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Tour de Natur 2004 im Fichtelgebirge

Fichtelgebirgsautobahn unnötig
Moderater Ausbau der B 303 und Modernisierung der Bahn völlig ausreichend

29.07.2004

Anlässlich des Besuchs der diesjährigen Tour de Natur im Fichtelgebirge weist der Bund Naturschutz nochmals darauf hin, dass die heutigen Verkehrszahlen im Ost-West-Verkehr und die geplanten und im Ausbau befindlichen Transitstrecken eine Autobahn über das Fichtelgebirge und unter dem Waldstein hindurch nicht begründen können. Die "kreative Radtour für nachhaltige Verkehrspolitik und Lebensweise" machte einen Stopp von Kulmbach über Weißenstadt kommend in Wunsiedel.

Bei der Kundgebung begrüßte es der BN, dass die geplante Autobahn von der rot-grünen Bundestagsmehrheit im neuen Bundesverkehrswegeplan nicht in den vordringlichen Bedarf eingestuft wurde. BI und Umweltverbände haben hier mit Unterstützung einzelner Bundestagsabgeordneter der SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag einen wichtigen Teilerfolg errungen. Die Einstufung im "weiteren Bedarf" dürfte wohl eher ein Geschenk an SPD-Verkehrspolitiker als durch vernünftige Planung begründet sein.

Jetzt müssen intelligente, angepasste Lösungen für den heutigen und zukünftigen Ost-West-Verkehr her. Eine Reißbrettplanung mit dem einzigen Ziel, den Verkehr auf der Straße abzuwickeln und nicht auch die Bahn zu stärken, kann man nur noch als Dinosaurierplanung bezeichnen. Insbesondere dürfen jetzt keine Steuergelder für die Schubladenplanung vergeudet werden. Der BN fordert von der Staatsregierung, die knappen Mittel besser in den Öffentlichen Nahverkehr und in den Bahnausbau zu stecken. Der Abschnitt Schirnding - A 93 darf ausschließlich auf der bestehenden B 303 ausgebaut werden.

Die Initiative von fünf Bürgermeistern aus Fremdenverkehrsgemeinden des zentralen Fichtelgebirges zeigt dabei in die richtige Richtung: Unter Verweis auf die bis 2015 mindestens verschobene Fichtelgebirgsautobahn forderten sie im Mai folgerichtig die Fertigstellung der Autobahn
A 6 Prag - Waidhaus - Nürnberg.

Die UmweltschützerInnen und HeimatfreundInnen im Fichtelgebirge haben etwas Luft gewonnen. Die Wälder des Fichtelgebirges sind aber seit wenigen Monaten durch die sog. Forstreform der Staatsregierung bedroht. Der Bund Naturschutz ruft deshalb gemeinsam mit dem Alpenverein, dem Fichtelgebirgsverein und anderen Gebirgs- und Wandervereinen, dem LBV, der IG B.A.U., Waldbesitzerverbänden und vielen anderen aus dem Wald-Bündnis-Bayern auf, das Volksbegehren "Aus Liebe zum Wald" zu unterstützen.

Tatsächlich ist die geplante Autobahn durch das Fichtelgebirge nicht nur unnötig, sondern auch im verkehrspolitischen Sinne schädlich. Knappe Mittel des Bundes für die Organisierung des zukünftigen Verkehrs dürfen nicht fehlinvestiert werden. Der Bund Naturschutz fordert deshalb die Streichung der sog. B 303n aus dem "weiteren Bedarf" des Bundesverkehrswegeplanes und fordert stattdessen die Umsetzung der Ausbaupläne an den Bahnlinien Nürnberg- Marktredwitz - Cheb (Eger)- Prag und Nürnberg - Furth i.W. - Pilsen - Prag sowie die Modernisierung der bestehenden B 303.

Der Bund Naturschutz und die agile Bürgerinitiative gegen die Fichtelgebirgsautobahn haben stattdessen eine Alternativplanung vorgelegt, die die Grundlage für solch angepassten Lösungen liefert: Die Studie "Bedarfsuntersuchung für eine weitere Bundesfernstraßenquerung des Fichtelgebirges zwischen A 9 und Landesgrenze (Schirnding)", erstellt vom renommierten und unabhängigen "Büro für angewandten Umweltschutz GmbH" (B.A.U.), Stuttgart, wurde im Auftrag des BN erstellt und durch den BN-Landesverband, die Kreisgruppen Wunsiedel, Hof und Bayreuth sowie die Bürgerinitiative gegen die Fichtelgebirgsautobahn aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen finanziert.

Wichtigste Ergebnisse sind:

1. Die von der Bay. Straßenbauverwaltung behauptete und per Karte dargestellte Lücke im Fernstraßennetz existiert so nicht. Tatsächlich existiert im Untersuchungsraum mit der A 93 eine neue, leistungsfähige Autobahn in Nord-Süd-Richtung und mit B 303, B 286 und B 22 z.T. hervorragend ausgebaute Fernstraßen in Ost-West-Richtung. Wenn die A 6 durchgehend fertiggestellt ist (der BN hätte sich zwar bei dieser Autobahn eine umweltfreundlichere Trasse gewünscht, konnte sich aber nicht durchsetzen), besteht neben den Bundesstraßen auch eine Autobahnverbindung Nürnberg - Prag, die über die A 93 auch den Verkehr Nord-West-Tschechiens aufnehmen kann. In der zentralen Karte der Staatsregierung zur Begründung der Fichtelgebirgsautobahn fehlt dagegen nicht nur die bereits seit Jahren fertiggestellte A 93, sondern auch die Bundesstraßen durch und um das Fichtelgebirge.

