Jahrhunderthochwasser in den Alpen
Zu dem verheerenden Hochwasser der vergangenen Tage in den bayerischen, österreichischen und Schweizer Alpen legt der Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN) eine eigene kritische Bewertung der Ursachen vor. „Falsche Siedlungs- und Verkehrspolitik, kranke Bergwälder sowie die weitgehende Zerstörung der natürlichen Wasser-Rückhalteräume in Mooren und Auen führt in Verbindung mit den Folgen der Klimaerwärmung gerade im empfindlichen Alpenraum zu katastrophalen Schäden“ so Prof. Dr. Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BN. „Hier rächen sich die Fehlentwicklungen und die Missachtung von Klima- und Naturschutz besonders dramatisch.“
Die 1999 und jetzt ursächliche sogenannte „Vb“-Wetterlage führt zu extrem heftigen Niederschlägen besonders im Alpenraum. Sie wird nach Ansicht von Klimaexperten künftig öfter auftreten. Der BN kritisiert daher den in Bayern stark technisch ausgerichteten Hochwasserschutz mit höheren Deichen und einzelnen großen Poldern. „Was helfen den Menschen höhere Deiche, wenn diese Deiche dann brechen oder bei einem noch höheren Hochwasser doch überflutet werden "“ kritisiert Sebastian Schönauer, stellvertretender Landesvorsitzender des BN. Er fordert: „Echte Vorsorge muss ein nachhaltiges, ökonomisch und ökologisch sinnvolles Wasserrückhalte- und Landnutzungs-Konzept auf der gesamten Fläche, das strikte Freihalten der Überflutungsgebiete vor Bebauung, sowie eine konsequente Klimaschutzpolitik bedeuten.“
„Hochwasserschutz ist eine Querschnittsaufgabe und muss Eingang finden in alle Politikbereiche der bayerischen Staatsregierung und Kommunen, einschließlich ihrer Finanzplanung“ fordert Weiger. Der BN fordert daher einen Schwerpunkt der Hochwasserschutzpolitik im gesamten Einzugsgebiet schon am Oberlauf der Gewässer. Wesentlich ist dabei die Rückgewinnung von natürlichem Retentionsraum, der in den letzten Jahrzehnten durch menschliche Eingriffe in Flüsse und Auen drastisch reduziert wurde. Großflächige Deichrückverlegungen kommen in Bayern aber kaum voran. „Wir brauchen hier ein anderes Verantwortungsbewusstsein in Gesellschaft und Politik, damit solche Projekte nicht ständig an anderen Interessen scheitern.“ Hochwasserschutz nicht gegen die Natur, sondern mit ihr - Breitwasser statt Hochwasser, so das Motto des BN für die natürliche Überschwemmung von Auen anstelle Kellern.
Klimaveränderung – hausgemachte Ursache heftiger Niederschläge
Der Klimawandel ist Realität: Wetterextreme nehmen zu, zwischen den beiden südbayerischen „Jahrhunderthochwassern“ 1999 und 2005 war 2003 ein extremes Trockenjahr. Wie schon 1999 und auch für das große Hochwasser 2002 war Auslöser der jetzigen Hochwasserkatastrophe eine sogenannte „Vb-Wetterlage“, die mit sehr hohen Niederschlägen verbunden ist. Derartig extreme Regenfälle werden vermutlich gerade im Alpenraum besonders zunehmen. Allein 2005 trat diese Wetterlage bereits das dritte mal auf.
Die Ursachen der Klimaveränderung sind längst bekannt, ein Umsteuern durch konsequente Klimaschutzpolitik längst überfällig – nicht nur für den Hochwasserschutz. Denn wir spüren jetzt erst die Folgen der Treibhausgase, die wir schon vor 30 Jahren in die Atmosphäre geblasen haben. Der BN kritisiert insbesondere, dass die bayerische Staatsregierung dennoch weiterhin am Ausbau des Straßennetzes und des Flugverkehrs festhält.
