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Tiere und Pflanzen

Katastrophe für den Naturschutz in Bayern

Extreme Mittelkürzungen um 30 " 100% gefährden Landwirte und Biotope

19.12.2003

Gemeinsame Pressemitteilung BN und LBV

Sollten die derzeitigen Einsparungspläne der bayerischen Staatsregierung realisiert werden, befürchten Bund Naturschutz (BN) und Landesbund für Vogelschutz (LBV) katastrophale Folgen für den Naturschutz in Bayern. "Sollten die beiden zentralen Förderprogramme, Vertragsnaturschutz und Landschaftspflege, tatsächlich um die derzeit vorgesehenen 30 " 100% gekürzt werden, droht dem Naturschutz in Bayern das Aus!", befürchten Prof. Dr. Hubert Weiger und Ludwig Sothmann, Vorsitzende von BN und LBV. Sie forderten die Staatsregierung dringend auf, den Naturschutzetat nicht überproportional zu kürzen.

Vertragsnaturschutz und Landschaftspflege und andere Naturschutz-Förderprogramme umfassen derzeit ca. 48 Mio " / Jahr. In der Diskussion ist eine Kürzung um 14,5 Mio " , also um fast ein Drittel. Damit verzichtet der Freistaat Bayern aber gleichzeitig auch auf bis zu 10 Mio " an EU-Co-Finanzierungsmitteln.

Besonders dramatische Auswirkungen hätte dies auf das bislang mit ca. 6 Mio. € ausgestattete Landschaftspflegeprogramm, über das z.B. die Pflege von Hecken, die Pflanzung neuer Streuobstbestände, Moorrenaturierungen oder Anlage von Feuchtbiotopen finanziert wird.
Im Vertragsnaturschutz-Programm sollen in 2004 keinerlei neue Verträge für Landwirte abgeschlossen und auch auslaufende Verträge, über die Landwirte seit vielen Jahren erfolgreich und engagiert Biotope pflegen, nicht verlängert werden.
Der "Bayerische Weg" eines kooperativen Naturschutzes in Zusammenarbeit mit den Landwirten droht zu scheitern, wenn keinerlei Mittel für die Durchführung von konkreten Maßnahmen bereitstehen. Auch für die Akzeptanz der aktuell anstehenden Nachmeldungen von Schutzgebieten für das europäische Netz "Natura 2000" bedeutet dies ein Fiasko, denn eine gebietsspezifische Bewirtschaftung ist nur durch einen entsprechenden finanziellen Ausgleich zu erreichen. Auch für das seit 3 Jahren von der Staatsregierung angekündigte neue Vertragsnaturschutzprogramm für Waldbesitzer wird es keinerlei Spielraum geben.

Die Auswirkungen der vorgesehenen Einsparungen sind flächendeckend:

 Das Einkommen aus der Landschaftspflege von ca. 5000 bayerischen Landwirten, die augenblicklich mit Landschaftspflegeverbänden eng zusammenarbeiten, geht verloren. Gefährdet sind zudem landesweit ca. 30.000 Verträge mit Land-, Forst- und Teichwirten für Flächen im Vertragsnaturschutzprogramm mit insgesamt 50.000 ha. Das Vertrauen der Landwirte wird verspielt.
 Das Landschaftspflegeprogramm ist für den Naturschutz das einzige Programm, welches flexibel gehandhabt und somit gezielt auf Bedürfnisse einzelner Arten und Biotope angewendet werden kann. Diese Möglichkeit darf nicht verloren gehen.
 Durch gezielte Artenhilfsprogramme (AHP) konnte der Rückgang von Arten wie beispielsweise Steinadler, Wanderfalke oder Weißstorch gestoppt werden. Dies sind in der Fachwelt anerkannte und von der Bevölkerung viel beachtete Erfolge des Naturschutzes. Um diesen Trend zu stabilisieren, muss eine Fortsetzung der AHPs gewährleistet werden. Ein Finanzierungsstopp würde die Koordination eines mehrere hundert Mitarbeiter zählenden Betreuernetzes zunichte machen, die jährlich allein für die AHPs Uhu, Wanderfalke und Weißstorch bis zu 20.000 ehrenamtliche Stunden leisten.
 Die Naturschutzförderprogramme erhalten nicht nur Tausende auf schonende Nutzung und Pflege angewiesene Tier- und Pflanzenarten, sondern auch das Gesicht der traditionellen Kulturlandschaft Bayerns " das entscheidende Grundkapital für die bayerische Fremdenverkehrswirtschaft! Bestandteile beliebter Urlaubsgebiete, z.B. die Buckelwiesen um Mittenwald, die Wacholderheiden im Altmühltal oder das Biosphärenreservat hohe Rhön, können künftig nicht mehr gepflegt werden und verlieren mit ihrem landschaftlichen Reiz auch ihre Attraktivität.
 Seit Jahren aufgebaute modellhafte, z.T. auch mit EU-Mitteln geförderte Umsetzungsprojekte müssen gestoppt werden. Hiervon sind besonders viele der mehr als 300 BayernNetzNatur- und ABSP-Projekte betroffen. Für diese Projekte wurden zwar umfassende Konzepte und buntes Informationsmaterial erarbeitet, oft auch Fachpersonal eingestellt. Durch die geplanten Einsparungen wird nun aber die Möglichkeit für praktische Umsetzungsmaßnahmen genommen.

