Was interessiert Sie besonders?

Zur Startseite

Eichhörnchen beobachten und melden

Themen

  • Übersicht
  • Klimakrise

Tiere und Pflanzen

Ausverkauf der Alpen für den Skisport:

BN fordert Vorrang für Alpen- und Klimaschutz

07.03.2008

Der Bund Naturschutz zieht Bilanz des Winters 2007/2008:
Auch wenn dieser Winter für die bayerischen Skigebiete nicht so katastrophal war wie 2006/7, so ist dies keine Entwarnung vor dem Klimawandel: „Im Gegenteil: der Klimawandel wird die bayerischen Alpen härter treffen als den Rest Bayerns.“ so Prof. Dr. Hubert Weiger, Landesvorsitzender des Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN). Die neuen Beschneiungsanlagen in Garmisch, am Stümpfling oder am Fellhorn kritisiert Weiger daher scharf: „Wer glaubt mit Schneekanonen und neuen Speicherteichen gut gerüstet zu sein, ignoriert Fakten der Klimaforscher und die Dringlichkeit einer umweltverträglichen Entwicklung gerade im Alpenraum. Die Folgen dieser Fehlentwicklungen zahlt zudem schon jetzt der Steuerzahler.“ Der BN fordert daher „Vorrang für den Alpen- und Klimaschutz.“
Dies erfordert auch eine Umorientierung der Investitionen: „Alle Investitionen müssen auf ihre Umwelt- und Klimaverträglichkeit überprüft werden“ so Werner Fees, stellv. Sprecher des BN Arbeitskreises Alpen. Anstatt Geld mit Schneekanonen zu verpulvern, müssen die Alternativen stärker gefördert werden. „Auch Genehmigungsverfahren müssen dem Rechnung tragen.“
Als derzeit gravierendstes Beispiel der aktuellen Ausbauwelle kritisiert der BN die Entwicklung in Garmisch-Partenkirchen: genau vor 2 Jahren hat der BN auch in Garmisch-Partenkirchen die damals aktuellen Ausbauten schon als „Generalangriff auf den Berg“ kritisiert. Und es kam noch schlimmer: „Mittlerweile wird überhaupt keine Rücksicht mehr genommen auf Schutzbestimmungen für Natur und Umwelt, alles was zählt sind die Vorgaben der FIS, eine mediengerechte Aufbereitung und eine Sicherheit der Durchführung, d.h. Vollbeschneiung.“ bewertet Axel Doering, Vorsitzender des BN Garmisch-Partenkirchen, die aktuellen Umplanungen für die Ski-WM. Der BN steht daher auch der Bewerbung zur Olympiade 2018 äußerst kritisch gegenüber.


Aktuelle Entwicklung: Torschlusspanik vor Klimaerwärmung?

Obwohl der milde Winter 2006/2007 deutlich vor Augen geführt hat, dass der alpine schneeabhängige Skisport in Bayern durch die Klimaerwärmung vor massiven Einbrüchen steht, wurde auch 2007 in den bayerischen Skigebieten erneut in Schneekanonen, neue Lifte und größere Abfahrten investiert.
Der BN kritisiert neben der damit verbundenen Naturzerstörung vor allem die zunehmende Diskrepanz zwischen nötigem Klimaschutz und den Auswirkungen der Klimaerwärmung einerseits und den Ausbauten von Skigebieten und künstlicher Beschneiung andererseits.

Schwerpunkte der Investitionen in den oberbayerischen Alpen sind der Stümpfling (Lkr. Miesbach) und das Garmischer Skigebiet, das für die Ski-WM 2011 „hergerichtet“ wird. Diese Eingriffe würden noch erheblich verstärkt, wenn München mit seiner Olympia-Bewerbung für 2018 erfolgreich wäre.
Sehr kritisch verfolgt der BN zudem die aktuellen Diskussionen um den Bau einer Seilbahn zur Winklmoosalm (Lkr. Traunstein), da dadurch die Planung der Skischaukel Heutal plötzlich wieder aktuell würde. Das Genehmigungsverfahren ist angeblich so weit vorbereitet, dass es noch heuer ausgelegt werden soll. Trotz mehrfacher Forderung des BN wird für die Seilbahn kein Raumordnungsverfahren durchgeführt.

Zwischen November 2006 und Ende 2007 wurden unter anderem folgende Beschneiungsanlagen neu genehmigt:
- 13,5 ha am Stümpfling (Osthang, Lyra, Valepp), MB, Wasserversorgung aus Speicherteich
- 2,5 ha im Skigebiet „Am Ried“, Farchant, GAP, Wasserversorgung aus gemeindlicher Wasserversorgung
- 3,65 ha an Kreuzwanklumfahrung, Tröglhanglift, GAP, Wasserversorgung aus Speicherteich und Bächen
- 2,2 ha „Am Kolben“, Oberammergau, GAP
- Erweiterung des Speicherteiches am Brauneck, TÖL
Zudem wurden für zahlreiche Beschneiungsanlagen Wiederbewilligungen, d.h. eine Verlängerung der Genehmigung erteilt.

