Sebalder Reichswald“ auf Grundlage des § 11 Bay. Waldgesetz geschützt. Im nordbayerischen Ballungsgebiet ist der Schutz des Waldes als Sauerstoffproduzent, für die Trinkwassergewinnung, die Erholung und den Naturschutz unumstritten. Mit der Genehmigung auch rand-licher Eingriffe würde ein Präzedenzfall für die Aufweichung des Bannwaldschutzes geschaffen, da zahlreiche Gemeinden am Reichswaldrand nur darauf warten, Wohn- und Gewerbegebiete im Wald ausweisen zu können. Der Reichswald stellt heute den lufthygienisch wichtigsten Filter im Luftbelastungsgebiet Nürnberg-Fürth-Erlangen dar. Weitere Beeinträchtigungen dieser für die Menschen lebenswichtigen Funktion sind nicht mehr akzeptabel.

 

Die geplante Trasse würde zu einer deutlichen Verlärmung wichtiger Erholungsbereiche führen. Die als Maßgabe der Regierung vorgesehenen Lärmschutzeinrichtungen im Wald sind nicht geeignet, den Eingriff zu verringern, sondern zerstören die zur Erholung nötige Landschaft zusätzlich. Zudem würde die Straße auf einem 2,80 m hohen Damm geführt werden, der neben der Verlärmung auch einen eklatanten Zerschneidungseffekt bringen würde. Der freie Zugang zum Wald wäre für Erholungssuchende nicht mehr möglich. Es gäbe nur noch sechs Übergänge auf einer Strecke von 5,4 km Länge. Viele müssten zum Teil große Unwege in Kauf nehmen, um den Wald zu erreichen.

 

EU-Vogelschutzgebiet und FFH-Flächen

Seit langem hat der BN gefordert, den kompletten Reichswald als europäisches Vogelschutzgebeit zu schützen. Erst im Sommer 2000 wurde das Waldgebiet vom Freistaat nach Brüssel gemeldet. Allerdings wurde die Fläche rechtswidrig verkleinert, um die Trasse im Bereich von Buckenhof hindurchlegen zu können. Nach einer Beschwerde durch die Gemeidne Buckenhof bei der EU musste der Freistaat das fragliche Gebiet nachmelden. Mit der geplantenTrasse würde ein erheblicher Eingriff in das europäische Schutzgebiet Natura 2000, den Reichswald, und die dort nachgewiesenen gefährdeten Tier- und Pflanzenarten durchgeführt.

 

In den Unterlagen zum Planfeststellungsverfahren wird dargestellt, dass 85 der geschützten Arten durch das Vorhaben betroffen sein könnten, darunter Vogelarten wie der Schwarzspecht und die Heidelerche. Um dennoch weiterplanen zu können, wurde der Eingriff als "nicht erheblich" klassifiziert. Die Regierung will offenbar mit Ausnahmegenehmigungen nach den europäischen Richtlinien hantieren, die das strenge Verschlechterungsverbot aushebeln sollen. Diese beziehen sich auf  "Volksgesundheit" und "Öffentliche Sicherheit". Weil sie aber nur greifen, wenn es keine Alternative zum geplanten Eingriff gibt (was hier mit der Stadt-Umland-Bahn und Trassenalternativen der Fall ist) dürfte die Planung rechtlich nicht standhalten.

Gefährdung der Erlanger Trinkwasserversorgung

 

Mit der geplanten Trasse würde das beste Erlanger Trinkwasserschutzgebiet im Sebalder Reichswald unmittelbar gefährdet. Nur durch die Vermischung des hier gewonnenen, besonders sauberen Wassers mit dem anderer Herkünfte kann die Stadt die Grenzwerte problemlos einhalten. Der BN fordert, dass der im Landesentwicklungsprogramm und im Regionalplan festgeschriebene Vorrang des Grund- und Trinkwasserschutzes (LEP B XII 3.1.1 und RP BXI 1.2) auch in Erlangen umgesetzt wird und den Straßenbau zugunsten der Trinkwassersicherheit der Großstadt Erlangen zu unterlassen.