Grüne Bilanz 2017 für die Oberpfalz
Der BUND Naturschutz (BN) zieht trotz mancher Rückschläge auch in der Oberpfalz insgesamt eine positive "Grüne Bilanz" für das Jahr 2017. Immer mehr Menschen setzen sich aktiv für die Bewahrung von Bayerns Lebensgrundlagen Boden, Luft und Wasser sowie für die Rettung bedrohter Tiere und Pflanzen in ihrer Heimat ein.
Bayerns größter Natur- und Umweltschutzverband freut sich v.a. über Erfolge beim Schutz von einzigartigen Naturlandschaften (z.B. am "Grünen Band Deutschland"), über positive Entwicklungen bei der Wiederkehr von Biber und Wildkatze, aber auch über einen großen Mitgliedergewinn im Jahr 2017. Mit rund 228.000 Mitgliedern und Förderern hat Bayerns größter Umweltverband zum Jahresende 2017 den höchsten Mitgliederstand in seiner 105-jährigen Geschichte (+ 1,8 % gegenüber 2016) erreicht. Daher startet der BUND Naturschutz trotz großer Herausforderungen auch in der Oberpfalz optimistisch in das Jahr 2018.
In den bayernweit rund 600 Orts- und Kreisgruppen wurden von den ehrenamtlich Aktiven in ihrer Freizeit über eine Million kostenlose Arbeitsstunden für den Schutz unserer Heimatnatur geleistet.
"Der Einsatz für eine ökologische und soziale Energiewende sowie für eine Agrar- und Verkehrswende zählten 2017 zu den Arbeitsschwerpunkten und hat zu konkreten Fortschritten geführt. So unterstützen immer mehr Stadtwerke die dezentrale Bürgerenergiewende, der ökologische Landbau in Bayern boomt und der Widerstand gegen unsinnige Verkehrsprojekte wächst", so der BN-Landesbeauftragte Richard Mergner.
Als Rückschlag für Bayerns Natur stuft der BN die Entscheidungen zur weiteren Zulassung von Glyphosat, zur Änderung des Alpenplans am Riedberger Horn und den drohenden Missbrauch des Landesentwicklungsprogramms als "Freibrief für noch mehr Flächenverbrauch" ein.
Im Jahr der Landtagswahl 2018 wird der BUND Naturschutz seinen Einsatz für den Klimaschutz, für einen dritten Nationalpark und mehr Naturwälder in Bayern, für Bauernhöfe statt Agrarfabriken und für den Schutz von Boden und Landschaft vor Flächenfraß weiter verstärken.
Mit regionalen Veranstaltungen vor der Landtagswahl sollen zudem Forderungen für den Schutz der Alpen vor Profitinteressen, für ein Verbot von Glyphosat und für bessere Schutzvorschriften gegen neue Straßen, Stromautobahnen und Gewerbegebiete "auf der grünen Wiese" diskutiert werden.
"In der Oberpfalz werden wir uns auch 2018 für die dezentrale Energiewende und gegen die HGÜ-Trasse einsetzen", so Reinhard Scheuerlein, BN-Regionalreferent für die Oberpfalz.
Auch für den Regierungsbezirk Oberpfalz mit seinen sieben BN-Kreisgruppen sei die Bilanz trotz einiger Verluste von Natur und Landschaft für 2017 positiv. In Zusammenarbeit von Kreisgruppen und Landesverband sowie ehren- und hauptamtlichen MitarbeiterInnen und Bündnispartnern sind dem BN wieder wichtige Erfolge gelungen:
Zusammen mit der örtlichen Bürgerinitiative konnte sich der BN darüber freuen, dass die für Kümmersbruck im Landkreis Amberg-Sulzbach geplante Ortsumfahrung durch ein gewonnenes Bürgerbegehren gestoppt wurde. Im Landkreis Tirschenreuth konnte der BUND Naturschutz erreichen, dass beim geplanten Ausbau der B299 durch den Hessenreuther Wald nun eine fachgerecht gestaltete Faunabrücke für wandernde Tierarten errichtet wird.
Allerdings sehen sich die oberpfälzer Kreisgruppen zahlreichen weiteren Straßenplanungen gegenüber, wie z.B. den weiterhin vorgesehenen ökologisch schwerwiegenden Ortsumfahrungen von Seubersdorf (Lkr. Neumarkt) und Mantel (Lkr. Neustadt a.d. Waldnaab). Die BN-Kreisgruppen setzten auch 2017 zahlreichen Verkehrs-Projekten natur- und klimaverträgliche Konzepte entgegen.
