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Geplanter Steinbruch bei Rothenstein

Schotter- und Steinwerke Weissenburg GmbH&CoKG will vor gerichtlicher Klärung Fakten schaffen - BN reagiert mit Eilantrag und will Stopp der Arbeiten erreichen

20.07.2010

Nachdem der Bund Naturschutz gegen den vom Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen im März 2010 genehmigten Gesteinsabbau der Fa. Schotter- und Steinwerk Weißenburg GMBH&Co.KG im Wald am Hohlbeerbuck bei Rothenstein Klage beim Verwaltungsgericht Ansbach eingelegt hat, reagierte der Steinbruchkonzern bereits Anfang Mai mit einem Antrag auf Sofortvollzug, wie dem BN erst vor Kurzem durch einen Bescheid des Landratsamtes bekannt wurde.

 

Das Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen hat diesen Bescheid am 29.06.10 offenbar noch vor einer intensiveren Einsicht in die Klagebegründung des BN gegen die Steinbruchgenehmigung erlassen und damit den Sofortvollzug angeordnet.

 

"Leider betätigt sich das Landratsamt als Erfüllungsgehilfe der Steinbruchindustrie. Man hätte ja wenigstens abwarten können, bis man die Gegenargumente auf dem Tisch und intensiv geprüft hat. Da ist man aber offenbar uneinsichtig und meint, den einmal gefassten Beschluss zur Steinbruchgenehmigung nicht überdenken zu müssen", so Richard Mergner, Landesbeauftragter des BN. "Man wird sehen, ob das Verwaltungsgericht dem so folgen will."

 

"Der Bund Naturschutz musste gegen den Sofortvollzug zügig Eilantrag einreichen, damit nicht bereits Fakten geschaffen werden, bevor das Ansbacher Gericht über die Rechtmäßigkeit der Steinbruchgenehmigung entschieden hat", erklärt Tom Konopka, Regionalreferent des BN für Mittelfranken das Vorgehen.

 

"In den letzten Tagen haben offenbar bereits erste Baumfällungen stattgefunden, auf großen Holzpoltern lagern frisch geschnittene Buchenstämme. Dass die Firma mitten in der Vogelbrutzeit anfangen würde, hätten wir nicht gedacht, nach dem Genehmigungsbescheid dürfen Rodungen nur in den Wintermonaten stattfinden. Die Firma SSW ist allerdings schon mehrfach durch die Nichteinhaltung von Auflagen aufgefallen. Wir sind trotz allem zuversichtlich, dass wir diese Eingriffe zunächst stoppen können," so Erhard Bendig, Vorsitzender der Kreisgruppe Weißenburg-Gunzenhausen. "Für das Klageverfahren und zum Schutz des Suffersheimer Trinkwassers bitten wir aber dringend um Spenden auf das Konto 9300 000 050 bei der Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 700 205 00, Stichwort: „Steinbruch Rothenstein“.

 

Die Klage des Bundes Naturschutz richtet sich vor allem gegen die Genehmigung des Steinabbaus außerhalb der Vorrang-/Vorbehaltsgebiete, mit deren Nutzung nicht nur eine Naturparkschutzzone über Jahrzehnte zerstört, sondern auch noch das letzte Trinkwassereinzugsgebiet des Ortsteils von Weißenburg, Suffersheim, gefährdet würde. Und es geht um die Existenz des Naturparks Altmühltal.

 

Geplanter Steinbruch am Hohlbeerbuck

Die Firma Schotter- und Steinwerk Weißenburg GMBH & Co. KG plant am Hohlbeerbuck, einem Berg zwischen Neudorf und Rothenstein, beides Ortsteile der Stadt Pappenheim, einen Steinbruch zur Gewinnung von Marmor und Kalkstein.

 

Auf dem Hohlbeerbuch stockt heute mit Ausnahme eines Steinbruches am Osthang Wald. Im geplanten 30,79 Hektar großen Abbaugebiet wächst 80 - 100-jähriger Buchenwald, randlich in geringerem Ausmaß auch Fichtenwald. Er müsste vollständig gerodet werden.

 

Der Steinbruch soll am Gipfel des Hohlbeerbucks ca. 590 m Länge und 530 m Breite aufweisen. Statt des heute 573 m über NN liegenden Gipfels würde 58 m tief gegraben werden und ein riesiges, kastenförmiges, fast rechteckiges Loch bis auf die Sohle bei 515 m über NN in die Bergkuppe gesprengt werden. Auf drei Seiten des Steinbruches würden gerade Seitenwände mit einer Höhe von 27 - 45 m stehen bleiben. Die Untere Naturschutzbehörde sprach im Verfahren von der "Monotonie der langgezogenen Wände", der Kreisbaumeister von "reißbretthaft linearer" Gestaltung. Auf der vierten, östlichen Seite würde der Steinbruch mit dem bereits bestehenden Bruch der Fa. Stiegler vereinigt.