In den Alpen rächen sich Fehlentwicklungen besonders stark
Gerade in den Alpen zeigen sich die Folgen der falschen Klima- und Verkehrspolitik der letzten Jahrzehnte besonders deutlich. Die Alpen sind von Natur aus ein junges labiles Gebirge. Durch falsche und zu intensive Nutzung ist das Ökosystem bereits heute vielerorts an und auch über seiner Belastungsgrenze. Für den Tourismus, für angebliche Arbeitsplätze und für Alm- und Forstwege wird Natur zerstört, wird in erosionsanfällige Hänge eingegriffen und werden Grenzen von labile Gefahrenzonen überschritten. Der Bergwald, der 43 % der Fläche der Alpen bedeckt, ist durch zu intensive Nutzung, durch Luftschadstoffe und vielerorts noch zu hohen Wildbestand in seiner Schutzfunktion stark beeinträchtigt und wird für Tourismusprojekte nach wie vor direkt gerodet. Die alpinen Fließgewässer sind zu 90% technisch verbaut. Die so geschädigten Ökosysteme und Böden können die zunehmenden Starkregenereignissen nicht mehr abpuffern und aufhalten. Der Regen fließt umso schneller nach unten weiter, Muren können entstehen. Diese führen dann in den besiedelten Talräumen schnell zu verheerenden Schäden. Und die Schäden werden immer größer, auch weil die Besiedelung der Talräume in den Alpen in den letzten Jahrzehnten enorm zugenommen hat. Eine „Gefahrenkarte“ des Deutschen Alpenvereins hat bereits 1984 auf diese Gefahren für die Siedlungen hingewiesen – sie wurde damals belächelt, ist aber heute aktueller denn je.
Gerade das aktuelle Hochwasser hat die Unberechenbarkeit der Hochwasserereignisse im Alpenraum drastisch vor Augen geführt: Obwohl erst 6 Jahre zuvor Pfingsten 1999 ein bis zu 300-jähriges Hochwasserereignis auftrat, kam die Flut der ungewöhnlich heftigen Niederschläge nun noch schneller und noch höher. Beispielswiese wurden sog. Jahrhundertpegelwerte überschritten in Garmisch-Partenkirchen oder Kempten (1999: 300-jähriges Ereignis). Höhere Pegelstände als 1999 traten auch an Isar und Inn auf. Die Kanker ist innerhalb von nur zwei Stunden bis zur Überflutung angeschwollen. Sogar die Donau stieg am Dienstag in Regensburg in 24 Stunden um fast 2 m. Entsprechend verkürzen sich die Vorwarn- bzw. Reaktionszeiten !
Wie gefährdet gerade der Alpenraum und wie wichtig gerade hier eine nachhaltige umweltverträgliche Entwicklung ist, ist seit langem bekannt. Dem soll die seit 2002 in Kraft getretene „Alpenkonvention“ Rechnung tragen. Auch andere Schutzbestimmungen bestehen – zumindest auf dem Papier. Denn die Realität sieht anders aus, beispielsweise bei Entwicklungen im Tourismus, für den auch nach wie vor Bergwald gerodet wird, obwohl der „Bergwald-Beschluss“ des Bayerischen Landtages das verbietet. Besonders pikant: gerade in Garmisch-Partenkirchen ist die Rodung von knapp 10 ha Bergwald für Skipistenerweiterungen geplant.
Der BN kritisiert daher auch die Alpenpolitik der bayerischen Staatsregierung und vieler Kommunen als eine der Ursachen der aktuellen Hochwasserereignisse. Der Schutz der Alpen als Lebensgrundlage für Bevölkerung und Natur geht derzeit nach Ansicht des BN völlig unter dem Credo der globalen Wettbewerbsfähigkeit unter.
Hochwasserschutz in Bayern – falsche Schwerpunkte, Fixierung auf wenige Großprojekte
Der BN sieht in den Maßnahmen, die seit den großen Jahrhundertfluten wie 1999 oder 2002 von der Bayerischen Staatsregierung getroffen wurden, unzureichende Schwerpunkte. Beton, Polder und noch höhere Deiche können die Bevölkerung vor einer erneuten Flut nicht schützen, sondern verlagern die Probleme noch weiter zu den Unterliegern.
Der BN erkennt zwar durchaus an, dass das Hochwasserschutzprogramm der bayerischen Staatsregierung von 1999 auch dem natürlichen Wasserrückhalt einen wichtigen Stellenwert beimisst. Einzelne Deichrückverlegungen hat der BN begrüßt und von Anfang an unterstützt.