Freuen konnte sich der BN in der Oberpfalz über weiter steigende Mitgliedszahlen: Im Jahr 2017 wurde die Marke von 17.000 Mitgliedern und Förderern überschritten und ein Zuwachs um fast 4 Prozent gegenüber dem Vorjahr erzielt.
Engagement für den Artenschutz
Erfolgreich fortführen konnten alle Kreisgruppen der Oberpfalz ihr Engagement für den Artenschutz durch die Betreuung und Pflege zahlreicher Grundstücke. Mit Unterstützung des BN-Biberberaters Horst Schwemmer konnte die Kreisgruppe Cham 2017 ihre langjährige Tätigkeit für den Biber ins Blickfeld rücken. Mit geschicktem Grunderwerb gelang es dort im Tal des Holderbachs, zusammenhängende Flächen zu sichern und ein konfliktfreies Nebeneinander von Biber und Landwirtschaft zu erzielen.
In Regensburg war die örtliche Kreisgruppe Mitorganisator einer Demonstration für den Erhalt der artenreichen Schlämmteiche einer ehemaligen Zuckerfabrik und setzte sich für den Schutz dieser wertvollen Lebensräume für eine Vielzahl an Vogelarten vor einer beabsichtigten Gewerbebebauung ein.
Gerade in Ortsbereich von Städten und Gemeinden zeigt sich eine Folge des Klimawandels immer deutlicher, die steigenden Temperaturen. Deswegen steht nicht nur Klimaschutz auf der Agenda des BN, sondern auch der Erhalt und die Erhöhung des Grünflächen- und Baumbestandes im besiedelten Raum. In Weiden schärfte die dortige BN-Ortsgruppe durch Öffentlichkeitsarbeit und eine Vortags- und Diskussionsveranstaltung das öffentliche Bewusstsein für den Wert des innerstädtischen Baumbestands. In Regensburg setzte sich die Kreisgruppe in der Diskussion um ein Kongresszentrum (RKK) in Bahnhofsnähe vehement für den Erhalt des historischen Alleengürtels um die Altstadt ein. Zusammen mit einer Bürgerinitiative engagierte sich die BN-Kreisgruppe Tirschenreuth für den Erhalt des innerörtlichen Falkensteinparks in Kemnath. In Ebermannsdorf im Landkreis Amberg-Sulzbach setzte sich die dortige Ortsgruppe für die Erhaltung eines Wäldchens im Ortsbereich ein.
Im Landkreis Schwandorf betreute der BN wieder die Hänge des Pfreimdtals bei Stein durch Ziegenbeweidung und feierte dort im Herbst das alljährliche Goißnfest.
Bei Freihung im Landkreis Amberg-Sulzbach hat der BUND Naturschutz (BN) rund 19 Hektar verbandseigene Waldflächen in das Naturwaldreservat Rumpelmühle eingebracht. Bei einem Termin enthüllten BN-Vorsitzender Prof. Dr. Hubert Weiger und seine Stellvertreterin Doris Tropper zusammen mit Landwirtschaftsminister Helmut Brunner eine Informationstafel für das neu ausgewiesene Gebiet.
Auch von den Bayerischen Staatsforsten erwartet der BN, mehr ihrer Waldgebiete dauerhaft für eine natürliche Waldentwicklung zur Verfügung zu stellen. Gerade in der Oberpfalz herrscht dabei ein eklatanter Mangel: hier gibt es gesetzlich geschützte Naturwälder nur auf 0,2 Prozent der Waldfläche, und nur auf 0,5 Prozent der öffentlichen Waldfläche.
In allen Kreisgruppen haben zahlreiche aktive Mitglieder bei den erfolgreichen Aktionen zum Schutz von Kröten und Fröschen vor dem Verkehrstod bei ihrer Frühjahrswanderung über Straßen erneut großes Engagement bewiesen.
In Diskussionen und Ortsterminen mit den verantwortlichen Straßenbauern konnte die BN-Kreisgruppe Tirschenreuth den Erhalt der Amphibienquerungen auf der Kreisstraße TIR 14 Pechbrunn - Konnersreuth erreichen. Bei der geplanten Fahrbahnerneuerung sollten diese ursprünglich wegfallen.
Für ihren Einsatz für den Amphibienschutz wurden gleich drei BN-Aktive aus dem Landkreis Regensburg von Umweltministerin Ulrike Scharf am 26. Oktober mit dem Grünen Engel ausgezeichnet. Martha Glück aus Donaustauf, Hugbert Ley aus Regenstauf und Hans Lengdobler aus Wenzenbach engagieren sich schon lange bei der Krötenwanderung. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Erhalt einheimischer Amphibien.
