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Kein Ausverkauf von Bürgerwald für das geplante Feriendorf von Center Parks im Landkreis Ansbach

Erster großer Staatswaldverkauf nach Forstreform?

09.01.2009

Über 850.000 Menschen (9,3% der Wahlberechtigten) haben sich Ende 2004 in Bayern für das Volksbegehren "Aus Liebe zum Wald" eingetragen, mit dem auch der Ausverkauf des Staatswaldes verhindert werden sollte. Bisher hat das Volksbegehren trotz des Scheiterns an der 10%-Hürde den Ausverkauf wirksam verhindert.

 

Für das aktuell geplante Feriendorf der Fa. Center Parks bei Dennenlohe im Landkreis Ansbach würde erstmals seit der Forstreform Staatsforst in großem Stil an ein Privatunternehmen verkauft und anschließend teilweise gerodet werden.

 

Mit einer Bilderrahmenaktion verdeutlichten Vertreter des Bundes Naturschutz, des Landesbundes für Vogelschutz und der "Bürgerinitiative zum Schutz unserer Heide", dass es hier auch um die Bewahrung von Bayerns Schönheit geht. Eine weitere Waldvernichtung und Zerschneidung der Landschaft ist nicht mehr akzeptabel.

 

Die Verbände lehnen sowohl den dazu nötigen Verkauf von Bürgerwald als auch die Rodung und Bebauung der "Östlichen Heide" ab, weil damit ein übergroßer und folgenreicher Landschaftseingriff verbunden wäre und der globale Klimawandel weiter befördert würde. Sie werden unterstützt vom Verein "Artenreiches Land - lebenswerte Stadt" (A.L.L.E.S. e.V.) unter der Führung von Heiner Sindel, Feuchtwangen, der es sich zum Ziel gesetzt hat, regionale, umweltschonende Wirtschaftskreisläufe zu stärken sowie heimatliche Kultur- und Naturstrukturen zu bewahren.

 

Prof. Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes Naturschutz dazu: "Der ehemalige Superminister Huber als Hauptverantwortlicher der unsäglichen Forstreform ist politische Geschichte, sein schlimmes Denken vom Wald als Verfügungsmasse, die man je nach Kassenlage verscherbelt oder für Infrastruktur rodet, ist aber noch nicht tot. Wir wollen verhindern, dass mit der Östlichen Heide bei Dennenlohe ein Exempel für den Ausverkauf der bayerischen Staatsforsten, unseres Bürgerwaldes geschaffen wird. Die Aussagen der Staatsregierung, sie hätten der Firma Center Parcs Europe N.V. bei der Standortsuche 'intensiv unterstützt', lässt das Schlimmste befürchten. Aber wir setzen auf die bayerische Öffentlichkeit, die bereits 2004 den Verkauf bayerischen Waldbesitzes in Österreich erfolgreich verhinderte."

Und weiter: "Wir zeigen, dass der Wald Teil unserer schönen Landschaft ist. Sie ist das Kapital für den Tourismus und nicht Bäume, die Investoren im Wege stehen. Wir wollen Bayerns Schönheit bewahren."

 

Der Artenschutzreferent des Landesbundes für Vogelschutz, Dr. Andreas von Lindeiner, verwies auf den besonderen naturschutzfachlichen Wert des Östlichen Heide: "Es ist ja nicht irgendein kleines Waldstück, das hier bebaut werden soll, sondern eines der besonders wertvollen zusammenhängenden großen Waldgebiete in Nordbayern. Hier brüten Seeadler, hier kann man den von Aussterben bedrohten Fischadler noch bewundern. Den Bau von 800 Bungalows und der Infrastruktur würden diese wertvollen Arten nicht überleben."

 

Für die Bürgerinitiative zum Schutz unserer Heide verdeutlichte Oskar Heß die grundsätzliche Ablehnung: "Unsere Heide verträgt keinen Massentourismus. Wir brauchen regional angepasste Urlaubsangebote, kein Urlauberghetto."

