Ziegenprojekt im Tal der Pfreimd schützt Kulturlandschaft
Nachdem die traditionelle Beweidung aufgegeben wurde, waren die steilen Hänge bei Stein im Pfreimdtal über Jahrzehnte verbuscht, die Artenvielfalt ging stark zurück. Auf Initiative der BN-Kreisgruppe Schwandorf wurde die Fläche in mühsamer Handarbeit entbuscht und in eine 15-köpfige Ziegenherde investiert – erfolgreich: Zahlreiche, auch gefährdete Arten, sind nun wieder zu finden, die Bevölkerung feiert beim jährlichen „Goißnfest“ den (Wieder-)Erhalt ihrer Landschaft.
Kaum ist Ludwig Rauch über den niedrigen Weidezaun geklettert, kommen Mecki, Gretl, Arnold und all die anderen Ziegen auch schon zwischen niedrigen Buschgruppen und Felsblöcken angetrabt: Die Gesichter wie braun-weiß maskiert, lange, gebogene Hörner, meistens braune Rücken – typisch für Thüringer-Wald-Ziegen.
Natürlich hat „der Luk“ wie jeden Tag eine Handvoll Getreide als Leckerli mitgebracht. Er kennt alle 15 Ziegen mit Namen, und er weiß genau, welches gerade das ranghöchste Tier in der Herde ist. Wenn's um Leckerli geht, muss er schon mal eingreifen, damit auch die schwächeren Tiere etwas davon abkriegen.
Zweck dieses Rituals ist aber nicht eine zusätzliche Fütterung. Die wäre – zumindest in den wärmeren Jahreszeiten – gar nicht nötig. Aber so kann Rauch die Ziegen zählen und eventuelle Krankheiten oder Verletzungen erkennen. Ehrenamtlich übernimmt er diese Aufgabe seit Jahren. Ansonsten bleiben die robusten und durchaus auch wehrhaften Tiere sich selbst überlassen und entwickeln dabei zur Freude von Fachleuten das Herdenverhalten, das für Ziegen typisch ist.
Traditionelle Ziegenbeweidung unterstützt Tier- und Pflanzengesellschaften
Seit 1997 ziehen die Ziegen wieder durch die steilen Hänge bei Stein im Pfreimdtal (Landkreis Schwandorf). Davor war die traditionelle Ziegenbeweidung dort für drei Jahrzehnte unterbrochen. Das galt damit auch für die Art der Bewirtschaftung, die das Bild dieser besonderen Kulturlandschaft prägte – mit sonnigen trockenen Rasenflächen, geringem Baum- und Strauchbewuchs und schroffen Granitbändern. Nur in dieser offenen Landschaft konnten sich Tier-und Pflanzengesellschaften ansiedeln, die im Urgestein des Oberpfälzer Waldes sonst kaum zu finden sind.
Sie waren im Schatten eines dichten Schlehenbewuchses fast verschwunden, bis die Kreisgruppe Schwandorf auf Drängen von Arnold Kimmerl, dem Ortsgruppenvorsitzenden (Stand 2024) und langjährigen Bürgermeister von Pfreimd, ein vier Hektar großes Grundstück kaufte und über zehn Jahre hinweg mühsam in Handarbeit entbuschte.
Im nächsten Schritt holten sie sich die Ziegen als Helfer, um die Wiesen dauerhaft offen zu halten und der erwünschte Erfolg trat ein: Wissenschaftliche Untersuchungen auf den beweideten Flächen – mittlerweile sind es sieben Hektar – weisen 244 Arten von Nachtfaltern nach, 15 Heuschreckenarten, zwei gefährdete Vogelarten und eine weitere lange Liste von seltenen Tier- und Pflanzenarten.
Viele Leute im Dorf freut es, dass es „jetzt wieder so ausschaut wie's früher war“ – besonders die Älteren, die selbst als Kinder noch nach der Schule zum Ziegenhüten raus mussten. Mit großem Einsatz und erkennbarer Freude beteiligen sie sich am „Goißnfest“, das die BN-Ortsgruppe Pfreimd jährlich am zweiten Oktobersonntag ausrichtet, und feiern ihre Heimat.
Wanderung entlang der Pfreimd
Ein hübscher Wanderweg führt von Pfreimd nach Stein. Er beginnt bei einem Wanderparkplatz direkt an der östlichen Autobahnausfahrt und folgt dann dem südlichen Ufer der Pfreimd bis Stein. Das Ziegengehege kann nicht betreten werden, doch kurz bevor wir Stein erreichen, sehen wir, dass der gegenüberliegende Hang fast frei von Büschen ist. Und mit etwas Glück entdecken wir auch die Ziegen bei der Arbeit, wie sie dafür sorgen, dass es wieder so aussieht wie früher.
- Ausgangspunkt: Pfreimd, Wanderparkplatz an der östlichen Autobahnausfahrt
- Reine Gehzeit: hin und zurück etwa 2 Stunden, beliebig erweiterbar (Goldsteig nach Tännesberg)
- Höhenunterschied: gering
- Wegcharakter: befestigte, stellenweise geteerte Wege und Straßen, kinderwagenfähig
- Einkehr: Stein (nicht an allen Tagen), Pfreimd
Weitere Informationen zum Ziegenbeweidungsprojekt bei der Kreisgruppe Schwandorf