Geplanter Steinbruch bei Rothenstein
Gegen den vom Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen genehmigten Gesteinsabbau der Fa. Schotter- und Steinwerk Weißenburg GMBH&Co.KG im Wald am Hohlbeerbuck bei Rothenstein hat der Bund Naturschutz Klage beim Verwaltungsgericht Ansbach eingelegt.
Die Klage richtet sich vor allem gegen die Genehmigung des Steinabbaus außerhalb der Vorrang-/Vorbehaltsgebiete, mit deren Nutzung nicht nur eine Naturparkschutzzone über Jahrzehnte zerstört, sondern auch noch das letzte Trinkwassereinzugsgebiet einer Gemeinde gefährdet würde. Und es geht um die Existenz des Naturparks Altmühltal.
"Wir haben im fast dreijährigen Planungsverfahren mehrfach auf die Gefahren für das Trinkwasser von Suffersheim und die Beeinträchtigung schutzwürdiger Wälder hingewiesen. Leider hat sich das Landratsamt und auch der Kreistag bei seiner Entscheidung, den riesigen Steinbruch in der Naturparkschutzzone zuzulassen, damit nicht weiter aufgehalten", so Erhard Bendig, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Weißenburg-Gunzenhausen.
Bendig: "Gemeinsam mit dem Landesverband mussten wir Klage einreichen, um die Landschaft, vor allem aber das gute Trinkwasser von Suffersheim zu schützen. Niemand kann sicher ausschließen, dass der geplante Steinbruch das wichtigstes Lebensmittel der Suffersheimer, ihr Trinkwasser, nicht beeinträchtigt. Immerhin hat ein Steinbruch desselben Unternehmens die zweite Suffersheimer Trinkwasserquelle, die Steinriegelquelle, bereits vor Jahren kaputtgemacht. Damals hat derselbe von der Firma beauftragte Gutachter bereits gravierende Fehler gemacht. Das darf sich nicht wiederholen. Wir meinen, die Wasser-Rahmenrichtlinie der EU sollte ernster genommen werden. Sie schreibt einen besseren Schutz des Grundwassers vor."
"Der Bund Naturschutz kämpft seit langem gegen immer größere, immer weiter die Landschaft zerfressende Steinbrüche. Wir haben bereits im Zuge der Regionalplanung auf eine nachhaltigere Nutzung der Ressourcen, zum Beispiel durch Baustoffrecycling gedrängt und gefordert, eher weniger Vorrang- und Vorbehaltsgebiete auszuweisen. Dass der gigantische Steinbruch bei Rothenstein sogar teilweise außerhalb dieser breit abgestimmten Gebiete zugelassen werden soll, noch dazu in der Naturpark-Schutzzone, ist ein Affront für alle Bürgerinnen und Bürger, die sich für Natur- und Landschaftsschutz im Tourismusland Bayern einsetzen", so Tom Konopka, Regionalreferent des BN für Mittelfranken. "Wir bezweifeln, dass es dem Tourismus im Naturpark dient, wenn zehn Stockwerk hohe, schnurgerade Wände ohne jegliche naturnahe Vorsprünge über einen halben Kilometer geplant werden."
"Wir müssen vor Gericht klären, ob diese leichtfertige Genehmigung zulässig ist", so Konopka. "Selbstverständlich werden dabei alle Belange, von der Trinkwassergefährdung über die Beeinträchtigung europäisch geschützter Fledermaus- und Vogelarten bis zu den mangelhaften Ausgleichsmaßnahmen zu prüfen sein. Es ist schon bemerkenswert, dass das Landratsamt Ausgleichsmaßnahmen für die Rodung gesetzlich geschützten Waldes anerkennen will, bei denen der Steinbruchbetreiber SSW den Grafen von und zu Egloffstein notwendige Durchforstungsmaßnahmen in einem Wald des Grafen bei Pappenheim durchführen soll und ihm damit Kosten spart. Die Grafen von und zu Egloffstein waren auch die ehemaligen Grundstückseigentümer am Hohlbeerbuck. Der gesetzlich geforderte Ausgleich ist doch kein Freundschaftsdienst."
Geplanter Steinbruch am Hohlbeerbuck
Die Firma Schotter- und Steinwerk Weißenburg GMBH & Co. KG plant am Hohlbeerbuck, einem Berg zwischen Neudorf und Rothenstein, beides Ortsteile der Stadt Pappenheim, einen Steinbruch zur Gewinnung von Marmor und Kalkstein.
