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Keine Gentechnik auf den Teller!

Bund Naturschutz fordert von Politik Schutz der Bauern und Verbraucher vor den Gewinninteressen der Gentechnikkonzerne

07.09.2005

Mit der von CDU/CSU und FDP im Falle eines Regierungswechsels angekündigten grundlegenden Änderung des Gentechnikgesetzes würde der Agro-Gentechnik Tür und Tor geöffnet. Dies widerspricht dem Willen der großen Mehrheit der Landwirte und Verbraucher, die keine Gentechnik auf dem Acker und im Essen haben wollen, und gefährdet das Recht der Bevölkerung auf Wahlfreiheit. Vor diesem Hintergrund sind die Errichtung und Sicherung gentechnikfreier Gebiete wichtiger denn je. Der Bund Naturschutz fordert daher von allen Bundestagskandidaten den Schutz der Bauern, Imker und Verbraucher vor die Gewinninteressen der Gentechnikkonzerne zu stellen. An die Kommunen und Landkreise in Bayern appelliert der Bund Naturschutz, die Einrichtung gentechnikfreier Regionen aktiv zu unterstützen sowie in Pachtverträgen für eigene Flächen den Anbau von Gentech-Pflanzen auszuschließen.

Union und FDP wollen das seit Februar 2005 gültige Gentechnikgesetz (GenTG) bereits im Herbst erneut novellieren und damit dem Vormarsch der Agro-Gentechnik den Weg ebnen. Die geplanten Änderungen laufen jedoch den Schutzzielen des Gesetzes diametral entgegen, weil die entscheidenden Passagen, die den Schutz der gentechnikfreien Natur und Landwirtschaft sowie Wahlfreiheit und Transparenz sichern sollen, massiv verwässert würden. “Die Union verabschiedet sich damit endgültig und ganz offensichtlich vom Schutz der gentechnikfrei produzierenden Betriebe“ sagte Richard Mergner, der Landesbeauftragte des BN. Er warf den verantwortlichen Politikern von CDU/CSU und FDP Scheinheiligkeit vor, wenn sie einerseits immer wieder die Wahlfreiheit beschwören, andererseits aber Fakten schaffen wollen, die unweigerlich zur schleichenden gentechnischen Verunreinigung von landwirtschaftlichen Produkten führen würden.

Nach den Plänen von Union und FDP soll beispielsweise der Anbau von einmal zugelassenen Gentech-Pflanzen selbst dann noch möglich sein, wenn sich die Koexistenz mit der konventionellen oder ökologischen Landwirtschaft als unmöglich erweist. Weiterhin sollen die Gentechnik-Anwender nicht mehr für wirtschaftliche Einbußen ihrer Nachbarn haftbar sein, wenn sie sich an die Anbauregeln gehalten haben. Für dennoch auftretende Schadensersatzansprüche durch gentechnische Verunreinigungen ist die Abwälzung der Kosten auch auf die Allgemeinheit mit Hilfe eines Fonds vorgesehen. Mit diesen Vorstellungen würde die jetzige gesamtschuldnerische Haftungsregelung ausgehebelt und das Verursacherprinzip auf den Kopf gestellt. Letztendlich müßten dann auch diejenigen, die mehrheitlich keine Gentechnik in der Landwirtschaft wollen, für die Schäden zahlen (siehe Anlage).

Auch mit dem Verweis auf die Schaffung von Arbeitsplätzen lassen sich die Bestrebungen der Gentechnikbefürworter in der Politik nicht rechtfertigen, so Christa Spangenberg, BN-Kreisvorsitzende von Fürstenfeldbruck. So beschäftigt die gesamte Gentechnikindustrie in Deutschland nur etwa 11.500 Mitarbeiter, wovon nur ein kleiner Teil mit der Agrogentechnik befasst ist. Dem gegenüber sind allein in der ökologischen Landwirtschaft rund 150.000 Menschen beschäftigt. Diese Arbeitsplätze wären bei einer Ausweitung der Gentechnik jedoch stark gefährdet, da eine dauerhafte Koexistenz in unserer kleinräumigen Landschaft nicht möglich ist. Da die Verbraucher in der EU wie auch in zahlreichen anderen Ländern gentechnikfreie Lebensmittel wünschen, liegen aber gerade in diesem Bereich enorme Wachstumschancen, ohne die Risikotechnologie Gentechnik. Eine Förderung der Agrogentechnik gefährdet somit Arbeitsplätze statt welche zu schaffen!

Zahlreiche Regionen und Gemeinden in der EU haben dies bereits erkannt und setzen auf eine gentechnikfreie Produktion in gentechnikfreien Regionen. In 16 von 25 EU-Mitgliedsstaaten haben sich Regional- und Landesparlamente, Städte und Bürgermeister gegen den Anbau genveränderter Pflanzen ausgesprochen. In Österreich betrifft dies acht von neun Bundesländern, in Italien liegen entsprechende Erklärungen für knapp 80 Prozent der Landesfläche vor, in Polen sind es zwei Drittel des Staatsgebiets. Insgesamt haben sich inzwischen über 160 europäische Regionen und Provinzen zu gentechnikfreien Regionen erklärt. In Deutschland sind es mittlerweile rund 16.600 Landwirte in 71 gentechnikfreien Regionen mit ca. 600.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche. Hinzu kommen noch rund 60 Kommunen und Landkreise. In Bayern haben sich z. B. die Landeshauptstadt München und die Stadt Augsburg gegen den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen auf ihrem Grund und Boden entschieden.

