DER LUCHS SOLL WIEDERKOMMEN
Die Kette illegaler Luchstötungen im Vorfeld des Nationalparks Bayerischer Wald reißt nicht ab: März 2012 Vergiftung einer Luchsin, Mai 2013 erschossener Luchs, Mai 2015 Tötung von zwei Luchsen, Dezember 2015 strangulierter Luchs. Das amtliche Monitoring des individuellen Fellmusters mit Fotofallen stellte in den letzten sechs Jahren das plötzliche Verschwinden von 14 Luchsen im Bayerischen Wald fest. Diese Luchse konnten sich in ihrem Revier oft nur 15 bis 30 Monate etablieren und verschwanden dann spurlos, obwohl erwachsene Luchse bis zu 15 Jahre alt werden können.
Hubert Weiger, BN-Vorsitzender: "Dieses unnatürlich häufige Verschwinden ist ein weiteres Indiz für massive illegale und bestandsbedrohende Luchstötungen. Es droht wegen dieser systematischen Verfolgung das erneute Aussterben des Luchses in Bayern."
Das Ziel des vom Bayerischen Umweltministerium 2008 herausgegebenen "Managementplan Luchs" einer "vitalen Luchspopulation", die "alle geeigneten Lebensräume Bayerns besiedelt" wird definitiv nicht erreicht.
Das von dem renommierten Wildbiologen Ulrich Wotschikowsky im Auftrag des BN erstellte Memorandum "Der Luchs soll wiederkommen" stellt fest, dass der Luchs bei uns in den großen Waldgebieten eigentlich reichlich gut geeigneten Lebensraum fände. Die große Mehrheit der Gesellschaft begrüßt seine Rückkehr. Ulrich Wotschikowsky: "Der Luchs ist ein Sympathieträger, und er ist harmlos. Aber eine spontane Rückkehr aus benachbarten Populationen ist ihm nicht mehr möglich. Wenn wir den Luchs wieder in unseren Wäldern haben wollen, muss ihm geholfen werden."
Alle in Mitteleuropa derzeit vorhandenen frei lebenden Luchse stammen aus Wiederansiedlungen, die in den 1970er Jahren begannen. 1971 war der BN verantwortlich für erste Aussetzungen im Bayerischen Wald, 1982 bis 1989 unterstützte er finanziell das Aussetzungsprojekt im angrenzenden Böhmerwald. Daraus entstand auch das heutige bayerische Vorkommen.
Alle sechs kleinen und isolierten Luchsbestände Mitteleuropas sind langfristig aber nicht überlebensfähig. Ein Austausch untereinander ist kaum möglich. Wegen der geringen Zahl von Gründertieren muss in allen Populationen mit genetischen Problemen gerechnet werden. Jungluchse wandern meist nur 50 km weit ab. Eine Besiedlung anderer Gebiete durch von dort abwandernde Tiere ist derzeit unwahrscheinlich.
45 Jahre nach den ersten Aussetzungen in Bayern ist nun nach Auffassung des BN die Zeit reif für erneute aktive Maßnahmen der Bestandsstützung und Wiederansiedlung. Dies soll nicht nur in Bayern, sondern grenzüberschreitend mit anderen Bundesländern und insbesondere mit Österreich, der Schweiz und Tschechien erfolgen. Motivierend ist, dass seit 2000 im Nationalpark Harz 24 Luchse erfolgreich ausgesetzt wurden und 2016 die Freisetzung von 20 Luchsen im Pfälzer Wald (Rheinland-Pfalz) erfolgt.
Christian Hierneis, für Große Beutegreifer zuständiges BN-Vorstandsmitglied: "Bayern darf nicht tatenlos dem Aussterben zuschauen, sondern soll dem Beispiel von Niedersachsen und Rheinland-Pfalz folgen. Bayern verfügt mit dem nord- bzw. nordostbayerischen Mittelgebirgszug einerseits und seinem Anteil an den Alpen andererseits über gut geeignete Lebensräume. Der derzeitige Managementplan Luchs, der für Bayern eine Wiederansiedlung ablehnt, ist zu ändern."
Bayern besitzt für den europäischen Verbund mit Spessart, Rhön, Frankenwald und Oberpfälzer Wald mit Steinwald und Fichtelgebirge sowie dem Bayerisch-Böhmischen Grenzgebirge geeignete Luchslebensräume - mit günstigen Ausbreitungsmöglichkeiten nach Thüringen (Thüringer Wald und Vogtland) und Sachsen (Erzgebirge, Elbsandsteingebirge). Ebenso gilt dies für die bayerischen Alpen mit Anbindungsmöglichkeiten an Luchsvorkommen in den Westalpen (Schweiz, Frankreich), in den Ostalpen (Friaul) und in den Kalkalpen (Österreich).
Die Freisetzungen sollten für das bayerische Mittelgebirge und die Alpen jeweils etwa 20 Tiere umfassen, die aus dem Freiland (z.B. Karpaten, Slowakei, Polen, Westschweiz) stammen. Das Projekt erfordert eine intensive Abstimmung mit Nachbarländern, einen Aktionsplan nach besten wissenschaftlichen und wildbiologischen Standards und eine Kerngruppe aus Verbänden und Institutionen als Träger der Wiederansiedelung.
Der Luchs gehört zu Bayern und war bereits einmal ausgerottet. Ein zweites Mal darf es nicht geben. Bayern muss Luchsland bleiben.
Für Rückfragen
Richard Mergner
Landesbeauftragter
BUND Naturschutz in Bayern e.V.
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richard.mergner@bund-naturschutz.de
Dr. Kai Frobel
Artenschutzreferent
BUND Naturschutz in Bayern e.V.
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kai.frobel@bund-naturschutz.de