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ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Ingolstadt:

Mahnmal für Prestigesucht, verfehlte Bahnpolitik, Verflechtung zwischen Politik, Banken und Bauindustrie zu Lasten von Umwelt und Steuerzahlern

09.05.2006

Die Eröffnung der ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Ingolstadt ist für den Bund Naturschutz kein Grund zum Feiern. Denn die Neubaustrecke ist eines der Natur zerstörendsten, teuersten und verkehrspolitisch fragwürdigsten Verkehrsprojekte Deutschlands. Sie wurde in einem beispiellosen Politkrimi gegenüber der rund 1000 Millionen Euro kostengünstigeren Alternative, dem Ausbau der vorhandenen Strecke über Augsburg, durchgesetzt. Die Kritik des Bundesrechnungshofes, des Bundes Naturschutz oder der IHK Augsburg wurde in den Wind geschlagen. Für die exorbitanten Kostensteigerungen dieses Projektes, das allein an Baukosten mit rund 3.600 Millionen eineinhalb mehr an Euro kostet wie es in Mark im Jahr 1990 zur Durchsetzung politisch schön gerechnet wurde, ist kein einziger der hierfür verantwortlichen Politiker zur Rechenschaft gezogen worden. Dabei warten seit Jahrzehnten zentrale Fernverbindungen in Bayern wie München-Salzburg, Augsburg-Zürich oder Nürnberg-Dresden dringend auf Ausbau und Modernisierung. Der Ausbau der Strecke über Augsburg hätte nur eine knapp zehn Minuten längere Fahrzeit als auf der Neubaustrecke verursacht. Damit wurden für eine Minute Fahrzeitverkürzung 100 Millionen Euro an Steuergeldern in Betonfahrbahnen, 148 Brücken und neun Tunnel mit 27 Kilometer Länge zu Gunsten der Baukonzerne Dywidag, Züblin und der inzwischen abgewickelten Walter Bau AG verbaut und vergraben.

Der Bund Naturschutz fordert, dass endlich Konsequenzen aus der Skandalgeschichte bei der ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Ingolstadt-München gezogen werden. "Statt auf Kosten von Bahnkunden und Steuerzahlern stur an weiteren Milliardengräbern und Prestigeprojekten wie der ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt oder der Transrapidstrecke in München festzuhalten, müssen diese Projekte gestoppt und endlich die Signale für eine zukunftsfähige Bürgerbahn auf grün gestellt werden," appelliert Hubert Weiger, Landesvorsitzender des Bundes Naturschutz in Bayern an Politik und Bahn AG.

Mit politischer Rückendeckung hatte die damalige Deutsche Bundesbahn im Jahr 1990 die Alternative eines Ausbaus der Strecke Nürnberg-Augsburg-München aus dem Raumordnungsverfahren zurückgezogen. Zuvor hatten das Landesamt für Umweltschutz und der Bund Naturschutz die massiven Eingriffe in Natur und Landschaft durch die Zerschneidung des Nürnberger Reichswaldes, des Altmühl- und Anlautertales, des Köschinger Forstes und des Naherholungsgebietes im Ingolstädter Norden massiv kritisiert und die erheblich geringeren Belastungen beim Bau der Strecke über Augsburg hervorgehoben.

Der Bund Naturschutz hat schon 2001 in seiner Dokumentation "Mit Hochgeschwindigkeit in die Bahnpleite" des Fachautors Dr. Wolfgang Zängl eine brisante Analyse dieses Verkehrsgroßprojektes vorgelegt. Darin wird schonungslos offengelegt, wie das Zusammenspiel zwischen Politik, Banken, Bauindustrie und Deutscher Bahn AG sowohl im Bund als auch im Freistaat Bayern funktioniert hat, um das umstrittene Großprojekt trotz eines absehbaren Milliardendesasters durchzusetzen.
"Die 15-jährige Skandalgeschichte der ICE-Neubaustrecke zeigt, wie eine unheilige Allianz von Politik, Banken und Bauindustrie zusammen mit einem willfährigen Bahnmanagement umwelt- und kostensparende Alternativen genauso in den Wind geschlagen hat wie die Warnungen des Bundesrechnungshofes, der schon 1990 die Unwirtschaftlichkeit gegenüber einem Ausbau der Bahnlinie über Augsburg festgestellt hatte", so Wolfgang Zängl.
"Wer wie ich täglich das brutale Umgraben jahrhundertealter bäuerlicher Kulturlandschaften im Norden Ingolstadts mit ansehen musste und die Rechtlosigkeit der Betroffenen gegenüber der durch die Gerichte abgesegneten Ergebnissen der Planungsbürokratie erlebt hat, muss sich für einschneidende Reformen und bessere demokratische Kontrollen bei der Planung von Verkehrsprojekten einsetzen," urteilt Klaus Wittmann, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Ingolstadt und von der Neubaustrecke betroffener Landwirt.

Besseres Bahnkonzept statt ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt

Auch zur seit 15 Jahren geplanten ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt durch den "Gottesgarten am Obermain" und den Thüringer Wald liegt ein umweltverträgliches Alternativkonzept vor. Das Konzept der Bürgerinitiative "Das Bessere Bahnkonzept" und des Bundes Naturschutz zur vom Bundesverkehrsministerium derzeit auf 4.600 Millionen Euro Kosten geschätzten und mit einem 80 Kilometer langen Tunnel durch den Thüringer Wald geplanten Neubaustrecke sieht den Ausbau der fünf bestehenden Verbindungen von Bayern nach Thüringen und Sachsen vor. Dies würde auf 900 km Schienenstrecken attraktive Verbesserungen mit weniger als der Hälfte des vorgesehenen Geldes für die Neubaustrecke bedeuten. Damit ließe sich die Fahrtzeit von München nach Berlin um 1,5 Stunden verkürzen. Auch die bereits begonnenen Bauabschnitte in Thüringen könnten in das "Bessere Bahnkonzept" integriert werden.

"Wenn die politischen Versprechen zum Schuldenabbau und Nachhaltigkeit in der Politik nur einen Pfifferling wert sein sollen, müssen die Abgeordneten der rot-schwarzen Koalition im Bundestag endlich die Konsequenzen ziehen und ein weiteres Milliardendesaster stoppen", so Heinz Schielein, Vorsitzender der Bürgerinitiative "Das Bessere Bahnkonzept".


Für Rückfragen:
Richard Mergner,
BN-Landesbeauftragter, verkehrspolitischer Sprecher des BUND,
Tel. 0911-8187825


Die BN-Dokumentation zur ICE-Neubaustrecke "Mit Hochgeschwindigkeit in die Bahnpleite" von Wolfgang Zängl ist als Band 6 der Reihe "Bund Naturschutz Forschung" erhältlich zum Preis von 19,95 Euro bei der Bund Naturschutz Service GmbH, Eckerstraße 2, 91207 Lauf a. d. Pegnitz , Tel. 09123-999570, Fax 09123-99957-99 e-mail:info@service.bund-naturschutz.de.