 

 

Die Planung

Ende Juli 2008 wurden Planungen bekannt, nach denen von der Fa. Center Parcs Europe N.V. ein Freizeitpark mit 800 Ferienhäusern, subtropischer überdachter Badelandschaft, Supermarkt und diversen Freizeitanlagen in der Östlichen Heide bei Bechhofen und Dennenlohe im Landkreis Ansbach gebaut werden soll.

 

Dafür würden mindestens 150 ha Fläche beansprucht, bei täglich bis zu 3.500 Gästen wäre mit immensen Verkehrsströmen an den An- und Abreisetagen zu rechnen.

 

Das Ergebnis wäre eine parkartige Kunstlandschaft, der ihr Erholungs- und Biotopwert genommen wird. Unabhängig von der Zerstörung des Charakters wird die erholungssuchende Bevölkerung in anderen derartigen Anlagen der Freizeitindustrie, z. B. in Bispingen, per Einzäunung ausgesperrt und kann die Anlage nur als zahlende Tagesbesucher betreten.

 

Waldgebiet "Östliche Heide"

Bei der „Heide“ handelt es sich um das größte in sich geschlossene Waldgebiet im Landkreis Ansbach. Es ist frei von Siedlungen und abgesehen von einer Staatsstraße von keiner Straße mit überörtlicher Bedeutung durchschnitten. Allein dadurch begründet sich schon die unersetzliche Bedeutung sowohl in ökologischer Hinsicht (Lebensraum für Arten, die große ungestörte Flächen benötigen) als auch für die Naherholung und einen sanften Tourismus. Die vorhandenen Forstwege sind als Rad bzw. Wanderwege gut geeignet, teilweise auch im Sinne einer Besucherlenkung und -führung auch beschildert. Derartige geschlossene Waldgebiete erlangen in Zeiten des Klimawandels wegen ihrer ausgleichenden Wirkung eine zusätzliche Bedeutung.

Der Landkreis Ansbach zählt zu den waldärmsten Landkreisen Bayerns.

 

Moore, Feuchtgebiete

Der Biotopwert wird gesteigert durch drei einzigartige, überregional bedeutsame Moore und Feuchtgebiete, die als Naturschutzgebiete (NSG) ausgewiesen sind und als gemeldete FFH-Gebiete zusätzlich unter besonderem Schutz der EU stehen. Gerade diese Feuchtgebiete sind auf einen intakten Wasserhaushalt auch im gesamten Einzugsgebiet angewiesen. Dabei ragt das „Großlellenfelder Moor“ heraus. Es ist eines von nur zwei Übergangsmooren in Mittelfranken und weist eine entsprechend hochwertige Artenausstattung auf. Auch die Vogtsweiher, der Neuweiher und etliche Feuchtwald-Bereiche weisen einen guten Biotopwert auf, insbesondere für die Vogelwelt.

 

Im näheren Bereich brütet seit zwei Jahren das bislang einzige (und seit 150 Jahren wieder erste) Brutpaar des Seeadlers in Bayern! Daneben sind in dem Gebiet eine ganze Reihe weiterer herausragender Arten beheimatet, die größtenteils auf der Roten Liste stehen: So z. B. der nicht weniger störungsempfindliche Fischadler, Sperlingskauz, Waldschnepfe, Bekassine, Schwarzspecht und Eisvogel. Aus früheren Jahren liegen Beobachtungsmeldungen des Ziegenmelkers, einer für lichte Heidewälder charakteristischen und für die Öffentlichkeit meist unsichtbaren Vogelart vor. In jüngerer Zeit gab es wiederholt Beobachtungen von Schwarzstörchen, auch hier werden für die Zukunft Bruten erwartet. Das Gebiet besitzt aufgrund seiner Größe und Ausstattung auch erhebliche Bedeutung für diverse weitere Tiergruppen wie Kleinsäuger, Amphibien, Reptilien, Libellen, Tag- und Nachtfalter, Holz bewohnende Käfer, epigäische Spinnen und Käfer.

