Nationalpark Steigerwald unverzichtbar für Artenschutz
Im Rahmen einer Pressefahrt durch die Schluchten des Böhlgrundes im Nördlichen Steigerwald forderten der BUND Deutschland und der Bund Naturschutz in Bayern dazu auf, die Buchenwälder hierzulande besser zu schützen. „Wir unterstützen das Engagement der Bundeskanzlerin für den weltweiten Schutz der Wälder und fordern die Bayerische Staatsregierung auf diese Schutzziele auch in Bayern umzusetzen, indem sie einen Nationalpark Steigerwald auf den Weg bringt,“ so Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND und des Bundes Naturschutz in Bayern. Für Deutschland hat die Bundesregierung vorgegeben, 10 % der öffentlichen Wälder unter Schutz zu stellen und der natürlichen Entwicklung zu überlassen.
Deutschland trägt auf nationaler, europäischer und globaler Ebene besondere Verantwortung für den Erhalt und die naturschutzgerechte Entwicklung von Buchenwald-Ökosystemen. Im Umfeld der weltweiten UN-Artenschutzkonferenz im Mai 2008 in Bonn stellt sich nun die Frage, inwieweit Deutschland seiner Verantwortung für den Erhalt der Artenvielfalt gerade in den Laubwäldern nachkommt. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesamt für Naturschutz „Bonner Thesen zum Naturerbe Buchenwälder“ entwickelt. Diese bieten eine geeignete Grundlage für die zukunftsorientierte Entwicklung der Buchenwälder in Deutschland und sollen zugleich dazu dienen, den handlungs- und umsetzungsorientierten Dialog mit Forstwirtschaft, Privatwaldbesitzern, Kommunen, Ländern und innerhalb des Bundes weiter zu intensivieren.
Der BUND und der BN fordern die Bundesregierung und Bayerische Staatsregierung auf, den Versprechungen auf der UN-Naturschutzkonferenz in Bonn nun auch Taten im eigenen Land folgen zu lassen und Buchenwälder besser zu schützen. Im Rahmen der anschließenden Pressekonferenz wurde dazu ein erster Forderungskatalog zu einem Buchenwaldprogramm präsentiert. László Maráz, waldpolitischer Sprecher des BUND: „Die Nationale Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung geht mit ihren Zielvorgaben für Waldschutzgebiete in die richtige Richtung, denn zum Schutz der biologischen Vielfalt müssten mindestens 10% aller Wälder unter Schutz gestellt werden. Insofern begrüßen wir die Umsetzung des Ziels, 5 % der Wälder bzw. 10 % der öffentlichen Wälder der natürlichen Entwicklung zu überlassen, als einen wichtigen Schritt in diese Richtung.“
Die Umsetzung ist allerdings weitgehend Ländersache und genau hier liegt das Problem. So wurden in Bayern bislang keine Maßnahmen eingeleitet, um weitere Schutzgebiete in Wäldern auszuweisen. Dies ist aber Voraussetzung dafür, um das Überleben der anspruchsvollen Arten alter Laubwälder zu gewährleisten.
Nationalpark im Steigerwald gefordert
Im Rahmen einer Wanderung durch die Schluchten des Böhlgrunds betonten der Bund Naturschutz in Bayern (BN) und der BUND Deutschland die hohe Schutzwürdigkeit des Steigerwaldes. Die großen staatlichen Buchenwälder im Steigerwald besitzen deutschlandweit gesehen ein herausragendes Potential für einen Buchenwaldnationalpark.
Im Rahmen der Tagung „Naturerbe Buchenwälder“ (Ebrach, 10./11. April 2008) hatten die Teilnehmer in einer Resolution dazu aufgerufen, den Schutz der Buchenwälder als nationalen Auftrag ernst zu nehmen und die erheblichen Substanzverluste vor allem in den öffentlichen (staatlichen) Wäldern durch Forstreformen mit einseitiger Ausrichtung auf Gewinnmaximierung, drastischem Personalabbau und steigendem Nutzungsdruck insbesondere auch auf die wertvollen alten Laubwälder umgehend zu stoppen. Regierungen des Bundes und der Länder wurden dazu aufgerufen, ein Schutzgebietssystem für nutzungsfreie Buchenwälder einzurichten und neue Nationalparke auszuweisen, wie zum Beispiel den Nördlichen Steigerwald.
BUND fordert Buchenwaldprogramm
Der BUND forderte anlässlich der Pressefahrt im Steigerwald ein Buchenwaldprogramm des Bundes und der Bundesländer. Als Diskussionsgrundlage wurden eine Reihe von Forderungen an die Entscheidungsträger in Gesellschaft und Politik präsentiert, um die Integrität und den Schutz der heimischen Laubwälder zu sichern.Deutschland und Bayern müssten ihre Buchenwälder besser schützen. Hierzu werde man in den kommenden Monaten die Bundesländer auffordern, eigene Buchenwaldprogramme mit ihren Planungen zur Umsetzung der Schutzziele im Wald vorzulegen. Darauf aufbauend soll eine öffentliche Diskussion geführt und die Auswahl neuer Schutzgebiete nach fachlichen Kriterien eingeleitet werden.
