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Das Pfreimdtal bleibt autobahnfrei

Zu verhindern war er nicht, der Weiterbau der Autobahn A6 von Amberg bis nach Waidhaus an der tschechischen Grenze. Zum Glück gelang es aber einem breiten Bündnis von Naturschützern und Landwirten, das stille Tal der Pfreimd zu retten. Nach den ursprünglichen Plänen wäre es mehrfach von der Autobahn durchschnitten und über weite Strecken verlärmt worden.

Ursprünglich war die Autobahn A6 von Amberg nach Waidhaus im Bereich von Wernberg-Köblitz deutlich weiter südlich geplant. Wie aus alten Karten hervorgeht, sollte sie zwischen Trausnitz und Döllnitz erstmals die Pfreimd überqueren, dann über etwa 20 km dem Pfreimdtal folgen – darunter viele Talabschnitte, die bis dahin frei von Straßen und Motorenlärm waren. Nach einer erneuten Überquerung bei Burgtreswitz sollte sie bei Lohma in die heutige Streckenführung übergehen.

Nur Einheimischen sagt diese ursprünglich geplante Streckenplanung etwas: Das ist anders als etwa beim abgewendeten Münchener Südring. Doch für das stille und idyllische Pfreimdtal wäre sie eine Katastrophe gewesen, desgleichen für die angrenzenden Dörfer wie die heutige Biodiversitätsgemeinde Tännesberg. Sie wäre quer über den Taleinschnitt der Pfreimd mit einem dauerhaften Schallteppich belegt worden.


Mit harten Bandagen

Üble Beschimpfungen mussten sich die Naturschützer dafür aus der CSU anhören. So schrieb "Der neue Tag" am 12.11.1981 erkennbar befremdet: "Wer angesichts eines zu erwartenden täglichen Durchschnittsverkehrs von weniger als 5000 Fahrzeugen am Tag – das Dreifache gilt allgemein als Soll – Autobahnpläne als volkswirtschaftlichen Unsinn bezeichnet und deren Notwendigkeit, wie der Bund Naturschutz anzweifelt, wird von Politikern und Wirtschaftsverbänden des 'Verrats am Grenzland' oder eines 'Dolchstoßes' und 'fehlender Sachkompetenz' bezichtigt."

Und natürlich fehlte es auch nicht an den üblichen Bestrebungen, die Kritik des BN als isolierte Einzelmeinung darzustellen. So schrieb Gustl Lang, zu der Zeit Fraktionsvorsitzender der CSU im Bayerischen Landtag und später Wirtschaftsminister, an die Bürgermeister der Region: "Es wäre für die Nordoberpfalz ein nicht zu verantwortender Nachteil, wenn diese Projektierung durch Einsprüche des Bundes Naturschutz aufgegeben würde." Ausdrücklich drängte Lang die Bürgermeister, alle Möglichkeiten auszuschöpfen und deutlich zu machen, dass die Stellungnahme von wenigen Einzelpersönlichkeiten der Kreisgruppe im Naturschutzbund nicht die Meinung der Bevölkerung der in der Oberpfalz sei. (Der neue Tag 16.10.1980)

Der Streit um die Trassenführung zog sich über 25 Jahre hin, von 1976 bis 1991, und gespielt wurde, wie üblich, mit Haken und Ösen. Am 12.9.1980 versicherte die Oberste Baubehörde der Kreisgruppe Neustadt Waldnaab schriftlich: "Der Abschnitt Pfreimd – Waidhaus wurde in die Dringlichkeitsstufe II eingeordnet. Das bedeutet, dass mit einem Bau dieser Strecke in den nächsten 15 bis 20 Jahren wohl kaum zu rechnen ist. Insofern halten wir eine Diskussion über dieses Vorhaben gegenwärtig für verfrüht."

Doch interessanterweise war genau die von der Kreisgruppe kritisierte Trasse in einer Wanderkarte aus jener Zeit bereits fest eingezeichnet, nämlich in "Fritschs Wanderkarte Oberpfälzer Wald, Blatt Vohenstrauss Nr. 92". Da staunt der Laie, und die Fachfrau wundert sich: Hat sich der Kartenverlag diese Trasse etwa selbst ausgedacht? Oder wer hat ihm diese um Jahrzehnte "verfrühte" Information zu Verfügung gestellt und mit welcher Absicht?