Doch der Umfang der Projekte und der bisherige Geldfluss zeigen, dass der Schwerpunkt der geplanten und ergriffenen Maßnahmen nach wie vor auf dem technischen Hochwasserschutz liegt. Während nach 1999 viele Deiche schnell und vielfach ohne Prüfung einer möglichen Rückverlegung saniert und/ oder erhöht wurden, kommen Deichrückverlegungen zäh voran und scheitern teilweise an Einsprüchen Einzelner (z.B. Freising/Isar). Von den 1999 festgelegten 2,3 Mrd. Euro bis zum Jahr 2020 (entsprechend 115 Mio. Euro/Jahr) waren bereits bei der Erstellung 0,8 Mrd. Euro für den technischen Hochwasserschutz eingeplant.
2001-2003 wurden durchschnittlich 118 Mio. Euro ausgegeben. Eine Auswertung der Projekte, die von 2000-2002 mit EU-Mitteln kofinanziert wurden, ergab dabei, dass von ca. 34 Mio. Euro Fördermitteln 57 % für Deicherneuerung/-sanierung, aber nur 9% für Retentionsraumschaffung und nur 4 % für Ökoausbau aufgewandt wurden. Da es sich um EU-Förderung aus der Landschaftspflege handelt, dürfte nach Schätzungen des BN das Verhältnis der Ausgaben für technische Maßnahmen zu ökologischen Maßnahmen für die Gesamt-Maßnahmen in Bayern noch höher ausfallen.
Verschärft wird der Schwerpunkt im technischen Hochwasserschutz seit 2004 durch die Sparpolitik der bayerischen Staatsregierung. 2004 waren nur noch ca. 95 Mio. Euro an Mitteln für den Hochwasserschutz eingeplant, Besondere Einschränkungen trafen insbesondere die Gewässerentwicklungsplanung und Grunderwerbsmaßnahmen an großen Gewässern (I. und II. Ordnung) sowie das Schwerpunktprogramm zum Wasserrückhalt an den kleinen Gewässern (III. Ordnung). Dagegen sollen Hochwasserspeicher, Deichsanierungen und Flutpolder planmäßig fortgeführt werden.
Ebenfalls eine Folge der Sparmaßnahmen und Mittelknappheit scheint die neue Entwicklung zu sein, dass bei einigen vom BN sehr begrüßten Deichrückverlegungen nun offensichtlich trotz Neubau eines Dammes der alte Damm nicht abgebaut werden soll. Damit kann der eigentlich gewonnene Retentionsraum erst bei Überflutung der alten Deiche genutzt werden, auch eine ökologische Wiederbelebung der Auen findet dabei nicht statt (z.B. zwischen Freising und Moosburg / Isar).
Der BN kritisiert diese Schwerpunktsetzung der bayerischen Staatsregierung als ökonomisch und ökologisch falsches Festhalten an alten Wegen, die nicht die Ursachen der Probleme angehen, sondern eine Verlagerung und für Unterlieger sogar eine Verschärfung der Probleme bedeuten. Sie entspricht auch nicht der Zielsetzung des Hochwasserschutzgesetzes des Bundes.
Denn höhere Deiche bergen große Probleme: Auch sie können brechen. Vor zwei Tagen brachen beispielsweise in Bayern Dämme bei Eschenlohe (Loisach) und Sonthofen (Iller), die Gefahr weiterer Deichbrüche war beispielsweise an der Isar bei Gaden und Rosenau, an der Iller bei Neu-Ulm oder an der Donau bei Ingolstadt, Neustadt und Kelheim akut vorhanden. Auch hohe Deiche können noch höher überflutet werden, beispielsweise war die Schutzwand in Kempten erst nach 1999 gebaut worden, eine Überflutung durch die noch höheren Wasser-massen jetzt war einige Zeit zu befürchten. Deiche schützen zudem nicht vor dem Druckwasser, das bei ansteigendem Wasserstand im Fluss auch hinter den Deichen aus dem Boden tritt. Sie bieten also eine trügerische Sicherheit für Anwohner und leiten die Wassermassen nur noch schneller an die Unterlieger weiter.
Auch sogenannte Polder bergen große Probleme: sie dienen nur dem absoluten Extrem-Hochwasser und sind bei kleinerem Hochwasser nicht in Funktion, sie verlangsamen das Hochwasser nicht. Sie sind in ihrer Wirkung zudem nur auf kurze Abschnitte unterhalb des Polders beschränkt. Auch ist ihre technische Steuerung sehr problematisch und auch Polderdeiche können brechen. Ihr (Badewannen-)Betrieb schädigt außerdem Natur, Landwirtschaft und Grundwasser, denn es handelt sich nicht um ein natürlich fließendes Hochwasser. Und letztlich sind sie teuer und binden somit an wenigen Stellen viel Geld.
