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Tiere und Pflanzen

Pressefahrt des Bundes Naturschutz in Bayern e.V. (BN) zum Grünen Band Bayern-Tschechien am 25. Juli 2011

Naturperlen am größten Lebensraumverbund der Welt massiv gefährdet!

25.07.2011

Die Nationalparke Bayerischer Wald und Šumava bilden zusammen das waldreiche Herzstück des Grünen Bandes Bayern-Tschechien. Trotz des höchsten Schutzstatus sind Tausende von Bäumen in den Kern- und Urwaldzonen des Nationalparks auf tschechischer Seite massiv durch Abholzungen gefährdet. Auch ist die Kernfläche am Berg Smirčina (Hochficht) zu Oberösterreich durch Planungen für eine Skischaukel und Ferienhaussiedlung bedroht - ein Wanderkorridor des Luchses am Grünen Band.

Prof. Hubert Weiger, 1. Vorsitzender des BN und BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.): „Das Grüne Band Europa ist mit seinen 12.500 Kilometern Länge vom Eismeer bis ans Schwarze Meer der größte Lebensraumverbund der Welt und vernetzt große Naturgebiete, in denen seltene und gefährdete Arten wie Luchs, Fischotter und Wildkatze einen Rückzugsraum gefunden haben. Zudem ist es eine einmalige Erinnerungslandschaft an die Überwindung der Teilung Europas, die es für künftige Generationen zu bewahren gilt“.

Erschreckend ist die Bilanz entlang der bayerischen Seite des Grünen Bandes. Gerade mal 32 % des 346 Kilometer langen Teilstücks von Hof bis ins Dreiländereck Bayern-Tschechien-Oberösterreich stehen unter Naturschutz. Auf tschechischer Seite sind die naturnahen Flächen entlang des Grünen Bandes mit 94 % weitaus umfassender unter Schutz gestellt.

Flächenankauf ist daher oft der einzige und schnellste Weg, bedrohte Lebensräume für immer zu sichern. Der Bund Naturschutz steht daher kurz vor dem Abschluss, gut 5 Hektar wertvolle Moorflächen am Grünen Band im Landkreis Freyung-Grafenau anzukaufen. Der mit Spendengeldern für das Grüne Band Bayern finanzierte Ankauf des BN wird von der Regierung von Niederbayern unterstützt und auch gefördert. Richard Mergner, Landesbeauftragter des BN wies auf die hohe Bedeutung der Ankäufe für die nachhaltige Sicherung des Biotopverbundes und der Biodiversität hin: „Dieser Grunderwerb dient zum einen dem Schutz der Artenvielfalt, diese Moorflächen sind aber auch als CO2-Speicher wichtig für den Klimaschutz“.

Eine ausgesprochene Rarität suchten die Teilnehmer der Pressefahrt auf den Moorflächen bei Hinterfirmiansreut  leider diesmal vergebens: das verschollene stark gefährdete Zierliche Wollgras (Rote Liste Deutschland – 1). Ein Herbarbeleg aus dem 19. Jahrhundert liegt vor, aber die Pflanze wurde in dieser Region bisher noch nicht eindeutig wieder nachgewiesen. Hingegen wurden im Rahmen eines neu gestarteten EU-Projektes GREENNET (Central Europe Programme) nördlich und südlich von Waidhaus im Rehlingbachtal über 30 gefährdete Arten der Roten Liste Bayerns entdeckt. Gefährdete Tagfalter wie der Lilagoldfalter, Baldrian-Scheckenfalter und Baumweißling und Heuschrecken wie der Warzenbeißer und die Sumpfschrecke sowie die Grüne Keiljungfer, eine Libelle, die als „besonders geschützt“ gilt und im Anhang II der Flora-Fauna-Habitat (FFH-) Richtlinie aufgeführt ist.

