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Tiere und Pflanzen

BN-Kiebitzschutzprojekt Dingolfing-Landau: Es geht nur gemeinsam!

Der Landkreis Dingolfing-Landau ist für den Kiebitz so etwas wie eine Arche Noah – etwa ein Drittel des in Bayern lebenden Bestandes nutzt die Region als Brut- und Rastplatz. Doch auch dort nimmt die Zahl der Bodenbrüter rasant ab. Die BN-Aktiven Gisela und Franz Meindl haben deshalb ein erfolgreiches Schutzprojekt mit der Landwirtschaft gestartet.

Franz und Gisela Meindl sind seit 20 Jahren ein unzertrennliches Team, privat und im Naturschutz: Sie schon immer passionierte "Vogelguckerin", er ein ehrenamtlicher Naturschützer durch und durch. Vor einigen Jahren realisierten die beiden, dass sich jedes Jahr im Frühling vor ihren Augen ein Drama abspielt. Denn jedes Jahr im Frühling kehren die Kiebitze nach Dingolfing-Landau zurück und vollführen auf den noch unbestellten Feldern ihr Balzgeschäft: Das Stolzieren der Vögel, ihr gaukelnder Flug und die waghalsigen Kapriolen der Männchen sind ein unvergessliches Schauspiel. Wenig später legen die "jungverliebten" Pärchen ihrer Bodennester an und beginnen mit dem Brutgeschäft.

Doch die Romantik endet abrupt, wenn Mitte April die Landwirtschaft mit Bodenbearbeitung und Aussaat beginnt. Die gut getarnten Nester, Eier und Küken sind vom Traktor aus unmöglich zu erkennen und so werden 90 Prozent der ersten Brut von den Maschinen zermalmt. Im Landkreis Dingolfing-Landau sind das rund 500 Nester und 2.000 Küken. Ein Ausfall, den kein Bestand über längere Zeit ausgleichen kann, zumal die zweite Brut nur eine Art Notfallprogramm ist und geringe Erfolgschancen hat.


Die Dingolfinger helfen

Schon bald steht der Entschluss von Gisela und Franz Meindl fest: Die Tiere müssen gezählt werden! Denn nur auf der Grundlage von Zahlen lassen sich Ämter, Landwirtschaft, Politikerinnen und Politiker, Bürgerinnen und Bürger vom Ernst der Lage überzeugen. Doch wie sollen sie zu zweit diese Herkulesaufgabe stemmen? Einen ganzen Landkreis kartieren?

Also gehen Gisela und Franz Meindl im Frühling mit einem Artikel an die Öffentlichkeit und bitten die Dingolfinger um Hilfe. Jede und jeder soll melden, wenn ein Kiebitz gesichtet wird. Und die Dingolfinger helfen: Über 80 Meldungen gehen bei den Meindls ein. Zusammen mit den eigenen Beobachtungen ist am Ende klar: 774 Brutpaare leben im Landkreis, etwa ein Drittel der noch in Bayern verbliebenen 2.500 Paare. Doch schon 2020 finden die Aktiven bei ihrer Zählung in Dingolfing-Landau zwölf Prozent weniger Brutpaare. Spätestens da ist klar, dass es ohne Kooperation mit den ansässigen Bäuerinnen und Bauern keine Zukunft für die Kiebitze in der Region gibt.

Also tüfteln Franz und Gisela ein Schutzprojekt aus, bei dem sie die Untere Naturschutzbehörde, der Landesbund für Vogel- und Naturschutz sowie der Landschaftspflegeverband Dingolfing-Landau unterstützen: Mit der Brut beginnen Kiebitze ab Mitte März. Erst ab Ende April sind die Küken jedoch groß genug, dass sie vor landwirtschaftlichen Maschinen flüchten. Die nötige Schonzeit bis dahin soll ihnen eine Kooperation zwischen Naturschutz und Landwirtschaft verschaffen. Die Landwirte bestellen ihre Äcker frühestens ab 1. Mai, besser noch später. Dafür erhalten sie vom BUND Naturschutz e. V. (BN) 150 Euro Entschädigung pro Hektar.