 

Der Abbau ist nach den Planunterlagen für ca. 20 Jahre vorgesehen, in der Genehmigung ist dieser Zeitraum aber nicht zwingend vorgegeben. Es könnte als auch wesentlich länger dauern.

 

Steinbruch in der Naturpark-Schutzzone

Der geplante Steinbruch liegt zu ca. 20 Hektar im Vorranggebiet MA 15 für Gesteinsabbau des Regionalplans West-Mittelfranken. Hier ist ein Steinbruch seit längerem vorgesehen und weniger strittig.

 

Im Nordwesten des geplanten Abbaugebietes befindet sich die Schutzzone des Naturparkes Altmühltal, die auch als landschaftliches Vorbehaltsgebiet nach dem Regionalplan gelten kann. 8 Hektar davon sollen in den Steinbruch einbezogen werden.

 

Der Ausweisung der Naturpark-Schutzzone wurde hier dem Gesteinsabbau immer Vorzug gegeben, weil die Trinkwasserquellen des Weißenburger Ortsteils Suffersheim unterhalb dieser Bergflanke liegen und möglicherweise gefährdet wären. Insbesondere der ehemalige Weißenburger Oberbürgermeister Reinhard Schwirzer hatte sich dafür immer stark gemacht, auch im aktuellen Verfahren hat die Stadt Weißenburg die Planung massiv kritisiert. Der Kreistag hatte sich aber gegen Proteste des BN in einer Sitzung im Dezember 2009 für die Zulassung des Steinbruches in der Schutzzone ausgesprochen.

 

Drei Hektar des geplanten Steinbruches lägen ganz im Nordwesten im Vorbehaltsgebiet für Gesteinsabbau. Hier ist wie außerhalb von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten üblicherweise ein langwieriges Raumordnungsverfahren nötig, um eine Abbaugenehmigung zu erhalten. Dies befand die Regierung von Mittelfranken aber nicht für nötig.

 

Trinkwasser bedroht

Der bestehende Steinbruch der Fa. Stiegler am Rothenstein liegt auf der östlichen Seite des Berges. Er schneidet bislang nur Grundwasserschichten an, die offenbar nach Südosten laufen.

 

Bei dem nun geplanten Steinbruch würde allerdings über die Bergkuppe hinweg auch der nordwestliche Hang des Hohlbeerbucks angegraben. Dieser liegt in Sichtweite des Ortsteiles Suffersheim, dessen Trinkwasser aus einer Quelle im Schambachtal unterhalb des Hohlbeerbucks gewonnen wird.

 

Selbst das Wasserwirtschaftsamt Ansbach geht davon aus, dass das Grundwasser des Hohlbeerbuckes in Richtung Nordwesten, d.h. Richtung Suffersheim abfließt.

 

Damit bestünde die Gefahr einer Verunreinigung oder des Versiegens der letzten verbliebenen Trinkwasserquelle Suffersheims, nachdem die zweite Quelle am Ort vor einigen Jahren durch einen wesentlich weiter entfernt liegenden Steinbruch der Fa. SSW beeinträchtigt wurde und geschlossen werden musste.

 

Ein Versuch, die mögliche Beeinträchtigung auszuschließen (sog. Tracer--Versuch) erbrachte keine brauchbaren Ergebnisse, wurde aber vom Landratsamt als ausreichend angesehen.

 

Deponie durch die Hintertür

Die Fa. SSW plant im Zuge des Gesteinsabbaues auch die Deponierung von Fremdmaterial, eine lukrative Angelegenheit. Ursprünglich sollten nach ihrem Willen mehrere Millionen Kubikmeter Bodenaushub hier eingelagert werden. Durch Intervention des Wasserwirtschaftsamtes Ansbach wurde die zu deponierende Menge Fremdmaterial auf ca. 390.000 Kubikmeter begrenzt. Ein gesondertes Genehmigungsverfahren für eine Deponie konnte dadurch umgangen werden.

 

Obwohl die Deponierungsgenehmigung ausschließlich unbelastete Böden der Klasse Z-0 vorsieht, ist hier Vorsicht geboten. Am Hohlbeerbuck handelt es sich nicht um eine Tongrube, sondern einen Steinbruch im Karst mit entsprechenden Klüften und Grundwasserleitern. Bei der Ablagerung sind Gefahren deshalb nicht auszuschließen.