Zwar haben die Bundesrepublik Deutschland und die Bundesländer ihre Verantwortung für den Erhalt der Buchenwälder als nationales und zugleich Welt–Naturerbe erkannt, sind in der Umsetzung bislang aber sehr zögerlich. Die bestehenden Buchenwald–Nationalparks und Naturwaldreservate/-zellen sind gute Ansätze, aber vom Flächenumfang ist dies insgesamt erheblich zu wenig, um den internationalen Verpflichtungen nachzukommen.
So betrug der Anteil Deutschlands an der Gesamtfläche der europäischen Buchenwälder ursprünglich 25 Prozent und die Rotbuche bedeckte einst zwei Drittel der Landesfläche. Heute ist sie nur noch auf 4,8 % vertreten. Im Wald wurde sie vor allem durch die intensive Nadelholz-Plantagenwirtschaft verdrängt.
Nur 41.500 Hektar unserer Buchenwälder sind von forstlichen Engriffen verschont. Sie stehen vor allem in Kernzonen von Nationalparken, in Naturwaldreservaten und in Kernzonen von Biosphärenreservaten. Selbst in Naturschutzgebieten unterbleibt der Holzeinschlag nur in wenigen, kleinen nutzungsfreien Zonen.
Nur 123.000 unserer Wälder können sich frei von forstlicher Nutzung und anderen Eingriffen zu den „Urwäldern von morgen frei entwickeln. Das sind 0,35 % der Fläche Deutschlands.
Forstwirtschaft kann umfassenden Schutz der biologischen Vielfalt nicht leisten
Die Forstwirtschaft ist mit dem Erhalt der biologischen Vielfalt im Wald überfordert und verhindere durch die intensive Holznutzung das Entstehen alter Wälder mit ihren Alters-und Zerfallsprozessen, die so wichtig sind für den Erhalt unserer natürlichen biologischen Vielfalt. Die Rotbuchen werden schon ab einem Alter von 120 Jahren geerntet, obwohl sie weit über 300 Jahre alt werden können. Im aufgeräumten Forst sind tote Bäume und liegende Stämme selten und damit fehlen wichtige Nahrungs- und Brutmöglichkeiten für zahlreiche Vogelarten, holzzersetzende Pilze und holzbewohnende Käferarten.
Raubbauartige Holzeinschläge im deutschen Wald
Mit dem Einschlag der Altbäume werde sogar die biologische Substanz der wertvollsten Wälder angegriffen und teilweise zerstört. Wegen der hohen Brennholzpreise werden inzwischen sogar Höhlenbäume und andere Biotopbäume gefällt, die für viele bedrohte Käfer- und Pilzarten unverzichtbare Nahrung und Lebensraum sind.
Deutschland muss seine globale Verantwortung für europäische Buchenwälder wahrnehmen und die Bundesländer müssen die Ziele der Nationalen Strategie der Bundesregierung zur biologischen Vielfalt jetzt umsetzen und:
- sich am Aufbau und Einrichtung eines vollständigen bundesweiten Schutzgebietssystems für Buchenwälder beteiligen
- noch in diesem Jahr die Waldflächen in ihrem Bundesland auswählen, die aus naturschutzfachlicher Sicht für die Unterschutzstellung besonders geeignet sind
- neue Buchenwald-Nationalparke als Teil des Nationalen Naturerbes ausweisen, wie z.B. den Nationalpark Steigerwald in Nordbayern
- eine bundesweit einheitliche, fachlich nach neuestem Kenntnisstand erarbeitete Richtlinie zur Behandlung von Buchenwäldern in Natura 2000-Gebieten verabschieden und deren Umsetzung verbindlich machen
- den Holzeinschlag in Altbeständen der Laubwälder vorerst aussetzen, um Buchenbestände ab 140 und Eichenbestände ab 240 Jahren so lange nicht weiter biologisch zu entwerten, bis über ihren Schutzstatus entschieden ist
Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND und BN, fordert deshalb, dass die bayerische Staatsregierung die Nationale Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung für den Schutz der Buchenwälder unterstützt und damit einen unverzichtbaren Beitrag zum Schutz des Lebensraumes Buchenwald im eigenen Land leistet. „Die überaus große Resonanz auf unsere Fachtagung „Naturerbe Buchenwälder“ sehen wir als klares Signal an die verantwortliche Politik, sich beim Schutz der Buchenwälder zu engagieren. Deutschland muss als Gastgeberland der UN-Artenschutzkonferenz selbst vorbildhaft handeln, damit auch die großen Waldländer wie Brasilien oder Russland den Schutz ihrer für das Überleben der Menschheit unverzichtbaren Wälder sichern“, so Weiger.
Der BN-Vorsitzende ist optimistisch, die Kritiker zu überzeugen, dass ein Nationalpark im Nordsteigerwald – nur Staatswaldflächen – ein Segen für die Region sein wird.
Für Rückfragen:
Ralf Straußberger
Waldreferent
Tel.: 0911/81878-22
E-Mail: ralf-straussberger@bund-naturschutz.de