Vorrang der Natur im europäischen Schutzgebiet „Geigelstein“ ist ein Erfolg des Bund Naturschutz
Der Geigelstein ist seit 1991 Naturschutzgebiet und seit 2002 Natura 2000-Gebiet nach der Fauna-Flora-Habitat- und der Vogelschutz-Richtlinie. Er zeichnet sich nicht nur durch eine reichhaltige Flora aus, sondern ist durch seine geologischen Besonderheiten auch besonders anfällig für Erosionen. Über Jahre war der Geigelstein wegen der geplanten Erschließung der Rossalm in den Schlagzeilen. Ein von den Almbauern und der bayerischen Staatsregierung angestrebter Fahrweg bis zu 1,20 m Breite stieß beim Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN) und der Bürgerinitiative „Rettet den Geigelstein“ auf heftigen Widerstand. Mit Bescheid vom 19.11.2003 hatte die Regierung von Oberbayern einen derartigen Straßenbau genehmigt.
Gegen diesen Bescheid hatte der BN beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am 07.06.2004 Klage eingereicht, nachdem vor vorangegangene Widerspruch von der Regierung zurückgewiesen worden war. Mit Urteil vom 15.02.2005 haben die Richter den Argumenten des BN zum Schutz der Natur am Geigelstein in vollem Umfang recht gegeben und die Genehmigung der Regierung Oberbayern für den Fahrweg für rechtswidrig erklärt. „Dieses Urteil setzt nicht nur klare Prioritäten für den Schutz der Natur im Naturschutz- und Natura 2000-Gebiet, sondern es schont auch den Geldbeutel der Steuerzahler“ kommentierte der BN das Urteil. Denn der Weg hätte fast 200.000 € gekostet.
Die Richter hatten unter anderem sowohl die FFH-Verträglichkeitsprüfung als auch die Begründung der Notwendigkeit des Weges kritisiert. „Überwiegende Gründe des allgemeinen Wohl erfordern allerdings die Befreiung nicht“. Es liegen mit den Interessen der Almwirtschaft keine öffentlichen Interessen vor, „die gewichtiger als Belange des Naturschutzes sind“ vor (Urteil S. 7). Auch sei die Bewirtschaftung der Alm „da unstreitig nicht lediglich Milch bzw. Milchprodukte verkauft werden, ... keine traditionelle Almwirtschaft mehr...“ (Urteil S. 10). Eine Existenzgefährdung liege ebenfalls nicht vor, weil der Almbauer die Almwirtschaft im Nebenerwerb betreibt.
Für die tatsächlich nötige Besucherlenkung sei kein Almweg nötig. Die hierfür nötige Wegesanierung sei auch händisch möglich – hierfür hatte der BN zusammen mit anderen von Anfang an seine Hilfe angeboten.
Mit dem Urteil war der Weg frei für diese händische Sanierung des bestehenden Steiges. Gemeinsam konnte unter Federführung des DAV nun das bestehende Wegenetz im Bereich des Gipfelhanges zum Geigelstein nach naturschutzfachlichen Gesichtspunkten saniert werden. Die Kreis- und Ortsgruppen des BN haben dabei sowohl einen finanziellen als auch einen großen ehrenamtlichen Beitrag durch intensive Beteiligung am Arbeitseinsatz geleistet.
Mit der nun realisierten Lösung, einem schmalen Pfad bis 80 cm Breite, ist nun allen Parteien gedient. Wünschenswert wäre aus Sicht des BN nun, dass möglichst rasch ein Managementplan für das Natura 2000-Gebiet erstellt wird, um im Rahmen eines Gesamtkonzeptes eine naturverträgliche Nutzung zu sichern.
Das „Geigelstein-Urteil“ ist nach Ansicht des BN wegweisend für die Klarstellung des Vorrang des Naturschutzes in Gebieten mit der höchst möglichen bayerischen und europäischen Schutzkategorie (außer dem Nationalpark). Es muss auch bei anderen Almwegebauprojekten von den Genehmigungsbehörden berücksichtigt werden, fordert der BN. Derzeit aktuelle Streitfälle sind vor allem die geplanten Almwege zur Rappinalm (Lkr. TÖL), zur Gedereralm (Lkr. RO) und zur Alpe Haseneck-Retterschwanger Tal (Lkr. OA).
Von den 1.384 Almen sind nur noch 108 nicht mit einem mit PKW befahrbaren Weg erschlossen. Der BN fordert daher einen Verzicht auf weitere Erschließungen und eine höhere finanzielle Förderung für die Bewirtschaftung nicht-erschlossener Almen.
gez. Prof. Dr. Hubert Weiger
Landesvorsitzender des BN
Für Rückfragen: Dr. Christine Margraf
Leiterin BN-Fachabteilung München
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