 

Enorme Eingriffe in Natur und Landschaft

Die Eingriffe betreffen 30 Hektar Wald, Lebensraum von mindestens 23 Vogelarten, z.B. des europäisch geschützten Schwarzspechtes, potentieller Lebensraum europäisch geschützter Fledermäuse (z.B. Bechsteinfledermaus) und 96 Pflanzenarten, darunter 12 Arten der Roten Liste Bayerns wie die Orchidee Rotes Waldvögelein und vieler anderer schützenswerter Arten.

 

Nach dem Abbau soll in der Grube auf Deponiematerial wieder Wald auf 24 Hektar angepflanzt werden. Die Steilwände sollen für den Uhu als schutzwürdigem Brutvogel des benachbarten Steinbruches weitere Brutmöglichkeiten eröffnen, einige Flächen sollen der Sukzession überlassen bleiben.

 

Weil auch mindestens ein Hektar nach dem bayerischen Naturschutzgesetz geschützter Orchideenbuchenwald gerodet würde, wurde das Landratsamt von der Regierung von Mittelfranken genötigt, ein paar weitere Ausgleichsmaßnahmen vorzusehen. Dabei handelt es sich um ein Fichtendickicht unter Buchen bei Pappenheim, das aufgelichtet werden soll und einen alten Steinbruch nebenan, wo eine nicht ordnungsgemäße Absturzsicherung durch einen Zaun und wenige Auflichtungsmaßnahmen und Sicherungsmaßnahmen für den Uhu geplant sind.

 

Der BN sieht diese Maßnahmen als völlig ungeeignet an. Eine mangelhafte Steinbruchsicherung muss der (ehemalige) Steinbruchbetreiber oder der heutige Grundstücksbesitzer errichten, dafür können keine Ausgleichsmaßnahmen für Eingriffe an anderer Stelle herangezogen werden. Dass eine waldbaulich anstehende Durchforstung sogar als Ausgleich anerkannt werden soll, grenzt an Begünstigung.

 

Sofortvollzug

Der Bescheid des Landratsamtes zur Genehmigung des Gesteinsabbaues datiert vom 04.03.10. Dagegen legte der Bund Naturschutz am 13.04.10 Klage beim Verwaltungsgericht Ansbach ein. Die Klagebegründung wurde dem Gericht am 28.06.10 zugeleitet.

 

Bereits am 06.05.10 beantragte die Firma Schotter- und Steinwerk Weißenburg GMBH&Co.KG den Sofortvollzug, um die aufschiebende Wirkung der BN-Klage wieder aufzuheben. Das Landratsamt ordnete mit Bescheid vom 29.06.10 den Sofortvollzug an, womit theoretisch mit vorbereitenden Arbeiten begonnen werden kann. Die Anordnung des Sofortvollzuges wurde dem BN vom Landratsamt per Einschreiben am 02.07.10 mitgeteilt.

 

Ein Gespräch der Firma SSW hatte auf deren Wunsch hin mit dem BN am 23.06.10 stattgefunden, allerdings ohne Ergebnisse in der Sache. Dem BN war dort erstmals mitgeteilt worden, man werde Antrag auf Sofortvollzug stellen. Dies war allerdings bereits ca. sechs Wochen vorher geschehen.

 

Der Eilantrag gegen den Sofortvollzug reichte der BN am 20.07.10 ein. Das Gericht in Ansbach muss nun relativ bald prüfen, ob der Eilantrag berechtigt ist oder nicht. Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, er sei berechtigt, stellt dies den Abbaustopp wieder her.

 

Der BN begründete den Eilantrag gegen den Sofortvollzug u.a. damit, dass mit den Rodungen für die Vorbereitung des Steinbruches bereits schwere Eingriffe in den Wald und die Lebensräume geschützter Arten erfolgen würden, die nur in sehr langen Zeiträumen, ca. 100 Jahre, rückgängig gemacht werden könnten. Außerdem bestehen nach Erkenntnissen des Landesamtes für Denkmalpflege am Hohlbeerbuck ausgedehnte frühzeitliche Siedlungsstellen, die vor einer Rodung sondiert werden müssten. Bereits die Rodung könnte die Siedlungsspuren irreversibel zerstören. Sollte die Fa. SSW bereits mit Sprengungen im nordwestlichen Bereich des geplanten Steinbruches beginnen, wären irreversible Schädigungen der Suffersheimer Trinkwasserquelle zu befürchten. Dies soll aber erst vom Gericht geprüft werden.

 

für Rückfragen:

Tom Konopka, Regionalreferent für Mittel- und Oberfranken

Tel. 0911/81878-14

Fax 0911/869568,

tom.konopka(at)bund-naturschutz.de