Weder die Erhöhung von Deichen noch die Errichtung von Poldern gehen das Problem der Schäden durch Hochwasser an der Wurzel an.
Wie nötig Deichrückverlegungen und die Rückgewinnung von Retentionsraum sind, zeigen die Zahlen zum Verlust an den deutschen Flüssen: Heute sind nur noch rund 20% ihrer früheren natürlichen Überschwemmungsflächen für das Hochwasser nutzbar. Ursachen dafür sind Flussbegradigungen, Deichbauten, Verkehrswege, Staustufen und die Ausweisung von Bau- und Gewerbegebieten. 90 % der Fließgewässer in Bayern sind verbaut. Mit einer Deichrückverlegung gewinnen der Hochwasserschutz und die Aue, deren Lebensräume weitgehend zerstört und gefährdet sind. Die Aue ist vom Fluss und von Hochwasser geprägt, ihre Lebensräume sind auf den Wechsel von Hoch- und Niedrigwasser angewiesen. Die natürliche Überflutung von Auen entschärft die Hochwassergefahren für die Menschen und belebt die Lebensräume der Aue.
Unzureichender Bodenschutz, zunehmende Versiegelung und abnehmende Retentionsräume erhöhen Hochwassergefahren weiter
Wesentlich für den Hochwasserschutz ist die Fähigkeit des Bodens, Regen- und Überflutungs-Wasser zu speichern. Unangepasste Verkehrs-, Siedlungs-, Gewerbe- und Agrarpolitik haben wesentlich dazu beigetragen, dass Boden versiegelt und verdichtet ist und deutlich weniger Wasser speichern kann. Umso schneller fließt das Wasser ab. Auf Ackerflächen kommt es zusätzlich noch zu erheblicher Erosion bei Starkregen und Hochwasser.
Sogar in Überschwemmungsgebieten wird nach wie vor gebaut, wie zahlreiche Genehmigungsverfahren für Baugebiete in hochwassergefährdeten Bereichen der letzten Jahre zeigen: beispielsweise für ein Baugebiet der Gemeinde Maierhöfen (Lkr. Lindau) im 1999 überschwemmten Gebiet; in Fahrenzhausen (Lkr. Freising) wurde eine Bebauung im überschwemmten Gebiet genehmigt mit der Auflage einer Hochwasserfreilegung. Ortsumgehungen werden nach wie vor in Talräumen geplant (z.B. im Mindeltal: Offingen, Thannhausen, Lkr. Günzburg, im Schmuttertal: B300 im Lkr. Augsburg, im Paartal: Schrobenhausen, Lkr. Neuburg, im Ammertal: Peißenberg Süd), ebenso auch Gewerbegebiete (z.B. auf ehemaligem Freihafenerweiterungsgebiet bei Deggendorf).
Damit geht zum einen Retentionsraum verloren und zum anderen wird das Schadenspotential bei Hochwasser erhöht. Die Bebauung wäre nach Gesetz nur in bestimmten Fällen ausnahmsweise zugelassen. Der BN kritisiert die starke Ausnutzung dieser Ausnahmeregelungen, dass Bebauung auch im überschwemmten Gebiet zugelassen wird, wenn ein Retentionsraumausgleich oder/ und eine Hochwasserfreilegung erfolgt. Damit wird sowohl die Zielsetzung des Gesetzes als auch des Landesentwicklungsprogrammes ausgehöhlt.
Der BN bewertet daher den Schutz der Retentionsräume vor weiterer Versiegelung in Bayern nach wie vor als unzureichend. Hart kritisiert der BN auch den Widerstand der bayerischen Staatsregierung gegen den Entwurf der Bundesregierung für ein Hochwasserschutzgesetz im Bundesrat. Nachdem das Gesetz in einigen Punkten aufgeweicht wurde, ist es nun seit 10. Mai 2005 in Kraft. Es gelten somit die (reduziert) restriktiven Vorgaben für die Bauleitplanung in Überschwemmungsgebieten sofort und direkt. Die Ausweisung von Überschwemmungsgebieten muss nun zügig abgeschlossen werden. Der BN fordert auch eine Überprüfung aller Flächennutzungspläne auf ihre Vereinbarkeit mit dem Hochwasserschutzgesetz.
