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WIESENMEISTERSCHAFT 2017 – VOM ALPENRAND ZUR METROPOLE - Jury unterwegs zu den Siegerwiesen

Bei der diesjährigen, der neunten Wiesenmeisterschaft in Bayern seit 2009, haben sich in den Landkreisen München und Miesbach 31 Landwirte mit ihren Wiesen angemeldet, davon 7 aus München und 24 aus Miesbach. Der Wettbewerb wird ausgerichtet von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) und dem BUND Naturschutz (BN) und gefördert vom Bayerischen Naturschutzfonds aus Mitteln der GlücksSpirale

13.06.2017

Alle Wiesen sind ab Anfang Mai von der Landschaftsplanerin Inge Steidl im Auftrag der Veranstalter begangen und mittels eines Punktesystems bewertet worden. Nicht nur die Artenvielfalt auf der Wiese, sondern auch Futterertrag und der kulturlandschaftliche Wert wurden dazu vor Ort erfasst. Aus der erreichten Punktezahl wurden jetzt die besten fünf Betriebe ermittelt. Bei der Juryrundfahrt besucht eine Fachjury diese Flächen und legt die Preisverteilung der ersten fünf Plätze fest. Die übrigen Plätze werden nach der in der Vorkartierung ermittelten Punktezahl vergeben.

In der Jury wirken Expertinnen und Experten aus Naturschutz und Landwirtschaft mit. Es sind dies: Herr Ulrich Müller, Regierung von Oberbayern, Höhere Naturschutzbehörde, Herr Manfred Pohl, Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Pfaffenhofen, Fachzentrum Agrarökologie, Herr Norbert Grenzebach, Landwirt und erster Preisträger der Wiesenmeisterschaft 2013, Herr Dr. Gisbert Kuhn und Frau Dr. Sabine Heinz, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Freising, Frau Inge Steidl, Landschaftsplanerin, Freising und Frau Marion Ruppaner, BUND Naturschutz in Bayern, Agrarreferentin, Nürnberg.

Die Reihung der Betriebe wird erst bei der Siegerehrung am 3.7. in Holzkirchen bekanntgegeben (siehe unten).

Mit dem Wettbewerb sollen die Leistungen der Landwirte für die Erhaltung der Artenvielfalt durch die extensive und besonders umweltgerechte Bewirtschaftung von Wiesen und Weiden gewürdigt werden.

Erst vor wenigen Tagen hat das Bundesamt für Naturschutz eine Fortschreibung der Liste der gefährdeten Biotoptypen in Deutschland vorgelegt. Diese hat ergeben, dass gerade extensive artenreiche Grünlandgesellschaften stark im Rückgang begriffen sind, und zwar sowohl durch die Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung wie durch Nutzungsaufgabe.

"Nur mit guten Nutzungskonzepten für extensives, artenreiches Grünland und finanziell gut ausgestattete Naturschutzprogramme werden Landwirte auf Dauer artenreiche Wiesen und Weiden in der Bewirtschaftung halten können. Deswegen fordert der BUND Naturschutz auch ein Umsteuern in der Agrarpolitik, um z.B. Überproduktion und den damit verbundenen Preisverfall im Milch- und Rindfleisch anzugehen, sowie ausreichende Finanzmittel für die besonderen Leistungen der Landwirte zum Schutz von Artenvielfalt und Aufrechterhaltung der nachhaltigen Nutzung, z.B. in Berggebieten", so Marion Ruppaner, BN Agrarreferentin.

Etwa die Hälfte der in diesem Jahr beteiligten Betriebe sind Milchviehhalter (16), gefolgt von Mutterkuhhaltern (6 Betriebe). Die restlichen Betriebe sind Schafhalter oder Rindermäster oder der Aufwuchs wird für die Pferdehaltung genutzt. Hervorzuheben sind extensiv genutzte magere Wiesen auf Feuchtstandorten im Lkr. Miesbach mit Reliktarten wie Trollblume (Trollius europaeus) und Schwarzwurzel (Szorzonera humilis) sowie Übergänge zu Steppenheideresten, z.B. im "Allgau" mit Großköpfigem Pippau (Crepis conyzifolia) und Busch-Nelke (Dianthus seguieri). Vor allem die meist kleinflächigen Magerwiesen-Ausbildungen sind extrem bedroht und inzwischen viel seltener anzutreffen als z.B. "klassische" Streuwiesen. Extensivweiden in der Alpenrandzone sind noch etwas häufiger; artenreiche Ausbildungen finden sich meist auf schwer intensivierbaren Grenzertragstandorten (z.B. Leitzachhänge).