Auf dem Hohlbeerbuch stockt heute mit Ausnahme eines Steinbruches am Osthang Wald. Im geplanten 30,79 Hektar großen Abbaugebiet wächst 80 - 100-jähriger Buchenwald, randlich in geringerem Ausmaß auch Fichtenwald. Er müsste vollständig gerodet werden.
Der Steinbruch soll am Gipfel des Hohlbeerbucks ca. 590 m Länge und 530 m Breite aufweisen. Statt des heute 573 m über NN liegenden Gipfels würde 58 m tief gegraben werden und ein riesiges, kastenförmiges, fast rechteckiges Loch bis auf die Sohle bei 515 m über NN in die Bergkuppe gesprengt werden. Auf drei Seiten des Steinbruches würden gerade Seitenwände mit einer Höhe von 27 - 45 m stehen bleiben. Die Untere Naturschutzbehörde sprach im Verfahren von der "Monotonie der langgezogenen Wände", der Kreisbaumeister von "reißbretthaft linearer" Gestaltung. Auf der vierten, östlichen Seite würde der Steinbruch mit dem bereits bestehenden Bruch der Fa. Stiegler vereinigt.
Der Abbau ist nach den Planunterlagen für ca. 20 Jahre vorgesehen, in der Genehmigung ist dieser Zeitraum aber nicht zwingend vorgegeben. Es könnte als auch wesentlich länger dauern.
Steinbruch in der Naturpark-Schutzzone
Der geplante Steinbruch liegt zu ca. 20 Hektar im Vorranggebiet MA 15 für Gesteinsabbau des Regionalplans West-Mittelfranken. Hier ist ein Steinbruch seit längerem vorgesehen und weniger strittig.
Im Nordwesten des geplanten Abbaugebietes befindet sich die Schutzzone des Naturparkes Altmühltal, die auch als landschaftliches Vorbehaltsgebiet nach dem Regionalplan gelten kann. 8 Hektar davon sollen in den Steinbruch einbezogen werden.
Der Ausweisung der Naturpark-Schutzzone wurde hier dem Gesteinsabbau immer Vorzug gegeben, weil die Trinkwasserquellen des Weißenburger Ortsteils Suffersheim unterhalb dieser Bergflanke liegen und möglicherweise gefährdet wären. Insbesondere der ehemalige Weißenburger Oberbürgermeister Reinhard Schwirzer hatte sich dafür immer stark gemacht, auch im aktuellen Verfahren hat die Stadt Weißenburg die Planung massiv kritisiert. Der Kreistag hatte sich aber gegen Proteste des BN in einer Sitzung im Dezember 2009 für die Zulassung des Steinbruches in der Schutzzone ausgesprochen.
Drei Hektar des geplanten Steinbruches lägen ganz im Nordwesten im Vorbehaltsgebiet für Gesteinsabbau. Hier ist wie außerhalb von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten üblicherweise ein langwieriges Raumordnungsverfahren nötig, um eine Abbaugenehmigung zu erhalten. Dies befand die Regierung von Mittelfranken aber nicht für nötig.
Trinkwasser bedroht
Der bestehende Steinbruch der Fa. Stiegler am Rothenstein liegt auf der östlichen Seite des Berges. Er schneidet bislang nur Grundwasserschichten an, die offenbar nach Südosten laufen.
Bei dem nun geplanten Steinbruch würde allerdings über die Bergkuppe hinweg auch der nordwestliche Hang des Hohlbeerbucks angegraben. Dieser liegt in Sichtweite des Ortsteiles Suffersheim, dessen Trinkwasser aus einer Quelle im Schambachtal unterhalb des Hohlbeerbucks gewonnen wird.
Selbst das Wasserwirtschaftsamt Ansbach geht davon aus, dass das Grundwasser des Hohlbeerbuckes in Richtung Nordwesten, d.h. Richtung Suffersheim abfließt.
Damit bestünde die Gefahr einer Verunreinigung oder des Versiegens der letzten verbliebenen Trinkwasserquelle Suffersheims, nachdem die zweite Quelle am Ort vor einigen Jahren durch einen wesentlich weiter entfernt liegenden Steinbruch der Fa. SSW beeinträchtigt wurde und geschlossen werden musste.
Ein Versuch, die mögliche Beeinträchtigung auszuschließen (sog. Tracer--Versuch) erbrachte keine brauchbaren Ergebnisse, wurde aber vom Landratsamt als ausreichend angesehen.