Der BN fordert ein ökonomisch und ökologisch sinnvolles Wasserrückhalte- und Landnutzungs-Konzept auf der gesamten Fläche
Hochwasser ist grundsätzlich ein Naturereignis. Häufigkeit, Ausmaß und vor allem der Umfang der Schäden sind jedoch auch wesentlich durch den Menschen bedingt. Eine absolute Sicherheit vor Hochwasser kann es nicht geben – aber der Mensch kann alles tun, den Schaden durch Vorsorge zu begrenzen und die anthropogenen Ursachen für die Verschärfung von Hochwasserproblemen zu reduzieren.
Hierfür ist nach Ansicht des BN ein anderes Bewusstsein der Bevölkerung nötig. Einzel-Interessen wie auch kurzfristige Wirtschaftinteressen müssen hinter dem Gesamtwohl zurückstehen, das Freihalten der Überschwemmungsgebiete vor Bebauung oder die Deichrückverlagerung darf nicht an Interessen Einzelner scheitern. Wenn außerhalb bestehender Siedlungen keiner bereits ist, dem Fluss neuen Raum für das Hochwasser zu geben, brauchen wir uns über die Schäden nicht zu wundern.
Gefordert sind beim Hochwasserschutz Bund, Länder und Kommunen ebenso wie jeder einzelne.
Echte Vorsorge durch ein nachhaltiges, ökonomisch und ökologisch sinnvolles Wasserrückhalte- und Landnutzungs-Konzept auf der gesamten Fläche (Gesamtkonzept), Vorrang für den ökologischen Hochwasserschutz als interdisziplinäre Querschnittsaufgabe, anstelle einer Konzentration auf wenig teure technische Großprojekte. Dies stünde auch im Einklang mit den Vorgaben der europäischen Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie, Mitteilungen zum Hochwasserrisiko-Management).
„Die weiträumige Umsetzung [von] ... Kleinmaßnahmen könnte die gleiche Wirkung entfalten wie wenige Großvorhaben an den Unterläufen, ohne in gleichem Maße Eingriffe in bestehende Nutzungen und Strukturen zu verursachen.“ so auch das Fazit der Halbzeitbewertung der EU-kofinanzierten Hochwasserschutzmaßnahmen Bayerns.
Elemente:
Oberste Priorität muss bayernweit die notwendige Rückverlegung von Deichen mit einer Renaturierung der Gewässer und Talauen, einer „Verlangsamung“ des Wasserablaufes und einer möglichst weitgehenden Rückgewinnung von verlorenem Retentionsraum haben. Umsetzung des bayerischen Auenprogrammes, Erarbeitung eines nationalen Fluss- und Auenprogrammes zur Renaturierung der Ströme und Bäche, Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie.
- Das bedeutet auch: Erhalt aller noch intakten Gewässer und Auen, kein weiterer Verbau von Fließgewässern mit einer Verschärfung der Hochwasserproblematik, Verzicht auf weitere Staustufenbauten, insbesondere an der freifließenden Donau zwischen Straubing und Vilshofen.
- Ausrichtung der Landnutzung auf der gesamten Fläche auf eine möglichst bodenschonende, wasserspeichernde und hochwasserverträgliche Nutzung zum Wasserrückhalt auf der gesamten Fläche.
- Verbesserung der Schutzfunktionen des Bergwaldes durch naturnahe Waldwirtschaft, Beachtung des Grundsatzes „Wald vor Wild“, Verzicht auf Rodungen, Reduzierung des Neubaus von Forststraßen, Erhöhung der staatlichen Mittel für die Schutzwaldsanierung und –pflege auf das 10-fache (bisher 1-2 Mio. Euro/Jahr bei zunehmender sanierungsnotwendiger Fläche).
- Erhöhung der Wasserrückhaltefähigkeit der Moore: durch Renaturierung und Umsetzung des bayerischen Moorentwicklungs-Programmes.
- technischer Hochwasserschutz im Falle unabdingbaren Objektschutzes.
- Rechtliche und tatsächliche Sicherung aller aktuellen und potentiellen Überschwemmungsgebiete vor weiterer Bebauung, Umsetzung des Hochwasserschutzgesetzes des Bundes. Flächendeckende Reduzierung des Versiegelungsgrades im gesamten Einzugsgebiet.
gez. Prof. Dr. Hubert Weiger
Landesvorsitzender des BN
gez. Sebastian Schönauer
stellv. Landesvorsitzender des BN, Sprecher des AK Wasser in BN, BUND