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Kritische Bilanz zu 100 Tage Forstreform

Das Wald Bündnis Bayern zieht nach 100 Tagen eine kritische Bilanz zu den Bayerischen Staatsforsten und der Forstreform.

07.10.2005

"Schon nach den ersten 100 Tagen müssen wir leider feststellen, dass die Befürchtungen, die wir gegenüber der Forstreform vorgebracht haben, Zug um Zug Realität werden", bilanziert Hubert Weiger, 1. Vorsitzender des Bundes Naturschutz und Sprecher des Wald Bündnis Bayern. Ob "Wald-Maut" für Wandergruppen, Behördenwirrwarr, schlecht gepflegte Wege, zunehmende Technisierung der Waldbewirtschaftung und Holzverkauf fast nur noch an Großabnehmer. Dies alles läßt eine Abkehr von der Waldqualität befürchten, die im bayerischen Staatswald in den letzten Jahren erreicht wurde.

Eines der Hauptargumente für die Forstreform, Bürokratie abzubauen, ist nicht eingetreten. Für viele Bürger ist die überlappende Zuständigkeit von Forstverwaltung und Bayerische Staatsforsten auf derselben Fläche nicht vermittelbar.

Die Einsparbemühungen haben immer drastischere Auswirkungen für die Waldbesucher. So gab es im Spessart Proteste, weil Wanderwege im Staatswald nach Holzeinschlägen nicht mehr wie bisher frei geräumt wurden. Bei der Einweihung eines Europäischen Kulturwanderweges mußten die Ehrengäste sogar über Äste klettern, weil die Förster zu wenig Geld für Wegeunterhalt haben. "Hier ist nicht der Förster der Schuldige, sondern die Politik, der ihm kein Geld dafür gibt und die Gewinnerwartung ins Unrealistische hochschraubt", kritisiert Hubert Weiger.

Während beim Wegeunterhalt massiv gespart werden muss, werden neuerdings Wandergruppen im Staatswald zur Kasse gebeten. Zur Zeit sorgt ein aktueller Fall aus Oberfranken bei den Wandervereinen in ganz Bayern für große Aufregung, weil die Bayerischen Staatsforste für Wandertage und für Wandergruppen, die den Staatswald durchqueren, eine Art "Wald-Maut" vom Veranstalter einfordern, was früher i.d.R. nicht gemacht wurde. Nun tritt offensichtlich ein, was das Wald Bündnis Bayern schon länger befürchtet hatte, nämlich das Abkassieren von Wandergruppen durch eine "Wald-Maut". Dies wurde von Seiten der Staatsregierung während des Volksbegehrens "Aus Liebe zum Wald" immer als Horrorszenario zurückgewiesen. Das Wald Bündnis Bayern fordert deshalb Staatsminister Josef Miller auf, dagegen einzuschreiten, wenn er glaubwürdig bleiben will und zunehmende Proteste der Bevölkerung vermeiden will.

Völlig unzureichend ist die Kontrolle der Bayerischen Staatsforste durch die Forstverwaltung. Von Staatsminister Erwin Huber war diese gesonderte Kontrolle noch ein Hauptargument für die Forstreform. Doch nach der Forstreform wird immer deutlicher, dass eine unabhängige Kontrolle und Dokumentation, wie Staatswald die Gemeinwohlaufgaben erfüllt, wohl gar nicht gewünscht wird. Nach wie vor fehlen den Beamten der Forstverwaltung die Instrumente, die Bayerischen Staatsforste, denen die Bewirtschaftung übertragen ist, auch effektiv zu kontrollieren. Wenigstens die forstliche Planung sollte Aufgabe der Forstverwaltung sein.

Das Wald Bündnis Bayern kritisiert die Pläne der Spitze der bayerischen Staatsforste, immer mehr eingeschlagenes Holz an immer weniger Großabnehmer zu verkaufen. Ein aktuelles Beispiel für diese völlig verfehlte Wirtschaftspolitik ist die massive Subventionierung eines geplanten Großsägewerkes der österreichischen Klausner-Gruppe in Landsberg. Für dieses Großsägewerk soll es verbilligten Baugrund und verbilligtes Holz aus dem Staatswald geben, während andere alteingesessene Sägewerke leer ausgehen und keinen "Stecken" von den Bayerischen Staatsforsten mehr bekommen. Wie eine Studie im Auftrag der europäischen und finnischen Sägewerksorganisationen belegt, werden für einen Arbeitsplatz in einem neuen Großsägewerk mindestens drei bestehende Arbeitsplätze in kleinen und mittleren Sägewerke vernichtet! Somit wird der Arbeitsplatzabbau auch noch von der öffentlichen Hand unterstützt!

Angesichts dieser Entwicklungen ist es nötiger denn je, dass die Bevölkerung die Maßnahmen im Staatswald, die aufgrund der überzogenen Gewinnziele durchgeführt werden müssen, kritisch hinterfragt und Fehlentwicklungen an die lokalen Wald Bündnisse (i.d.R. Geschäftsstellen des Bundes Naturschutz und Landesbund für Vogelschutz) meldet. Es wird immer deutlicher, dass die lokalen Wald Bündnisse, die während des Volksbegehrens "Aus Liebe zum Wald" in allen Landkreisen gegründeten wurden, ein scharfes Auge auf die Vorgänge in den Staatswäldern halten müssen und über ganz Bayern hinweg Veränderungen dokumentieren werden.