Bekanntgegeben werden die glücklichen Gewinner bei einer öffentlichen Festveranstaltung mit Vorträgen und Musik im Festsaal des Kulturhauses KULTUR im Oberbräu in Holzkirchen am 3. Juli von 10.00 bis 13.00 Uhr. Die zwei ersten Preise sind Gutscheine für einen Aufenthalt im Bio-Hotel im Wert von 500 € bzw. 300 €, der dritte Platz ein Gutschein für eine Übernachtung im Tannerhof für 200 €, der vierte Preis ein Geldpreis von 100 € von der Molkerei Gropper. Alle weiteren beteiligten Betriebe erhalten viele wertvolle Preise, die von den zahlreiche Unterstützerverbänden bereitgestellt wurden, insbesondere von der Unteren Naturschutzbehörde, der Standortmarketing Miesbach, von allen Molkereien, die die Milch aus dem Wettbewerbsgebiet verarbeiten und von den Stadtwerken München, Imkern und Landwirtschaftsverbänden wie BDM, AbL und Ökoverbänden.

Bei der Preisverleihung am 3.7. 2017 in Holzkirchen werden auch Staatsminister Helmut Brunner, der Präsident der LfL, Jakob Opperer und der Vorsitzende des BUND Naturschutz Bayern, Prof. Dr. Hubert Weiger sprechen.

Anlage1: Teilnahme- und Bewertungskriterien:

Teilnahmekriterien

Teilnehmen konnten landwirtschaftliche Betriebe, die den Aufwuchs ihrer Wiesen und Weiden landwirtschaftlich verwerten, und deren Wiese mindestens einen halben Hektar Fläche umfasst.

Naturschutzfachliche Kriterien :

Artenvielfalt: Es wurde die Gesamtzahl an Wiesenblumen - keine Gräser- erhoben. Das Vorkommen seltener Pflanzen, die einen hohen Gefährdungsgrad aufweisen, wurde zusätzlich honoriert. Außerdem erbrachte die gleichmäßige Verteilung der Arten auf der Wiese einen Zusatzpunkt.

Im "Kulturlandschaftswert" spiegeln sich landschaftstypische Ausprägungen und Ensembles wieder, die für Identität und Unverwechselbarkeit stehen. Kennzeichnend für das Miesbacher Oberland sind die Baumhecken (Hage), die alte Besitzgrenzen markieren und die stattlichen, fast immer blumengeschmückten Einfirsthöfe inmitten weitläufiger Wiesen- und Weidelandschaften. Die Vieh- und Milchwirtschaft spielt hier seit jeher eine zentrale Rolle. In München erinnern Relikte wie das Aubinger Moos und die Langwieder Heide an die einst großflächigen Moore und Grassteppen.

Landwirtschaftliche Kriterien:

Hier wurden der Ertrag und eine gute wirtschaftliche Verwertung des Aufwuchses, z.B. durch Verfütterung an den eigenen Viehbestand oder Verkauf positiv bewertet.

Das Vorkommen von für Weidetiere gefährlichen Giftpflanzen und lästigen Weideunkräutern (z.B. Ampfer oder Jakobs-Greiskraut) führte zu Punktabzügen.

Außerdem wurde mit dem Kriterium "Zukunftsfähigkeit" eingeschätzt, welche Chancen die Wiese oder Weide hat, auch in den nächsten Jahren in der vorliegenden artenreichen Ausprägung weiter genutzt zu werden.

Anlage 2: Kurze Charakterisierung der Betriebe:

1. Standort: Betrieb Johann Oberhauser, Ubostr. 49, 81245 München

Bullenmast-Gemischtgebetrieb im Vollerwerb (VE) (80 Hektar ha, davon 40 ha Grünland), Kooperation mit Pferdepensionen und Reitschulen. 50 Prozent Extensivgrünland.

Wiese: Teilfläche (ca. 8 ha) der "Langwieder Heide",im Kulturlandschaftsprogramm "artenreiches Grünland" ungedüngt seit 1987, einschürig, Schnitt meistens Anfang Juli, Nachbeweidung im Herbst durch Wanderschäfer. Aufwuchs für Pferdeheu. Artenreiches Extensivgrünland, teils als Salbei-Glatthaferwiese mit typischen Kennarten (z.B. Flockenblume, Margerite, Wiesen-Salbei, Hornklee, Wiesen-Glockenblume u.v.a.). Saatgutspenderfläche für Vermehrungsbetrieb Krimmer, Pulling.