Der BN appelliert daher an die Kommunen auch im Landkreis Fürstenfeldbruck, sich diesen Initiativen anzuschließen und als Landeigentümer bzw. Verpächter landwirtschaftlicher Grundstücke den Anbau genmanipulierter Pflanzen auf ihren Flächen zu untersagen.


Forderungen des Bundes Naturschutz:

- Die Gesetzgebung der EU muß das Selbstbestimmungsrecht der europäischen Regionen schützen und stärken. Das Recht, in der eigenen Region selbst über den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) zu entscheiden ist zwingend notwendig.

- Um die Wahlfreiheit der Verbraucher und die Transparenz zu verbessern, muß die Kennzeichnungspflicht auch auf tierische Produkte erweitert werden, die unter Verwendung von GVO erzeugt wurden. Dies betrifft z. B. Fleisch, Eier und Milcherzeugnisse.

- Bei gentechnischen Verunreinigungen von Saatgut müssen strenge Kennzeichnungsvorschriften festgelegt werden, die sich an der technisch machbaren Nachweisgrenze orientieren.

- Bis diese Forderungen erfüllt sind, darf es keine weiteren Zulassungen für den Anbau von GVO in der EU geben.

- Die Regelungen im deutschen Gentechnikgesetz zur gesamtschuldnerischen Haftung nach dem Verursacherprinzip und die weiteren Maßgaben (z. B. gute fachliche Praxis, Monitoring) zum Schutz der gentechnikfreien Natur und Landwirtschaft müssen als Mindeststandard beibehalten und konkretisiert werden.


Für Rückfragen:
Kurt Schmid
BN-Gentechnikexperte

Tel. 089/84 82 98-88 oder 0171-6394370
E-Mail: kurt.schmid@bund-naturschutz.de


Anlage zur Pressemitteilung „Keine Gentechnik auf den Teller!“

Gentechnikgesetz – Bundesrat will wichtige Regeln aufheben

Der von CDU/CSU und FDP dominierte Bundesrat forderte bereits Ende April 2005 Änderungen des Gentechnikgesetzes (GenTG), die den Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft gefährden würden:

- Statt bisher 3 Monate vor der Aussaat sollten Einträge ins Anbauregister für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) erst 3 Wochen vorher erforderlich sein. Damit würde Nachbarn und Imkern die Möglichkeit genommen, ihre eigene Produktionsplanung auf den GVO-Anbau in der Nachbarschaft einzustellen. Außerdem sollten detaillierte Angaben zu Flächengröße und Flurstück entfallen.

- Der GVO-Anbau sollte nicht verboten werden können, auch wenn sich eine „Koexistenz“ zwischen GVO-Anbau und konventioneller und biologischer Landwirtschaft als unmöglich erweist. „Koexistenz unmöglich“ bedeutet aber, dass die GVO-Kontamination konventionell und biologisch produzierter Lebensmittel gang und gäbe wäre.

- CDU/CSU und FDP fordern, dass die Kontamination durch GVO aus Freisetzungen erlaubt sein soll, was bedeutet, dass auch nicht-genehmigte GVO in konventionellen oder Bio-Produkten als Verunreinigung auftauchen dürfen. Da GVO, die in Freisetzungsversuchen getestet werden, nicht eingehend auf ihre Sicherheit für die menschliche und tierische Gesundheit geprüft sind, ist das Risiko für gesundheitlich problematische Inhaltsstoffe hier besonders hoch.

- Die gute fachliche Praxis (GFP) soll nicht durch das GenTG festgeschrieben werden, d. h. entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zur Vermeidung von Kontamination beim Anbau von GVO könnten nicht vorgegeben werden.

- Die Haftungsregeln sollen „entschärft“ werden: Wenn der GVO-anbauende Landwirt sich an landwirtschaftliche Regeln hält, soll er für den wirtschaftlichen Schaden durch eine GVO-Kontamination in Flächen und Produkten der Nachbarn nicht haftbar gemacht werden können. Auch für eine GVO-Kontamination, die unterhalb der für Lebensmittel geltenden Kennzeichnungsschwelle von 0,9 % liegt, soll der GVO-Anbauer nicht haftbar sein. Dabei können konventionell und erst recht biologisch wirtschaftende Landwirte auch bei einer Kontamination unter diesem Wert durchaus wirtschaftliche Schäden erleiden, da sie ihre Produkte nicht mehr oder nur zu einem geringeren Preis absetzen können, weil ihre Vertragspartner kontaminierte Ware nicht abnehmen. Das Verursacherprinzip, wonach der, der einen Schaden erzeugt, dafür auch haften muss, soll damit außer Kraft gesetzt werden.

- Stattdessen soll, um geschädigten Landwirten in gewissen Fällen „unbürokratisch“ eine Entschädigung zukommen zu lassen, ein auch durch Steuermittel gespeister Haftungsfond eingerichtet werden. Dies käme einer Gentechniksteuer gleich, sollen doch so die Verbraucher, die zu mehr als zwei Drittel Genfood ablehnen, letztlich für die durch eine von ihnen nicht gewünschte Technik entstehenden Schäden aufkommen.

- Ökologisch sensible Gebiete wie beispielsweise FFH-Gebiete sollen nicht eigens vor GVO-Einwirkungen geschützt werden, die Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes, die eine besondere Verträglichkeitsprüfung hierfür vorschreibt, soll entfallen.