S-Bahn-Verschwenk wäre planerisches und politisches Armutszeugnis
Der Bund Naturschutz weist die Kritik von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann am Festhalten der Stadt Fürth an einem bestandsorientierten Bau der S-Bahn nach Erlangen auch aus Gründen des Natur- und Umweltschutzes entschieden zurück. „Wir unterstützen die Stadt Fürth bei ihrer Forderung an die Deutsche Bahn, die Bayerische Staatsregierung und das Bundesverkehrsministerium, auf einen S-Bahn-Verschwenk durchs Knoblauchsland zu verzichten und die Strecke entlang der vorhandenen Bahnstrecke auszubauen“, so BN-Landesvorsitzender Prof. Hubert Weiger. Es sei ein planerisches und politisches Armutszeugnis, dass die Vorschläge für eine Lösung mit erheblich geringeren Eingriffen in die Kulturlandschaft und weniger Kosten nicht aufgegriffen würden, so Weiger.
Herrmann hatte laut Nürnberger Nachrichten vom 7. August 2010 gesagt, „es sei letztlich nicht entscheidend, ob die Strecke ein paar Kilometer weiter links oder rechts verläuft.“ Dieser Aussage widerspricht der Bund Naturschutz entschieden. Denn für die betroffene Stadt und die betroffenen Bürger ist es eben nicht egal, ob eine sinnvolle Ergänzung des bestehenden Bahnangebots entsteht oder ob eine gravierende Fehlplanung auf Dauer in die Tat umgesetzt wird. Weiger: „Es darf keinen Geisterbahnhof im Niemandsland geben, nur weil man nicht bereit ist, einen Uraltplanung zu überarbeiten“.
Der Bund Naturschutz fordert die Verantwortlichen bei der Deutschen Bahn, in der Bayerischen Staatsregierung und im Bundesverkehrsministerium dringend dazu auf, die bisher zugrunde gelegten Pläne zu ändern, um die Realisierung einer gravierenden Fehlplanung noch rechtzeitig zu verhindern.
Grundsätzlich begrüßt und unterstützt der Bund Naturschutz die Einrichtung eines attraktiven S-Bahn-Verkehrs zwischen den Städten Nürnberg, Fürth und Erlangen. „Der immer noch geplante S-Bahn-Verschwenk im Bereich der Stadt Fürth ist nicht nur überflüssig, sondern in mehrfacher Hinsicht auch schädlich“, so BN-Kreisvorsitzender Reinhard Scheuerlein. Mit einem enormen Flächenverbrauch und einer gravierenden Zerschneidung der Landschaft stellt diese Planung einen krassen Widerspruch zu dem Ziel eines sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden dar. Zu diesem Ziel haben sich sowohl die Bayerische Staatsregierung im „Bündnis zum Flächensparen“ als auch die Bundesregierung in ihrer „Nachhaltigkeitsstrategie“ verpflichtet.
Zudem würde mit dem geplanten S-Bahnhof Steinach nach Auffassung des Bundes Naturschutz ein „Geisterbahnhof im Niemandsland“ erreichtet. Denn der Fürther Stadtteil Steinach zählt gerade einmal 50 Seelen. Und dass die Verschwenk-Planer den Bedarf für einen S-Bahnhof –wie in der Planung geschehen– weitgehend mit einem noch gar nicht vorhandenen Möbelhaus rechtfertigen, stellt für den BN ein beispielloses Armutszeugnis dar.
Somit gibt es nach Auffassung des Bundes Naturschutz keinen ausreichenden Nachweis für den Bedarf dieser S-Bahn-Station, die anstelle des bisher angefahrenen Bahnhofs Vach gebaut werden soll.
Zudem weist die Planung der Bahn für den Verschwenk erhebliche zeitliche und finanzielle Risiken auf, die bisher nicht in die vergleichende Bewertung eingeflossen sind. Denn die Anbindung des geplanten S-Bahnhofs Steinach ist nicht Bestandteil der Bahnplanung, sondern vollkommen abhängig von der umstrittenen Neubauplanung eines Möbelhaus-Großprojekts von Möbel-Höffner. Für den dafür erforderlichen neuen Anschluss an den Frankenschnellweg sind voraussichtlich Enteignungen erforderlich, deren langwierige juristische Anfechtung absehbar ist. Doch ohne einen Autobahnanschluss wäre das Möbelhaus-Großprojekt nicht zulässig und somit wäre auch die Erschließung des S-Bahnhofs nicht gewährleistet.
Doch wer würde dann für deren Kosten aufkommen, wenn nicht der Steuerzahler? Oder wollen sich die Verantwortlichen eine bundesweite Lachnummer leisten mit einem S-Bahn-Anschluss, der nur über Feldwege erreichbar ist?
Durch viele Einzelaspekte drängt sich der Eindruck auf, dass die Verschwenk-Planung schön gerechnet wurde, um ein einmal gewähltes Planungskonzept trotz völlig veränderter Rahmenbedingungen nicht mehr ändern zu müssen.
Der Bund Naturschutz ist jedoch der Auffassung, dass es nun nicht den Kritikern der Verschwenk-Lösung angelastet werden darf, dass die Bahnplaner nicht willens oder in der Lage waren, die von Anfang an geäußerten Bedenken an der Trassenführung rechtzeitig zu berücksichtigen.
für Rückfragen:
BN-Landesbeauftragter Richard Mergner
Tel. 0911/8187825