 

Betretbarkeit der Landschaft würde eingeschränkt

Die Heide ist ein öffentlich zugänglicher Wald, der nach der bayerischen Verfassung auch zugänglich bleiben muss. Dort heißt es: „Der Genuss der Naturschönheiten und die Erholung in der freien Natur, insbesondere das Betreten von Wald und Bergweide, das Befahren der Gewässer und die Aneignung wildwachsender Waldfrüchte in ortsüblichem Umfang ist jedermann gestattet.“ (Art. 141 Abs. 3 Satz 1 der Bayerischen Verfassung).

 

Planerische Ziele stehen dem Feriendorf entgegen

Das aktuelle Landesentwicklungsprogramm des Freistaates von 2006 hat das Leitprinzip Nachhaltigkeit eingeführt.

Es formuliert als Grundsatz 1.2.1 "Der Intakthaltung und der Entwicklung des Wasserhaushalts für Menschen, Tiere und Pflanzen kommt besondere Bedeutung zu. …".

Unter 2.1.1 formuliert es als Ziel: "Flächen, in denen den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ein besonderes Gewicht zukommt, sollen als landschaftliche Vorbehaltsgebiete in den Regionalplänen ausgewiesen werden, soweit diese Flächen nicht bereits anderweitig naturschutzrechtlich gesichert sind.

(Z) Als landschaftliche Vorbehaltsgebiete sollen folgende Gebiete einer Region ausgewiesen werden:

– Landschaften und Landschaftsteile mit wertvoller Naturausstattung oder mit

besonderer Bedeutung für die Erholung,

– vorwiegend landwirtschaftlich genutzte Räume und zusammenhängende Waldgebiete jeweils mit ökologischen Ausgleichsfunktionen,

– ökologisch wertvolle Seen- und Flusslandschaften."

Und unter 2.2.6.4 heißt es: "Der Erhaltung und Entwicklung großer zusammenhängender Waldflächen als geschlossene Lebensräume kommt besondere Bedeutung zu. Es ist anzustreben, dass bei unvermeidbaren Eingriffen in Wälder neu zu schaffende Waldflächen möglichst zur Entwicklung geschlossener Wälder beitragen."

Das gebiet ist als Landschaftliches Vorbehaltsgebiet ausgewiesen worden (s.u.) Damit stehen die Planungen für die teilweise Rodung der Östlichen Heide im Widerspruch zum geltenden Landesentwicklungsprogramm.

 

Auch der aktuelle Regionalplan der Region West-Mittelfranken stellt Beschränkungen für den Bereich der Östlichen Heide dar, die eine Bebauung mit einem Feriendorf als unzulässig erscheinen lassen. Darunter z.B. die Festlegung eines Vorranggebietes für die Wasserversorgung (TR 12) im Süden des Waldgebietes und ein Vorranggebiet für den Hochwasserschutz am östlichen Rand (HA 23). In der Nordhälfte der Östlichen Heide befindet sich bereits ein festgesetztes Wasserschutzgebiet. In der Begründungskarte Wasserversorgung wird darüber hinaus die gesamte Heide (Westliche und Östliche Heide) als geplantes Wasserschutzgebiet dargestellt.

 

Bezüglich des Walderhaltes formuliert der Regionalplan unter Grundsatz 4.1: "Die großen zusammenhängenden Waldgebiete in den Naturräumen Steigerwald, Frankenhöhe, Mittelfränkisches Becken, Vorland der südlichen Frankenalb und südliche Frankenalb gilt es möglichst vor Zerschneidungen und Flächenverlusten zu bewahren."

 

Die gesamte Heide ist im gültigen Regionalplan als Landschaftliches Vorbehaltsgebiet (das ist die höchste Schutzkategorie) eingestuft.

 

