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Volksbegehren für Artenvielfalt ist jetzt Gesetz

Was 1,8 Millionen Bürger im Februar mit dem erfolgreichen Artenschutz-Volksbegehren "Rettet die Bienen" gefordert haben, ist jetzt Gesetz. Der Landtag hat den Gesetzestext des Volksbegehrens zusammen mit dem Begleitgesetz und einem Maßnahmenpaket am 17. Juli angenommen. Das ist ein Meilenstein für den Naturschutz in Bayern.

17.07.2019

Was im Februar bei Eiseskälte mit langen Schlangen vor den Rathäusern begann und in den vergangenen Monaten in stundenlangen Sitzungen diskutiert wurde, fand Mitte Juli seinen Abschluss. Das Volksbegehren für Artenvielfalt „Rettet die Bienen!“ wurde am 17. Juli samt Begleitgesetz und umfassenden Maßnahmenpaket im Landtag verabschiedet: Bayern hat damit ein deutlich besseres Naturschutzgesetz. 

„Wir begrüßen es sehr, dass die Mehrheit des Bayerischen Landtags den Willen der Bevölkerung für mehr Artenschutz verstanden hat und dies sogar mit einem weiteren Gesetz ergänzt hat“, freut sich Richard Mergner, Landesvorsitzender des BUND Naturschutz (BN). „Das erfolgreichste Volksbegehren in Bayern, die weitgehend konstruktiven Diskussionen in den Facharbeitsgruppen und am Runden Tisch sowie die vielen vor Ort entstandenen Initiativen sind ein starkes Hoffnungszeichen und ein gemeinsamer Aufbruch für die Rettung der bedrohten Artenvielfalt in Bayern, dem noch viele weitere Schritte folgen müssen.“

Potenzial Bayern positiv zu verändern

„Der 17. Juli 2019 wird als wichtiger Tag für den Naturschutz in die bayerische Geschichte eingehen,“ freut sich Agnes Becker, Beauftragte des Volksbegehrens und stellvertretende ÖDP-Landesvorsitzende. „Knapp 1,8 Millionen Bürger haben die Staatsregierung herausgefordert und gewonnen! Gemeinsam haben wir richtungsweisende Veränderungen erwirkt. Unser Erfolg hat weit über die Grenzen Bayerns hinaus Wellen geschlagen und findet jetzt vielerorts Nachahmer. Es tut sich etwas in Deutschland zur Rettung der Artenvielfalt. Dafür ein riesiges Dankeschön an alle, die uns unterstützt haben!“

Die verabschiedeten Veränderungen des bayerischen Naturschutzgesetzes haben das Potential, Bayern maßgeblich zu verändern. Wie im Volksbegehren gefordert, verpflichtet sich der Freistaat Bayern mit einer Reihe von Änderungen auch in anderen Gesetzen, ab sofort zum Erhalt und der Entwicklung der Artenvielfalt und dem Erhalt und der Verbesserung von Lebensräumen, um einen weiteren Verlust der biologischen Vielfalt zu verhindern.

Zu den größten Erfolgen zählen für den Trägerkreis die Einstellung von jeweils 50 Biodiversitätsberatern und 50 Wildlebensraumberatern, der Erhalt von zehn Prozent Naturwaldfläche als funktionsfähiges Netz von nutzungsfreien Wäldern, die Verpflichtung zu Gewässerrandstreifen, die Erhöhung des Biotopverbundes auf 15 Prozent des Offenlandes und des Ökolandbaus auf 30 Prozent. 

Aktuelle Biotopkartierung ist überfällig

„Zukünftig werden entlang unserer Flüsse blühende und summende Streifen zu finden sein, die nicht nur das Auge erfreuen, sondern auch unsere Gewässer schützen und Lebensraum für viele Arten bieten, die wir sonst zu verlieren gedroht hätten,“ freut sich Dr. Norbert Schäffer, Vorsitzender des LBV. Besonders hart gekämpft hat der Trägerkreis um eine Regelung zur Biotopkartierung. 

Noch am Vortag der Verabschiedung des Gesetzes im Landtag wurde den Fraktionen im Landtag ein aktuelles Rechtsgutachten der Rechtsanwaltkanzlei Meisterernst zugestellt, das die Rechtsmäßigkeit der Schlichtungsverfahren bewertet. Am vergangenen Freitag hatten die Artenschützer bereits Ministerpräsidenten Markus Söder aufgefordert, den Begriff Schlichtungsverfahren im Antrag zu streichen. „Wir werden darauf drängen, dass der Freistaat die überfällige Aktualisierung der Biotopkartierung zügig durchführt. Die Biotopkartierung darf nicht durch Tausende von Schlichtungsverfahren lahmgelegt werden. Unsere wertvollen Biotope müssen vollständig für die Zukunft gesichert werden.“

Besonderer Erfolg für naturverträgliche Landwirtschaft

„Zusammenfassend lässt sich in jedem Fall sagen: Das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ ist Gesetz und das ist gut,“ so Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im bayerischen Landtag. „Der von Markus Söder versprochene ‚Extraschnaps‘ ist allerdings weit kleiner ausgefallen, als angekündigt. Die guten Impulse, die von den Akteuren am Runden Tisch und aus der Opposition kamen, wurden von den immer noch einflussreichen Rückwärtsdenkern in den schwerfälligen Landtagsfraktionen von CSU und Freien Wählern abgebügelt oder gestutzt. Für uns heißt das: Wir werden weiter dicke Bretter bohren und fallweise auch die Bürgerinnen und Bürger beteiligen, damit Natur- und Artenschutz in Bayern dauerhaft wirkt.“

Besonders betont der Trägerkreis auch den Erfolg beim Thema naturverträgliche Landwirtschaft. Wie vom Volksbegehren gefordert und vorhergesehen, wird das Landwirtschaftsministerium die Förderprogramme für Umweltleistungen der Landwirte um mindestens 50 Millionen Euro aufstocken. „Beim Runden Tisch haben wir in schwierigen Punkten Lösungen für die landwirtschaftliche Praxis gefunden. Landwirte haben also keinen Grund, gegen die Veränderungen für mehr Artenvielfalt auf Wiesen und Äckern zu sein,“ erklärt Agnes Becker.

Landwirte brauchen richtige Rahmenbedingungen

Richard Mergner, Landesvorsitzender des BN, hebt hervor, dass unabhängig von den heute beschlossenen Gesetzen auch grundlegende Änderungen der Rahmenbedingungen wichtig sind: „Viele Landwirte sind bereit für mehr Naturschutz, aber sie brauchen die richtigen Rahmenbedingungen," so Mergner. „Wir erwarten daher von der Staatsregierung nun auch, dass sie aktiv an einer Ökologisierung der EU-Agrarpolitik arbeitet." Auch die Kommunen spielen eine zentrale Rolle bei der Umsetzung: „Hier brauchen wir als wichtigen Rahmen eine gesetzliche Begrenzung des Flächenverbrauchs auf fünf Hektar pro Tag."

Claus Obermeier, Vorstand der Gregor Louisoder Umweltstiftung, fügt hinzu: „Heute ist ein großer Tag für den Naturschutz. Im Namen von Brachvogel, Bläuling und Knabenkraut sagen wir Danke - für das unglaubliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger und die konstruktive Rolle der Staatsregierung bei der Umsetzung des Volksbegehrens. Zahlreiche Punkte müssen nun im Tagesgeschäft der Ministerien umgesetzt oder berücksichtigt werden. Wir bleiben wachsam und werden die Öffentlichkeit weiter informieren".