Widerstand formiert sich

Als sich Mitte der achtziger Jahre abzeichnete, dass es ernst würde mit der Autobahn, formierte sich der Widerstand. Unter der Überschrift "Gesunder Boden ist wichtiger als Asphalt" berichtete "Der neue Tag" vom 29.4.1985 über eine Versammlung, zu der die BN-Kreisgruppe Schwandorf und die "Interessengemeinschaft gegen den Bau der A6 Amberg – Pfreimd" eingeladen hatten und bei der auch der Oberpfälzer Waldverein, die Katholische Landjugend und zahlreiche Landwirte aus dem Raum Amberg / Pfreimd vertreten waren. Später kam auch der LBV hinzu.

Vehemente Kritik an der Flurbereinigung übte auf dieser Versammlung der damalige Schwandorfer Kreisvorsitzende Arnold Kimmerl, der seit vielen Jahren zugleich die BN-Ortsgruppe Pfreimd leitet (Stand 2024): "Flurbereinigung ist ein Reizwort geworden. Bauern (…) müssen dabei so viel Grund abgeben, dass sie an den Rand des Ruins gedrängt werden."

Das bestätigte Fritz Memmert von der Interessengemeinschaft und empfahl den Landwirten, sich schon jetzt zusammenzuschließen und eine Flurbereinigung in ihren Gemeinden geschlossen abzulehnen. Etliche ortsansässige Landwirte fürchteten in der Tat um ihre Existenz.

Von Beginn an gab es den Vorschlag, statt eines flächenfressenden Autobahnneubaus die bestehende Bundesstraße B14 mit wenig Aufwand so auszubauen, dass sie den überschaubaren Verkehr ins Grenzland bewältigen könne. Dies hatte zum Beispiel der Tännesberger Förster Dietmar Willomitzer gefordert, der damals stellvertretender Kreisvorsitzender des BN in Neustadt / Waldnaab und zugleich BN-Ortsvorsitzender in Tännesberg war.

Die Behauptung, die A6 sei Teil der "Magistrale" von Paris nach Prag und müsse daher bestmöglich ausgebaut werden, konterte Willomitzer mit der trockenen Gegenfrage: "Wer will schon von Paris nach Prag fahren?" Und stellte kategorisch fest: "Aber wir wollen auch in zehn Jahren noch in einer schönen Oberpfalz wohnen."

Auch die Jugendorganisation des Bund Naturschutz (JBN, heute BUNDjugend Bayern) unterstützte den Protest mit öffentlichen Aktionen sowie mit zwei Zeitlagern im Pfreimdtal, um die Jugendlichen dazu zu motivieren, für ihre Heimat einzutreten. Hubert Weiger, der damalige Landesbeauftragte und spätere BN-Vorsitzende und Ehrenvorsitzende, bedankte sich dafür mit mehreren Besuchen und Vorträgen.


Die Autobahn kommt – aber weiter nördlich

Die Stimmung begann sich zu drehen. Anfang 1989 erklärten die beiden SPD-Landtagsabgeordneten Armin Nentwig und Otto Benner die A6 kurzerhand für überflüssig. So weit wollte der damalige SPD-Bundestagsabgeordnete und spätere Fraktionsvorsitzende Ludwig Stiegler nicht gehen, aber er erklärte: "Die alte Trasse ist für mich tot!" Und forderte eine umweltschonende Trassenführung (DNT 16.1.1989)

Zwei Wochen später, am 28.1.1989, berichtete "Der neue Tag", die Autobahndirektion Nordbayern wolle noch im laufenden Jahr ein Raumordnungsverfahren für das A6-Teilstück von Pfreimd nach Weiden einleiten. Doch erfreulicherweise hatte sie sich entschieden, die B14 in die neue Trasse einzubeziehen. "Damit", so der Zeitungsbericht, "werden naturschützerische Belange weitgehend berücksichtigt. Vor allem ein Eingriff in das schöne Pfreimdtal kann vermieden werden."

Danach ging es noch ein bisschen hin und her, aber im Wesentlichen blieb es bei diesem Ergebnis: Der damalige Innenminister Edmund Stoiber maulte öffentlich über "die Flut von Protesten der Straßenbaugegner", die darauf ziele, "das rationale Handeln der Verwaltung" zu blockieren (SZ 5.3.1989). Die Autobahngegner versuchten vergeblich, einen bloßen Ausbau der B14 zu erreichen. Hubert Weiger versuchte noch 1991 mit einer detaillierten Stellungnahme, den Autobahnbau ganz abzuwenden; Stoiber versuchte, seine Vorstellungen von rationalem Verwaltungshandeln durchzudrücken. Inzwischen hatte sich jedoch ein Kräftegleichgewicht herausgebildet, und es blieb bei dem De-Facto-Kompromiss: der Verlegung der Autobahn nach Norden.