Flächenverbrauch enorm

Die Staatsregierung hat es sich zum Ziel gesetzt, den Flächenverbrauch für Siedlungs- und Verkehrszwecke von derzeit 16,1 Hektar pro Tag (22 Fußballfelder) deutlich zu reduzieren und dafür das Bündnis zum Flächensparen eingerichtet. Auf einer Tagung des BN-Bildungswerkes am 7. November 2008 im Bezirksrathaus in Ansbach warb Christina von Seckendorff vom Bay. Umweltministerium engagiert für das Kommunale Flächenressourcenmanagement, das in Modellkommunen wie Baiersdorf oder Hammelburg enorme Potentiale für die Innenentwicklung aufzeigte. "Wenn nur 10 % davon genutzt werden, brauchen diese Gemeinden auf viele Jahre hinaus keine Neubaugebiete mehr ausweisen und sparen dabei viel Geld," so von Seckendorff. Ziel müsse es sein, den Leerstand in Dörfern und Ortskernen anzugehen und lebenswerte Dörfer und Innenstädte zu erhalten, statt weiter auf die grüne Wiese zu bauen. Dies gilt natürlich auch für Wohnungen und Infrastruktur im Bereich des Tourismus, d.h. Ferienwohnungen, Gastronomie, Bäder und Freizeitangebote.

 

Projekt widerspricht den Klimaschutzzielen

Mit der Rodung von Wald geht eine enorme Freisetzung von Kohlendioxid einher. Das gesamte im Waldboden, in der Streu und im Holz gebundene CO2 würde in die Atmosphäre entlassen. Damit aber nicht genug: Gerade Waldböden und Moore haben eine besonders hohe Speicherkapazität für Kohlendioxid. Diese würde durch die Bebauung auf Dauer zerstört. Mit der allein auf das KFZ ausgerichteten Verkehrserschließung des geplanten Feriendorfes würden alternative Ferienorte mit Anschluss an die Bahn oder an bestehende Buslinien ins Hintertreffen geraten. Die damit verbundene Ausweitung des KFZ-Verkehrs wäre eine weiterer klimapolitischer Fehler.

 

Damit widerspricht das Projekt auch den Zielen der Staatsregierung zum Klimaschutz.

 

Trinkwasserressource betroffen

Die Region gehört zu den sehr niederschlagsarmen Gebieten in Bayern. Das geplante Projekt hätte einen sehr hohen Wasserbedarf. Der Wasserverbrauch ginge zu Lasten der Grundwasservorräte in der Heide. Der Wald steht bereits heute unter Trockenstress. Durch Rodung und Flächenversiegelung würde die Neubildung von Trinkwasser weiter verringert.

 

Das geplante Feriendorf würde den Plänen der Reckenberggruppe, hier Trinkwasser in großem Stil zu fördern, enormen Vorschub leisten. Das Vorhaben ist hoch umstritten und noch nicht genehmigt.

 

Die aktuelle Wasser-Rahmenrichtlinie der EU (WRRL) fordert die Erhaltung der Grundwasserressourcen.

 

Forderung: Ausweisung als Erholungswald

Das bayrische Waldgesetz gibt die Möglichkeit, derart sensible Waldgebiete durch Ausweisung als „Erholungswald“ vor solchen zerstörungsgleichen Eingriffen bzw. Umnutzungen zu schützen, ohne die Bewirtschaftung nach guter fachlicher Praxis in bisheriger Art und Weise einzuschränken. In erster Linie sollen hierfür öffentliche Wälder herangezogen werden. Die Stadt Ansbach hat in der „Feuchtlach“ kürzlich von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Bei der um ein Vielfaches größeren Dimension des beabsichtigen Heideeingriffes dürfte es keine Frage sein, von dem Instrumentarium Gebrauch zu machen. Der BN und der LBV haben unter Bezugnahme auf Art. 12 BayWaldG bereits die Ausweisung der Heide als Erholungswald beantragt. Der Walödfunktionsplan  für den regierungsbezirk Mittelfranken legt bereits einen Teil im Süden der Östlichen Heide als "Wald mit besonderer Bedeutung für die Erholung, Intensitätsstufe II" fest.

 

Center Parcs in Unterfranken gescheitert

Den Plan der Fa. Center Parcs für einen ähnlichen Freizeitpark mit 700 Bungalows auf 160 ha Fläche in einem Wald bei Wiesentheid, Unterfranken, konnten eine Bürgerinitiative und der BN 1989 erfolgreich verhindern. Dort waren Lokalpolitiker ebenfalls zunächst klar für das Projekt.

 

für Rückfragen:

Tom Konopka, BN-Regionalreferent für Mittelfranken

Tel. 0911/81 87 8-14, Fax 0911/86 95 68, Mail tom.konopka(at)bund-naturschutz.de