Mit der Verleihung des Deutschen Umweltpreises an den BN-Artenschutzreferenten Kai Frobel und an Hubert Weiger durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wurde das vom BUND Naturschutz initiierte Naturschutzprojekt "Grünes Band" in ganz besonderer Weise ausgezeichnet. Der BUND Naturschutz freut sich daher, dass das bayerische Kabinett auf seiner diesjährigen Sitzung in der Oberpfalz beschlossen hat, das Grüne Band im Regierungsbezirk gezielt zu fördern. Immerhin beträgt die Länge des Grenzstreifens zu Tschechien hier rund 200 Kilometer. Ziele sind dabei, den Biotopverbund entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs zu entwickeln, naturnahen Tourismus zu fördern und besondere Kulturlandschaften zu erhalten. Dazu wird nun eine Machbarkeitsstudie erstellt, deren Ergebnisse anschließend umgesetzt werden sollen.
Im Rahmen des durch den BUND Naturschutz unterstützten Projekts "Natur.Vielfalt.Tännesberg" mit der Biodiversitätsgemeinde im Landkreis Neustadt a. d. Waldnaab erschien 2017 die Broschüre "Kommunaler Leitfaden Biodiversität", der sich an kleinere und mittlere Kommunen wendet und ihnen Biodiversität als Standortfaktor nahe bringt.
Ökologisierung der Landwirtschaft
Bei der Biolandwirtschaft ist auch dank des Engagements des BUND Naturschutz und der Förderung im Ökopakt Bayern eine äußerst positive Entwicklung festzustellen. Etwa 800 Betriebe haben in Bayern im Jahr 2017 neu auf "Bio" umgestellt, so dass inzwischen neun Prozent der Betriebe besonders umweltverträglich wirtschaften. Darunter sind mittlerweile auch fast 1.100 Öko-Betriebe in der Oberpfalz. Diese Entwicklung sieht auch der BUND Naturschutz als Erfolg seines langjährigen Werbens für den ökologischen Landbau.
Die oberpfälzer Kreisgruppen unterstützten auch aktiv die europäische Bürgerinitiative "Stopp Glyphosat", die mit europaweit 1,3 Mio. Unterschriften zu den bisher erfolgreichsten Bürgerinitiativen der EU zählt. Zusammen mit Imkern und Bauern protestierte der BUND Naturschutz vor dem Neumarkter Büro des EU-Abgeordneten Albert Deß gegen seine Initiative, die Erlaubnis zum Glyphosateinsatz auf ökologischen Vorrangflächen zu verlängern.
Flächenverbrauch
Dabei bleibt der enorme Druck auf die Landschaft durch Siedlungs- und Gewerbegebiete sowie durch Infrastrukturprojekte in der Oberpfalz "Dauerbrenner".
Der Regierungsbezirk Oberpfalz ist in seiner gesamten Nord-Süd-Ausdehnung vom Aus- und Neubau von Stromtrassen betroffen. Nachdem die Korridore für den Bau des Südostlinks im Jahr 2017 bekannt wurden, protestierten BN-Aktive bei den Antragskonferenzen in Weiden und Regensburg dagegen, dass auf diese Weise die dezentrale Bürgerenergiewende ausgehebelt werden soll.
Im Süden des Landkreises Neumarkt stand das Jahr 2017 im Zeichen des 25. Jahrestags der vollständigen Inbetriebnahme des Rhein-Main-Donau-Kanals. Durch Pressefahrten und intensive Pressearbeit konnte der BUND Naturschutz erreichen, dass in zahlreichen Berichten auch die Landschaftseingriffe durch den Kanalbau thematisiert wurden. Damit konnte das Großprojekt als ein warnendes Beispiel dargestellt werden, wie es künftig unbedingt zu unterlassen ist.
Der Wiederstand gegen den geplanten Basaltabbau im Naturschutzgebiet Teichelberg im Landkreis Tirschenreuth hielt auch 2017 an. Dazu fand eine Begehung des Gebietes im Rahmen der jährlichen Familienwanderung des befreundeten Heimatvereins "Steinwaldia" mit über 100 Teilnehmern statt. Außerdem veranstaltete der BN eine Exkursion durch das Innere des Schutzgebietes gemeinsam mit dem LBV und den zuständigen Förstern mit erneut über 100 Teilnehmern.
Auch der überdimensionierte Flächenverbrauch durch völlig überzogene Planungen für neue Gewerbe- und Siedlungsgebiete fordert die Aktiven.
So plant z. B. die Stadt Weiden eine riesige Gewerbefläche mitten in einem Waldgebiet und will dafür 65 Hektar Wald roden. Die Planunterlagen dafür waren bereits im Februar 2018 öffentlich ausgelegen. Der BUND Naturschutz sieht darin einen verheerenden Kahlschlag mit landesweiter Bedeutung und kündigt entschiedenen Widerstand dagegen an. Zusammen mit Bündnispartnern fand bereits Ende Januar 2018 eine Protestveranstaltung dazu statt.