Forderungen von BN und LBV:

Keine überproportionalen Kürzungen im Bereich der Naturschutzförderprogramme:
Jeden Rahmen sprengende Kürzungen im Naturschutz um 30% bis 100% bedeuten aber das Erlöschen seltener Tier- und Pflanzenvorkommen und eine Gefährdung tausender landwirtschaftlicher Arbeitsplätze?

Vertrauensschutz für Landwirte
Der politische Schnellschuss des Ministerpräsidenten zerstört das mühsam von Naturschutzverwaltung und Naturschutzverbänden seit 1983 aufgebaute Vertrauensverhältnis zu den Landwirten. Viele landwirtschaftliche Betriebe haben ihre Betriebsstruktur und Maschinen darauf ausgerichtet ("Zweites Standbein Landschaftspflege"). Besonders betroffen sind viehhaltende Betriebe mit hohem Grünlandanteil und Betriebe in Mittelgebirgsregionen, die agrarpolitisch ohnehin benachteiligt sind! Hier drohen zudem Kürzungen im "Bayerischen Kulturlandschaftsprogramm" des Landwirtschaftsministeriums für extensive, umweltverträgliche Anbauformen. Wenn die Betriebe durch eine Radikaländerung der Förderpolitik vor den Kopf gestoßen werden, sind sie als Vertragspartner in Zukunft nie mehr zu gewinnen.

Erhalt des ehrenamtlichen Engagements
Mitglieder von bayerischen Naturschutzverbänden leisten in zahlreichen Projekten und bei der Pflege von Biotopen hunderttausende Stunden ehrenamtlicher Arbeit. Die massiven Haushaltseinsparungen würden die erforderliche hauptamtliche Koordination vieler Projekte verhindern und damit auch mühevoll aufgebaute Mitarbeiterstrukturen zerschlagen.

Alternative Sparmaßnahmen
Möglich sind Mittelumschichtungen v.a. aus dem Verkehrsbereich: allein für die Pflege der Staatsstraßen (Bestandserhalt und Unterhalt, ohne Neubau; jährlich 168 Mio. €) wendet der Freistaat 4xmal mehr auf als für Erhalt und Pflege der Natur in Bayern. Bereits die Umwidmung einer Förderung der Regionalflughäfen Hof und Augsburg mit 9,5 Mio " (Einzelplan 13) würde ermöglichen, dass die Naturschutzförderprogramme in Bayern fortgeführt werden können!

Vom Vorreiter zum Schlusslicht"!
Bayern droht durch einen in seinen Konsequenzen offenbar wenig durchdachten Federstrich des Ministerpräsidenten in die Steinzeit des Naturschutzes zurückgeworfen zu werden und würde zum Schlusslicht aller Bundesländer beim Landschaftsschutz!

Nürnberg, 19.12.03