Geplant sind zudem:
- Umplanung an der Kandaharabfahrt für die Ski-WM, GAP
- Erweiterung der Beschneiung am Jenner, BGL, von derzeit 1 auf  38 Propeller-Schneeerzeuger und von derzeit 43 Schneilanzen auf 75 Schneilanzen, für Wasserversorgung ist zusätzlicher Speicherteich „Jennerwiesen 2“ und Entnahme aus Krautkasergraben geplant.
- Erweiterung der Beschneiungsanlage am Fellhorn/ Kanzelwand um 12,59 ha, OA,
- Erweiterung der Beschneiungsanlage Ofterschwang/ Gunzesried (Gipfellift, Märchenwiese, Geißrückenalpe), für Wasserversorgung ist neuer Speicherteich nötig.
- neuer Speicherteich für bestehende Beschneiung in Unterammergau, GAP
- Erweiterung der Beschneiungsanlage mit neuem Speicherteich am Brauneck (Garlandalm), TÖL.
Hierfür laufen teilweise derzeit die Genehmigungsverfahren, der BN ist nicht in allen Fällen überhaupt beteiligt.

Fehlende Berücksichtigung der Alpenkonvention und überregionaler Aspekte
Der BN kritisiert auch gravierende Defizite in den Genehmigungsverfahren. Insbesondere das Fehlen von Raumordnungsverfahren mit einer umfassenden Prüfung der Auswirkungen einschließlich „Klimaverträglichkeit“, sowie die Nichtbeachtung der Protokolle der Alpenkonvention führen zu einer Salamitaktik-artigen Genehmigung zahlreicher Einzelanträge. Ein Gesamtkonzept, wie es mit dem Wintersport in den Alpen weitergehen soll, fehlt.


Ski-WM Garmisch 2011: Gravierendstes Beispiel der aktuellen Ausbauwelle
Die Erfahrungen, die der BN mit der Bewerbung zur Ski-WM 2011 in Garmisch-Partenkirchen gemacht hat, fasst der BN zusammen:

* Zunächst gemeinsames Erarbeiten der Grundlagen (nur Verbreiterung der Kandahar, keine zweite Piste).
* Bedingte Genehmigung für WM. Ausbau von Abfahrten und Beschneiungsanlagen auf ca. 700 m Meereshöhe, trotz Klimawandel.
Genehmigung von Bergwaldrodungen in großem Ausmaß, trotz Bergwaldbeschluss des Landtags.
* Bewerbung und Zuschlag der WM auf Grundlage dieser Genehmigung. Wenig Transparenz über die Verpflichtungen (WM-Vertrag FIS-GaP).
* Ausbrechen einer Goldgräberstimmung, wie auch 1978.
* Vergessen der Versprechungen (autofrei, umweltfreundlich etc.)
* Entstehung von Sachzwängen auf Grund des Zeitdrucks bis 2011 (z.B. bei Planung des Kramertunnels auf bisher einhellig abgelehnter Trasse, Erpressungen durch Grundstückseigentümer mit eigentlich nicht genehmigungsfähigen Bauanträgen im Außenbereich etc.).
* Durchsetzen verschiedener Projekte mit Hinweis auf Ski-WM, z.B. Beschneiungsseen, Beschneiungsanlagen, weitere Rodungen.
* Völlige (!) Umplanung der Abfahrtsstrecken an der Kandahar mit Hinweis auf neue Erkenntnisse. (Fischer, Präsident des OK: „Zwei Jahre sind im Skiport eine lange Zeit.“).
* Erweiterung um weitere Projekte (z.B. Kreuzjochbahn, Deponien, weitere Rodungen). Kein Gesamtverfahren, Salamitaktik.
* Massiver Druck auf die „Gegner“ der Planungen.
* Verkauf von Immobilien und Sozialwohnungen durch Gemeinde zur Finanzierung der nicht gedeckten Kosten, bei gleichzeitigem, schnellem Schuldenanstieg.
* Weitere Zunahme der Zweitwohnungen (Olympia 1936, Ski-WM 1978).

Der BN fordert die bayerische Staatsregierung wiederholt auf, ein Gesamtkonzept für eine klima- und alpenkonventionsverträgliche Entwicklung des bayerischen Wintersportes zu erstellen, Schneekanonen nicht mit öffentlichen Geldern zu subventionieren, die Genehmigungsverfahren zu verschärfen und letztlich dem Kunstschnee als Sackgasse eine eindeutige Absage zu erteilen.

Für Rückfragen:

Dr. Christine Margraf, Leiterin Fachabteilung München, 089/548298-89, christine.margraf@bund-naturschutz.de,

Axel Doering, Vorsitzender BN-Kreisgruppe Garmisch-Partenkirchen, 08821/3117

Werner Fees, stellv. Sprecher des BN Arbeitskreises Alpen, 08025/6658

 

Anlage 1: Klimawandel in den Alpen: siehe download-Datei