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„Unser Land ist zu wertvoll, um es an Amazon zu verscherbeln“

Im mittelfränkischen Allersberg gibt es seit Jahren eine heftige Auseinandersetzung um das geplante Amazon-Logistikzentrum. Der BUND Naturschutz in Bayern (BN) und die Grünen lehnen das Projekt vehement ab: Risiko für das Grundwasser, Gemeinde ist nicht auf Ansiedlung angewiesen, Flächenfraß stoppen.

22.03.2022

"In Bayern sind mehr als genug Lieferautos mit ausgebeuteten Fahrern unterwegs. Wir wollen bei Menschen in unseren Städten und Dörfern einkaufen können, anstatt gestressten Paketboten eine Unterschrift aufs Smartphone zu kritzeln. Unser Land ist zu wertvoll, um es an Amazon zu verscherbeln!“, erklärt der BN-Landesvorsitzende Richard Mergner.


Einig sind sich Grüne und BN, dass die Gemeinden neue Gewerbegebiete auf der grünen Wiese nur noch dann ins Auge fassen sollen, wenn innerorts Entwicklungsmöglichkeiten fehlen. „Diese sollen in erster Linie unserem regionalen Gewerbe mit qualifizierten, sozialversicherten Arbeitsplätzen und Ausbildung dienen – da bleibt die Wertschöpfung im Ort. Davon haben wir allemal mehr Nutzen als von Amazon, das allein während der Pandemie seine Milliarden-Gewinne verdreifacht hat, aber bei uns so gut wie keine Steuer zahlt“, erklärt die Fürtherin Barbara Fuchs, wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Landtag. „Ganz zu schweigen von den Vorwürfen zu Zwangsarbeit bei chinesischen Amazon-Zulieferern, den vernichteten Waren bei Rücksendungen und schlecht bezahlten Fahrern, die auch noch mit eigenen Fahrzeugen unterwegs sein müssen.“

Mit den vorgesehenen 19 Hektar würde das Amazon-Zentrum in Allersberg allein schon ein Prozent der Fläche verbrauchen, die im gesamten Freistaat in einem ganzen Jahr bebaut werden darf. Offizielles Ziel der bayerischen Staatsregierung ist es, bayernweit pro Tag maximal fünf Hektar Landesfläche zusätzlich zu versiegeln. Tatsächlich verschwinden derzeit täglich 11,6 Hektar unter Beton und Asphalt. „Der BUND Naturschutz fordert die bayerische Staatsregierung auf, endlich wirksame Maßnahmen gegen den Flächenverbrauch zu ergreifen. Der Schutz der Böden muss für die Staatsregierung oberste Priorität haben und das im Koalitionsvertrag vereinbarte Fünf-Hektar-Ziel muss zu einer verbindlichen Höchstgrenze werden“, so Richard Mergner. Mit dem Bau des riesigen Logistikzentrums würde Amazon einen weiteren großen und vermeidbaren Beitrag zur Zerstörung Bayerns, seiner Landschaften und natürlichen Lebensgrundlagen leisten, die Klimakatastrophe mit verstärken und die Abwehrfähigkeit der Region gegen ihre Auswirkungen schwächen. Die derzeit in Bayern bereits 14 sich in Betrieb und vier sich im Bau befindenden Amazon-Zentren sind mehr als genug.

Bei der Amazon-Planung in Allersberg kommt hinzu, dass die Trinkwasserversorgung von Fürth mit seinen 130 000 Einwohnerinnen auf dem Spiel stehen kann. Der städtische Wasserversorgers infra sieht in seiner Stellungnahme zum Sondergebiet Logistik ein akutes Risiko für das Grundwasser. „Wenn die schützende Deckschicht geschädigt wird, können Verschmutzungen ins Grundwasser gelangen“, so Fuchs. Deshalb soll es, statt einem flächenfressenden Sondergebiet Logistik ein kleineres Gewerbegebiet mit Abstand zum Trinkwasserschutzgebiet geben. Dort können bei Bedarf örtliche Betriebe Erweiterungsmöglichkeiten finden. Für Amazon hingegen sind schon viel zu lange in Bayern die roten Teppiche ausgerollt worden. 14 Verteilzentren gibt es bereits, weitere sind in Planung oder schon im Bau.

Besonders verwunderlich ist, dass ausgerechnet in Allersberg eine Notlage der Gemeinde konstruiert wird, aus der die Amazon-Ansiedlung die Rettung verheißen soll. Die Sanierung des Schwimmbads und die Erweiterung des Kindergartens seien nur so zu finanzieren. Anders als manche Gemeinde im Grenzland blutet Allersberg nämlich nicht aus. Im Gegenteil, die Bevölkerung ist von 6900 im Jahr 1987 auf 8400 im Jahr 2019 gewachsen. Die Arbeitslosigkeit ist geringer als im bayerischen Durchschnitt und sie geht zudem kontinuierlich zurück. Die Gemeinde insgesamt hat ihre Finanzkraft seit 2015 um nicht weniger als 42 Prozent gesteigert.

Heiner Müller-Ermann, Sprecher des Landesarbeitskreises Wirtschaft im BN betont in diesem Zusammenhang: „Leider gibt es immer noch bei Gewerbeansiedlungen in vielen Gemeinderäten nur eine Devise: Je größer und je mehr, umso besser. Mit Monostrukturen wird man jedoch – wie wir gerade sehen – fast immer abhängig und verwundbar. Kein kluger Kaufmann finanziert seine laufenden Ausgaben durch Veräußerung seiner Substanz. Auch Gemeinden sollten erkennen, dass Flächen und Natur nur einmal verkauft werden können.“

Für Rückfragen:

Stefan Schäffer,
Persönlicher Referent von Richard Mergner, BN-Landesvorsitzender
Tel.: 0911/8187810; Email: buero.landesvorsitzender@bund-naturschutz.de