An dem seit Anfang April laufenden Projekt GREENET am Grünen Band Zentraleuropa sind 22 Projektpartner aus den sechs Ländern Deutschland, Tschechien, Österreich, Slowakei, Slowenien und Italien beteiligt. Lead-Partner ist die Thüringer Landgesellschaft, die zusammen mit den Projektbeteiligten aus Behörden, Hochschulen, Instituten, Regionalmanagementagenturen und Naturschutzverbänden das dreijährige Vorhaben durchführt. Der BUND ist als Projektpartner und als Regional-Koordinator für den zentraleuropäischen Abschnitt des Grünen Bandes insbesondere für die nationale und internationale Lobby- und Netzwerkarbeit zuständig sowie die Aktivitäten im Bereich Bayern-Thüringen-Tschechien. Ein Hauptziel des EU-Projektes ist die Erarbeitung und Umsetzung einer gemeinsamen transnationalen Strategie mittels innovativer Konzepte für Flächenmanagement zur Sicherung gesetzlich nicht- oder gering geschützter Bereiche im Grünen Band.  Dies soll die Entwicklung und Sicherung des notwendigen ökologischen Netzwerkes in Europa unterstützen („Green Infrastructure“).

Weiger forderte Bayern auf, das Grüne Band Bayern-Tschechien als UNESCO-Welt- und Naturerbe auszuweisen. „Dringend erforderlich ist auch umfassende aktuelle Bestandsaufnahme der Lebensräume und Arten am bayerischen / tschechischen Grünen Band, da in vielen Bereichen nur sehr veraltete Daten vorliegen“, so Weiger weiter. Der Bayerische Landtag hatte bereits im März 2011 in einem Beschluss die Staatsregierung aufgefordert, „sich beim Bund dafür einzusetzen, dass die wertvollen Biotope entlang des Grünen Bandes insbesondere im Grenzgebiet zu Tschechien im Rahmen von Bundesprojekten erfasst, gesichert und entwickelt werden.“ Aber auch der Landtag ist weiterhin gefordert, die negativen Entwicklungen im angrenzenden Nationalpark Šumava genau zu verfolgen. Die Urwälder des Nationalparks Šumava sind massiv durch Maßnahmen zur Borkenkäferbekämpfung bedroht wie z.B. am Plechý (Plöckenstein). Durch den Einsatz von Großmaschinen wie Harvester werden Kahlschläge verursacht, der Waldboden langfristig gestört und die Artenvielfalt massiv beeinträchtigt. Der Bund Naturschutz fordert, auf Großmaschineneinsätze zu verzichten, keine Kahlschläge mehr zuzulassen und naturnahe Waldbewirtschaftungsmaßnahmen umzusetzen.

Die Artenvielfalt auf der Erde nimmt kontinuierlich ab – nach Schätzungen der UN sterben täglich ca. 130 Tier- und Pflanzenarten aus. Doch nicht nur Gebiete wie die tropischen Regenwälder stellen einen unverzichtbaren Schatz der Biodiversität dar. Auch vor unserer Haustür konnten sich im Schatten des früheren Eisernen Vorhangs einzigartige Naturperlen mitten im dicht besiedelten und hochindustrialisierten Europa erhalten. Der Bund Naturschutz als bayerischer Landesverband des BUND hat das Naturschutzprojekt Grünes Band bereits 1989 in Deutschland ins Leben gerufen. Ausgehend davon hat sich eine europäische Initiative mit 24 beteiligten Staaten zum Schutz der Natur am ehemaligen Eisernen Vorhang entwickelt – das Grüne Band Europa.

 

Für Rückfragen: Dr. Liana Geidezis und Melanie Kreutz, BUND-Projektbüro Grünes Band,90443 Nürnberg, Tel.: 0911-575294-0; am 25.07.2011 zu erreichen unter: 0173-4466553;Email: gruenesband@bund-naturschutz.de, Internet: www.gruenesband.info, www.erlebnisgruenesband.de, www.greenbelteurope.eu