Doch die Autobahn wurde gebaut, aber das Pfreimdtal blieb verschont – und lohnt gerade wegen seiner Ruhe und Abgeschiedenheit weiterhin eine – autobahnfreie – Wanderung. Nur das "rationale Handeln der Verwaltung" bleibt ein Fiebertraum.


Das Pfreimdtal wandernd kennenlernen

Wer einmal ein paar ruhige Stunden ohne Teerstraßen und Motorengeräusche verbringen möchte, hat im Pfreimdtal eine echte Chance – und zwar ausgerechnet in jenem Bereich, den nach der ursprünglichen Planung die Autobahn überspannen und verlärmen sollte. Eine schöne, stille Flusswanderung führt von der Tanzmühle hinunter nach Trausnitz und auf der anderen Seite wieder zurück.

Kurz nach der Tanzmühle verlassen wir die schmale Straße, die diagonal den Hang hinaufgeht, und stoßen erst bei Ödmühl kurz vor Trausnitz wieder auf Asphaltbelag. Dazwischen geht es buchstäblich über Stock und Stein, hangauf und hangab die Pfreimd entlang.

Wir haben uns anfänglich gewundert, wie unser Navi-System in diesem mild hügeligen Teil der Oberpfalz für den Gesamtweg auf eine Höhendifferenz von 670 Metern kommt, wo doch das Kerbtal des Flüsschens kaum mehr als 50 Meter in die Landschaft einschneidet. Aber man muss die Wanderer nur oft genug bis fast an die Hangkante hinauf und dann wieder hinunter zum Fluss schicken, dann kommt man schon auf die alpin anmutenden 670 Meter.

Das macht den Weg anstrengend, aber zugleich sehr abwechslungsreich und unvergesslich. So geht es anfänglich so hoch am Hang entlang, dass man die Pfreimd nur sporadisch funkeln sieht; dann geht es einen lichten Weg am Waldrand und später über eine große Waldwiese das Flüsschen entlang. An deren Ende provoziert eine Furt zu einer außerplanmäßigen Flussüberquerung.

Wenig später kommen wir zu den Resten der aufgelassenen Thonmühle, die von 1573 bis 1953 fast 400 Jahre lang ein sehr erfolgreicher Betrieb war, bevor sie 1953 von der OBAG, einer Vorläuferin der Eon, wegen des Pumpspeicherwerks bei Großenschwand abgelöst werden musste. Denn dieses Pumpspeicherwerk entzieht der Pfreimd bei der Tanzmühle phasenweise viel Wasser und entlässt es erst bei der Trausnitz-Talsperre wieder in den Fluss. Damit grub es der Thonmühle buchstäblich das Wasser ab.

Selbst in der touristischen Hochsaison ist es hier ruhiger als anderswo. Wie ruhig, bemerkt man erst, wenn einem das Niesen einer Mitwanderin plötzlich unwirklich laut vorkommt: Unmerklich hat sich unser Gehör auf eine leisere Welt herunterregelt.

Um ein Gefühl für dieses außergewöhnlich schöne Tal zu bekommen, muss man gar nicht den ganzen, gut 20 km langen Rundweg gehen: Wer sich nicht auf die gelegentlichen Furten einlassen möchte, findet nach 7 km kurz nach Ödmühl eine Brücke über das Flüsschen, von der ein ebenfalls markierter Wanderweg zurück zur Tanzmühle führt. Doch wer genug gesehen hat oder zu müde geworden ist, kann auch einfach umkehren und auf der gleichen Flussseite zur Tanzmühle zurückgehen: Flusswanderungen sehen in der Gegenrichtung oft ganz anders aus.

Ausgangspunkt und Ziel: Tanzmühle unterhalb Tännesberg

Länge / Gehzeit: bis zu 20 km, Abkürzungen möglich

Wegcharakter: "Über Stock und Stein, hangauf und hangab", streckenweise bequemere Waldwege

Höhenunterschiede: In Summe ca. 670 Meter

Einkehr: Trausnitz