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Gipsabbau am Naturschutzgebiet Sieben Buckel

Bund Naturschutz erstattet Anzeige gegen KNAUF wegen illegaler Grundwassereingriffe

17.07.2008

Der Bund Naturschutz hat soeben Anzeige beim Bergamt Nordbayern gegen den Verursacher von Grundwassereingriffen im Steinbruch Markt Nordheim-Südost, den Gipskonzern KNAUF, erstattet.

 

Vor wenigen Wochen entdeckte ein Aktiver des BN, dass der Gipsabbauer im Bruch direkt neben dem Naturschutzgebiet "Sieben Buckel und Gipshöhle Höllern" im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim Wasser abpumpte. Mittlerweile haben Auswertungen von Grundwassermessungen eines Gutachters im Auftrag des BN ergeben, dass es sich dabei sicher um Grundwasser handelt.

 

Dies ist besonders heikel, weil der BN vor Gericht gegen den Gipsabbau geklagt hatte und dabei u.a. die Gefahr für das benachbarte europäische Schutzgebiet durch Grundwassereingriffe angeführt hatte. Das Verwaltungsgericht Ansbach und der VGH München hatten die Eilklage auf Baustopp jedoch abgewiesen und sich dabei auf die Aussagen des traditionell industriefreundlichen Bergamtes verlassen. Im Genehmigungsbescheid seien ja schließlich Grundwassereingriffe ausgeschlossen, so das Gericht damals.

 

"Es ist unfassbar: Das Bergamt genehmigt, die Naturschutzbehörden nicken dazu und die Gerichte verlassen sich auf die staatlichen Behörden und die Behauptungen des Industriekonzerns. Das muss aufhören", so Richard Mergner, Landesbeauftragter des BN. "Der BN hatte als ehrenamtlich tätiger Verband im Genehmigungsverfahren sogar eigene Gutachten vorgelegt, die die Gefahr der Grundwassereinschnitte belegten. Das interessierte die Behörden und die Gerichte nicht. Dass man im Nachhinein offenbar Recht behält, ist allerdings ein schwacher Trost. Jetzt muss der Abbau sofort eingestellt und KNAUF zur Rechenschaft gezogen werden. Und im Bergamt muss es Konsequenzen geben."

 

Die Firma KNAUF hatte 2004 mit dem umstrittenen Gipsabbau am Naturschutzgebiet „Sieben Buckel und Gipshöhle Höllern“ begonnen. Damals protestierte der Bund Naturschutz an der Baustelle mit Transparenten. Der Vorsitzende des Bundes Naturschutz, Prof. Dr. Hubert Weiger: forderte die Firma KNAUF auf, den Abbau sofort einzustellen.

 

Der Bund Naturschutz hatte gegen das umstrittene Abbauprojekt an einer der für den Erhalt seltener Gipssteppenvegetation wertvollsten Landschaften Bayerns 2001 beim Verwaltungsgericht Ansbach Klage eingereicht. Im November 2003 wurde der vom BN beantragte gerichtliche Baustopp abgelehnt.

 

Gemeinsam mit einer Vielzahl von Verbänden und Fachleuten sieht der Bund Naturschutz den Bestand des gesamten Schutzgebietes durch den angrenzenden Gipsabbau bedroht. Damit würden nicht nur die berühmten gelb blühenden Frühlings-Adonisröschen oder das Federgras und viele seltene Tierarten wie der Erd-Bock im Naturschutzgebiet gefährdet, auch ein Einsturz der als bedeutendes Fledermausquartier bekannten Gipshöhle Höllern durch Sprengungen in unmittelbarer Nähe wäre möglich. Beeinträchtigungen der nur wenige hundert Quadratmeter (!) großen Gipssteppen durch Grundwasserabsenkungen sind nicht auszuschließen. Die ursprünglich geplante Erweiterung des Naturschutzgebietes fiel zwischenzeitlich dem Steinbruch zum Opfer.

 

Alle bisherigen Anstrengungen des BN – seit den 60er Jahren Eigentümer der Naturschutzflächen – zum Schutz und der Förderung der Naturkostbarkeiten sind in Frage gestellt.

 

Angesichts der im Regionalplan bereits ausgewiesenen 12.200 ha Vorrang- und Vorbehaltsflächen für den Gipsabbau in West-Mittelfranken bestand keine Not für KNAUF, am Rande eines der empfindlichsten Ökosysteme Gips abzubauen.

 

Hier geht es um mehr: In Markt Nordheim soll unter dem Deckmantel des Naturschutzes der ungezügelte Gipsabbau in geschützten und europaweit bedeutsamen Gebieten durchgesetzt werden. Ein absoluter Präzedenzfall also. KNAUF will durch sein Schau-Projekt die bereits unter EU-Schutz stehenden großen Gipssteppen im Südharz und anderswo für den Abbau freibekommen. Gelingt es KNAUF nun, den Rohstoffabbau als Naturschutzmaßnahme zu etablieren, könnten Dämme für den Naturschutz in ganz Europa brechen.

 

Der Schulterschluss der Firma KNAUF mit der Regierung von Mittelfranken und der Höheren Naturschutzbehörde machte das Ganze noch fragwürdiger. Diese unterstützten den Abbau nachdrücklich, weil sie sich v. a. die Einsparung von Finanzmitteln für die Landschaftspflegemaßnahmen erhoffen. Die Kumpanei ging so weit, dass bei der jüngsten Meldung für FFH-Gebiete von der Höheren Naturschutzbehörde in Ansbach ökologisch höchst wertvolle Gipsflächen nicht dem FFH-Schutz unterstellt wurden, weil sie in Vorrang- oder Vorbehaltsgebieten für den Gipsabbau liegen. Dies betrifft beispielsweise den nördlichen Rand des Kehrenberggebietes bei Ulsenheim mit seiner europaweit bedeutsamen Schmetterlingsfauna. Das stellt eine eindeutige Verletzung des europäischen Rechtes zugunsten der Firma KNAUF dar.

 

Der Raubbau an der Natur der Sieben Buckel soll nach dem Willen von KNAUF erfolgen, obwohl es Alternativen zur Gewinnung und Verarbeitung von Gips gibt. Derzeit kann der deutsche Bedarf nach Gips vollständig durch Gips aus der Rauchgasentschwefelung großer Kraftwerke gedeckt werden (sog. REA-Gips). Der Bund Naturschutz forderte deshalb von KNAUF den Einstieg in die nachhaltige Gipswirtschaft mit der vorrangigen Verwendung von Gips aus der Rauchgasentschwefelung. Bislang konnte sich der Gipskonzern nicht dazu durchringen.

 

für Rückfragen: Tom Konopka, Regionalreferent des Bundes Naturschutz

Fon. 0911/81 87 8-24, Mail tom.konopka@bund-naturschutz.de

 

Anlage: Anzeige des BN vom 16.07.08

 

Die der Anzeige beiliegenden Fotos können auf Anfrage per Mail zugesandt werden.