2. "Das Datenmaterial der Bay. Straßenbauverwaltung zum Nachweis des verkehrlichen Bedarfes einer Fichtelgebirgsautobahn ist unzureichend erhoben, veraltet und teilweise falsch."
Richtig ist: Bei prognostiziertem Bevölkerungsrückgang in Deutschland, insbesondere in Oberfranken, und bei "weltweit niedrigster PKW-Motorisierungskennziffer" in Deutschland (1,8 Personen/PKW) ist "mittel- und langfristig zumindest eine Stagnation im PKW-Bestand zu erwarten". "Der Motorisierungsgrad in Tschechien ist mit 3,0 Einwohner pro PKW bereits heute relativ hoch."
Seit 1998 verringerte sich die Gesamtfahrleistung im motorisierten Personenverkehr Deutschlands, beim Schwerverkehr halbierte sich der Zuwachs bereits. Die "regionale Erreichbarkeit ist sowohl bzgl. der Fahrzeiten von Pendlern als auch der Erreichbarkeit von Kernzentren, Bahnhöfen oder z.B. der nächsten Bundesautobahn" im Fichtelgebirge gegeben, "die Region ist heute bereits hinsichtlich der Straßenanbindungen der deutschen Spitzengruppe zuzurechnen."
Richtig ist, "dass eine weitgehende Auslastung des Bundesstraßenquerschnitts bestenfalls bei Bad Alexandersbad gegeben ist."
Richtig ist: "In Anbetracht der realen Entwicklung der Verkehrszahlen für die B 303 im Planungsraum lässt sich für den Zeitraum 1995 - 2000 beim gesamten, durchschnittlichen KFZ - Verkehr ein deutlicher und kontinuierlicher Rückgang nachweisen. Im Güterverkehrsbereich ist eine mittlere Zunahme von ca. 5 % festzustellen." Hintergrund ist u.a. die Steigerung von fünf auf fünfzehn Grenzübergänge zwischen Bayern und Tschechien. Die Fortschreibung der Güterverkehrszunahme würde eine Zunahme des Gütertransportes um ca. 18% bis 2020 bedeuten.
Richtig ist: "Der für die B 303 maßgebliche Grenzübergang Schirnding weist in der Tendenz der Jahre 1995 - 2000 eine Abnahme des Verkehrsaufkommens von ca. 24 % (Gesamtverkehr) auf. Beim Güterverkehr trat im genannten Zeitraum quasi eine Stagnation ein."

3. "Durch eine weitere Bundesfernstraße treten innerhalb der betroffenen Siedlungsbereiche keine wesentlichen Entlastungseffekte ein."

4. "Das vorhandene, gut ausgebaute Straßennetz ist mit einigen Straßenbaumaßnahmen am Bestand in der Lage, das gegenwärtige und künftige Verkehrsaufkommen abzuwickeln."

5. "Die Annahme langfristiger wirtschaftlicher Vorteile durch den Bau einer weiteren Bundesfernstraße im Untersuchungsgebiet ist nicht belegt und entbehrt auch der tatsächlichen Grundlage."

6. "Ein notwendiges und nachhaltiges Verkehrsentwicklungskonzept muss die vorhandenen Potentiale von Bahn und Bus nutzen und weiter entwickeln."

In zwei Szenarien "Grenzenloser Straßenverkehr" und "Bahn-Zeit" wurden von B.A.U. GmbH die zukünftigen Verkehrströme analysiert und Prognosen abgeleitet:

Lässt man den Straßenverkehr einfach weiter wachsen (Szenario "Grenzenloser Straßenverkehr"), so würde unter Unsicherheiten bei der Beibehaltung der regionalen Wirtschaftsleistung, der Zunahme des Motorisierungsgrades in Tschechien, der regionalen Altersstrukturentwicklung, der Wirkungen der LKW-Maut und der Entwicklung der tschechischen Wirtschaft bis 2020 der Ost-West-Straßenverkehr um 6,7 % zunehmen. Der motorisierte Güterverkehr stiege dabei um ca. 27 % und der Personenverkehr um ca. 3 % an.

Nimmt man das Klimaschutzprogramm und die nationale Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung und das "Aktionsprogramm "Nachhaltige Entwicklung Bayern" der Staatsregierung ernst, gelten als Ziele Verkehrsvermeidung und Verlagerung "eines möglichst großen Teil(s) des Verkehrszuwachses von der Straße auf die umweltverträglichen Verkehrsträger". Das Szenario "Bahn-Zeit" setzt deshalb auf den Ausbau der Bahn: Unter verstärkter Nutzung und Ausbau der Bahnlinien Nürnberg - Marktredwitz - Cheb (Eger) - Prag und Nürnberg/Regensburg - Furth i.W. - Pilsen - Prag, Verbesserung und Beschleunigung der Grenzabfertigung, Gleisanschlussprogramm für Gewerbegebiete, Einrichtung von Trailerzügen, u.ä. ließe sich nennenswert Verkehr auf die Bahn verlagern. Auf der Straße verbliebe bis 2020 lediglich ein Zuwachs von 1,6 %, ca. 80% davon durch Steigerungen beim Güterverkehr.

Dieser Zuwachs und die heutigen Schwachpunkte im Straßennetz ließen sich durch die Modernisierung der B 303 in Teilbereichen beseitigen, Vorschläge werden dazu unterbreitet.

Die zentrale Fragestellung der aktuellen Untersuchung lautete entsprechend, ob überhaupt ein Bedarf für eine weitere Ost-West-Straßenverbindung durch das Fichtelgebirge besteht oder nicht. Sie wurde klar mit "Nein" beantwortet.