Deponie durch die Hintertür
Die Fa. SSW plant im Zuge des Gesteinsabbaues auch die Deponierung von Fremdmaterial, eine lukrative Angelegenheit. Ursprünglich sollten nach ihrem Willen mehrere Millionen Kubikmeter Bodenaushub hier eingelagert werden. Durch Intervention des Wasserwirtschaftsamtes Ansbach wurde die zu deponierende Menge Fremdmaterial auf ca. 390.000 Kubikmeter begrenzt. Ein gesondertes Genehmigungsverfahren für eine Deponie konnte dadurch umgangen werden.
Obwohl die Deponierungsgenehmigung ausschließlich unbelastete Böden der Klasse Z-0 vorsieht, ist hier Vorsicht geboten. Immerhin war erst vor kurzer Zeit ein Deponiebetrieber verurteilt worden, weil ihm der BN nachweisen konnte, dass er in einer Tongrube bei Oberniederndorf (Landkreis Neustadt/Aisch - Bad Windsheim) belasteten Gleisschotter abgelagert und damit das Trinkwasser der benachbarten Gemeinde gefährdet hatte.
Am Hohlbeerbuck handelt es sich allerdings nicht um eine Tongrube, sondern einen Steinbruch im Karst mit entsprechenden Klüften und Grundwasserleitern. Bei der Ablagerung sind Gefahren deshalb nicht auszuschließen.
Enorme Eingriffe in Natur und Landschaft
Die Eingriffe betreffen 30 Hektar Wald, Lebensraum von mindestens 23 Vogelarten, z.B. des europäisch geschützten Schwarzspechtes, potentieller Lebensraum europäisch geschützter Fledermäuse (z.B. Bechsteinfledermaus) und 96 Pflanzenarten, darunter 12 Arten der Roten Liste Bayerns wie die Orchidee Rotes Waldvögelein und vieler anderer schützenswerter Arten.
Nach dem Abbau soll in der Grube auf Deponiematerial wieder Wald auf 24 Hektar angepflanzt werden. Die Steilwände sollen für den Uhu als schutzwürdigem Brutvogel des benachbarten Steinbruches weitere Brutmöglichkeiten eröffnen, einige Flächen sollen der Sukzession überlassen bleiben.
Weil auch mindestens ein Hektar nach dem bayerischen Naturschutzgesetz geschützter Orchideenbuchenwald gerodet würde, wurde das Landratsamt von der Regierung von Mittelfranken genötigt, ein paar weitere Ausgleichsmaßnahmen vorzusehen. Dabei handelt es sich um ein Fichtendickicht unter Buchen bei Pappenheim, das aufgelichtet werden soll und einen alten Steinbruch nebenan, wo eine nicht ordnungsgemäße Absturzsicherung durch einen Zaun und wenige Auflichtungsmaßnahmen und Sicherungsmaßnahmen für den Uhu geplant sind.
Der BN sieht diese Maßnahmen als völlig ungeeignet an. Eine mangelhafte Steinbruchsicherung muss der (ehemalige) Steinbruchbetreiber oder der heutige Grundstücksbesitzer errichten, dafür können keine Ausgleichsmaßnahmen für Eingriffe an anderer Stelle herangezogen werden. Dass eine waldbaulich anstehende Durchforstung sogar als Ausgleich anerkannt werden soll, grenzt an Begünstigung.
Naturpark Altmühltal in Gefahr
Derzeit liegt ein Entwurf für eine Novellierung des Bayerischen Naturschutzgesetzes vor, der im Gegensatz zum Bundesnaturschutzgesetz nicht mehr davon spricht, dass Naturparke eine wichtige Rolle für die Regionalentwicklung haben. Würde dieser Entwurf Gesetz, ginge nicht nur die Förderung durch die EU für die Regionalentwicklung verloren. Die Naturparkschutzzonen könnten dann generell in Frage gestellt werden.
Zudem gibt es politische Bemühungen, den Naturpark Altmühltal zum Geo-Park zu machen, der keine Schutzkategorie besitzt. Begründung: Der Naturpark Altmühltal konnte das nationale und internationale geologisches Potenzial bisher nicht zu einem entscheidenden Wirtschaftsfaktor entwickeln (!). Das würde sich erst mit dem Status als Geo-Park ändern, so dass man dann die wissenschaftlichen Einrichtungen und die Steinindustrie miteinander vernetzen könne.
Politik und Wirtschaft müssen darauf achten, nicht zu Totengräbern des Naturparks zu werden.
für Rückfragen: Tom Konopka, Regionalreferent für Mittel- und Oberfranken
Tel. 0911/81878-14 / Fax 0911/869568,