2. Betrieb Georg Reiter, Sachsenkamerstr. 33, 83677 Reichersbeuern, Landkreis Miesbach

Milchviehbetrieb im VE (55 ha, davon knapp 53 ha Grünland). "Bienenschutzprogramm" mit den Milchwerken MVS Pfaffing (reduzierte Fahrgeschwindigkeit, Rücksichtnahme auf Hauptflugzeiten, keine Pestizide, Maisanteil < 30%). Bewirtschaftet ca. 9 bis 10 ha extensive Bergweiden und zwei kleine Streuwiesen.

Einschürige Magerwiese "Radlwies" im Allgau mit bedeutenden Anteilen bodensaurer Mager- und Moorwiesen. Späte Mahd Ende Juli bis Anfang August (ohne Schnittzeitauflage, kein VNP). Aufwuchs wird komplett an Kühe und Jungvieh verfüttert.
Neben kennzeichnenden Arten des Extensivgrünlandes (z.B. Flockenblume, Witwenblume, Margerite) weitere seltene und gefährdete Arten zum Teil in größerer Menge vorhanden (z.B. Schwarzwurzel, Großköpfiger Pippau, Busch-Nelke, Färberscharte, Ginsterarten). Biotopkartiert.

3. Betrieb Josef Kandlinger, Brunnbichl 8, 83708 Kreuth bei Tegernsee, Landkreis Miesbach

Milchviehbetrieb im Nebenerwerb (NE) auf reiner Grünlandbasis (56 ha, davon 15 ha Almflächen und Hutungen). Fleckvieh behornt; beliefert Naturkäserei Tegernseer Land (Heumilchprogramm). Weitere Standbeine: Skilift (keine Schneekanonen), Urlaub auf dem Bauernhof.

Extensive Bergweide "Allweg", 4,3 ha, Auftrieb Mitte Mai, 2. Weidegang im Herbst. Insgesamt stehen 15 St. Jungvieh etwa 5 Wochen auf der teilweise sehr exponierten Weide, die im Winter als Skiabfahrt genutzt wird. Kulturlandschaftsprogramm (Kulap) ohne Düngung und Pflanzenschutz. Artenreiches Extensivgrünland mit zahlreichen Kennarten, darunter Frauenmantel, Margerite, Prunelle, Witwenblume, Hornklee und weitere Leguminosen. Weideanzeiger wie Silberdistel, Hauhechel. Bedeutende Anteile Feuchtgrünland mit eingelagerten Quellsümpfen (z.B. mit Kohldistel, Sumpf-Kratzdistel, Sumpf-Baldrian, Mehlprimel). Wechselfeuchtzeiger (z.B. Heil-Ziest).

4. Betrieb Stephanie und Lorenz Bonleitner, Achau 4, 83730 Fischbachau, Landkreis Miesbach

Schafhalter im NE seit 2012 (9 ha, davon 7 ha Grünland): Walliser Schwarznase, Weißes Bergschaf, Tiroler Steinschaf (derzeit 16 Tiere, Pläne für Vergrößerung). Eigene Vermarktung (Fleisch, Wurst, Geräuchertes). Hofcafe an gut besuchtem Wander- und Radweg.

Magere Bergwiese "Steinwiese", einschürig bewirtschaftet, Vertragsnaturschutz mit Mahdzeitpunkt 1. Juli. Aufwuchs zur Heugewinnung für eigene Schafe. Schöne Lage in Waldlichtung oberhalb Fischbachau (Karolinenhöhe). Zum Teil Buckelwiesencharakter (ehemalige Lichtweideflächen). Biotopkartiert. Artenreiches Extensivgrünland mit zahlreichen, z.T. gefährdeten Magerkeits-, Feuchte- und Wechselfeuchtzeigern (z.B. Trollblume, Heil-Ziest, Niedrige Schwarzwurzel, Sumpf-Kreuzblümchen), verschiedene Orchideen. Subalpine Arten (z.B. Brillenschötchen).

5. Betrieb Nikolaus Gasteiger, Wiedmann 1, 83737 Irschenberg, Landkreis Miesbach

Milchviehbetrieb im VE auf reiner Grünlandbasis (31 ha), Biobetrieb (Mitglied bei Naturland). Maschinenring als weiteres Standbein.

Mähweide "Moos-Windwart" (2,5 ha), Auftrieb April/Mai, anschließend 2mal Mahd. Aufwuchs wird als Heu und Grummet vollständig verfüttert. Artenreiches Extensivgrünland mit Anteilen von Feuchtgrünland, zahlreiche Kennarten, z.B. Frauenmantel, Kohldistel, Wiesen-Pippau, Mädesüß, Herbst-Löwenzahn, Margerite, Wiesen-Platterbse, Feldklee , Vogelwicke.