Im Westen des Landkreises Neumarkt griff der BN die Planung des sog. Kernwegenetzes auf, mit der Flur- und Waldwege für große Maschinen ausgebaut werden sollen. Da die entsprechende Förderung "mit der Gießkanne" über die beteiligten Gemeinden verteilt werde, kritisiert der BUND Naturschutz, dass damit auch unsinnige Projekte gefördert werden sollen.
"Bis zu einer wirklich nachhaltigen Entwicklung ist es im Regierungsbezirk Oberpfalz jedoch noch ein weiter Weg", so Richard Mergner, Landesbeauftragter des BUND Naturschutz in Bayern. "Der Zugriff auf die noch verfügbaren freien Flächen geht ungeachtet anderslautender gesetzlicher Vorgaben und politischer Willenserklärungen vor Ort fast ungehindert weiter. Scheinbar bedenkenlos werden begrenzte Ressourcen vergeudet. Planungen für autobahnähnliche Straßen (z. B. B 85) und für den überzogenen Ausbau des landwirtschaftlichen (Kern-) Wegenetzes zerstückeln Erholungsräume für den Menschen und Lebensräume seltener Arten. Auch die Energiewende droht ausgebremst zu werden."
"Noch mehr als bisher setzt der BUND Naturschutz deshalb auf das Engagement und die Überzeugungskraft seiner ehrenamtlich Aktiven, aber auch auf das wachsende Umweltbewusstsein in der Bevölkerung - auch ein Ergebnis der vielfältigen Umweltbildungsangebote seiner Kreis- und Ortsgruppen", so Reinhard Scheuerlein, BN-Regionalreferent für die Oberpfalz.
Umweltbildung
Der BN bietet in der Oberpfalz ein umfangreiches Umweltbildungsprogramm für Kinder, Jugendliche und Erwachsene an. 2017 gab es eine Vielzahl von Exkursionen und Vorträge zu Kräutern, geschützten Gebieten, Vogelstimmen, zum Wolf, Sandlebensräumen, Amphibien, holzbewohnenden Käfern, Gewässern, Pilzen und Hecken.
So beteiligte sich der BUND Naturschutz an der Weltwasserwoche, die bereits zum 18. Mal bei Nabburg stattfand. Rund 2200 Schüler besuchten die 17 Stationen der Ausstellung, darunter auch den Beitrag der BN-Kreisgruppe Schwandorf zum Thema Amphibien. Sie erfuhren dort nicht nur, wie wichtig Wasser für Mensch und Natur ist, sondern auch, wie sie selbst zum nachhaltigen Umgang mit dem wertvollen Element beitragen können.
Ein wichtiger Beitrag des BN zum Verständnis der komplexen Zusammenhänge der Energieerzeugung und -verbräuche ist das ausleihbare, realistische Modell eines "Energiespardorfes", das Fachleute des BN entwickelten. Es spricht alle Altersgruppen an, weil Veränderungen und Einflussmöglichkeiten bei der Energieversorgung direkt erfahrbar werden. 2016 wurde es insbesondere für Schulklassen bei den Stadtwerken in Amberg mit großem Erfolg eingesetzt.
Auch die Kreisgruppe Neumarkt verband ihre Tätigkeit für den Naturschutz im Deusmaurer Moor wieder mit einem "Moorfest", bei dem Führungen durch die Natur angeboten wurden.
Die BN-Kreisgruppe Cham beteiligte sich mit Infostand und mehreren Angeboten für das Kinderprogramm am Tag der Schöpfung im Kloster Strahlfeld.
Der BN wird in allen Städten und Landkreisen der Oberpfalz auch 2018 wieder ein ambitioniertes Programm anbieten, um für Artenvielfalt und Naturschönheit zu werben.
Auch 2018 versteht sich der BN als das "Grüne Gewissen" der Oberpfalz.
Er wird sich deshalb als kämpferischer Anwalt der Natur weiterhin engagiert für die Sicherung vielfältig strukturierter Kulturlandschaften, aber auch für bessere, weil natur- und ressourcenschonendere Alternativen bei Eingriffsprojekten einsetzen, um auch in der Oberpfalz eine tatsächlich nachhaltige Entwicklung zu erreichen und das unersetzliche Naturerbe dieses Regierungsbezirks auch für künftige Generationen zu sichern.
Für Rückfragen:
Reinhard Scheuerlein, Regionalreferent für die Oberpfalz Telefon 0175 462 55 98