Großer Erfolg für das Kiebitzprojekt Dingolfing-Landau

Mit 94 Bäuerinnen und Bauern telefoniert Franz im Winter 2020/2021; 18 von ihnen mit rund 77 Hektar Fläche kann er überzeugen. 77 Hektar, auf denen die Kiebitze ihre erste Brut in Ruhe aufziehen können. Und so wird das BN-Versuchsprojekt zum großen Erfolg: 100 geschlüpfte Kiebitzküken finden die Projektverantwortlichen auf den Versuchsflächen.

Ein Nebeneffekt des Projektes und der damit verbundenen Öffentlichkeitsarbeit: Landwirtinnen und Landwirte schenken Kiebitznestern jetzt generell mehr Aufmerksamkeit. Wo möglich schonen sie Nester und freuen sich über die "wuselnden" Küken. Mehrere rufen sogar voller Begeisterung bei den Meindls an, um ihre Beobachtungen mitzuteilen.

2022 haben die Verantwortlichen das Projekt auf eine breitere Basis gestellt: Die Untere und die Höhere Naturschutzbehörde beraten das Projekt nun fachlich, und auch das AELF ist mit dabei und stellt den Kontakt zu den Flächenbewirtschaftern her. Außerdem wurden ausreichend Finanzmittel in Aussicht gestellt: Die Entschädigungen für die Landwirte liegen zwischen 150 und 880 Euro pro Hektar, je nach Maßnahme. Und die Resonanz war hoch, das Ergebnis für 2023:

  • 27 Bäuerinnen und Bauern haben mit ihren Flächen am Projekt teilgenommen.
  • Auf knapp 97 Hektar wurden Maßnahmen zur Bewirtschaftungsruhe ergriffen.
  • Auf den Flächen, über die eine Vereinbarung erzielt worden war, erfassten die freiwilligen Helferinnen und Helfer insgesamt 67 Kiebitzbruten, der Bruterfolg lag bei geschätzten 89 überlebenden Küken.

Die Unterstützerinnen und Unterstützer waren bereits ab März im Gelände um Gelege festzustellen. Auf diese Weise konnten auch Landwirte informiert werden, deren Flächen nicht zu den Vertragsflächen gehörten. Manche waren einverstanden, die Nester ausstecken zu lassen und umfuhren sie dann bei der Bewirtschaftung großräumig. Andere entfernten die Nester vorsichtig mit einer Schaufel und legten sie zur Seite, um sie nach der Arbeit wieder an die ursprüngliche Stelle zurückzubringen.


Aktuelles zum Kiebitz in Dingolfing-Landau

Zur Projektseite der BN-Kreisgruppe

Fortsetzung folgt: Fünf-Jahres Projekt für den Kiebitz gestartet

Als Folge der Initiative von Franz und Gisela Meindl gibt es seit dem 1.1.2023 das 5-jährige Projekt „Kiebitz und Brachvogel im Wallersdorfer Moos“. Es wird vom Bayerischen Naturschutzfonds finanziert und federführend von Landschaftspflegeverband und BN durchgeführt, wobei der Hauptpart des BN der Ankauf von Flächen zur Biotopschaffung und die Kartierungsarbeit sein wird. Unterstützung kommt weiterhin von den oben genannten Stellen und Kooperationspartnern. Ein weiteres Novum ist, dass der Kiebitzschutz ins neue Bayerische Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) ab 2023 mit aufgenommen wurde, mit der Förderung einer Wirtschaftsruhe während der Brutzeit. Zu vermuten ist, dass die Vorstöße der Meindls bei der Heimatabgeordneten Dr. Loibl und beim Staatsministerium hier auch einen wesentlichen Beitrag geleistet haben.