B 173 neu durch das Vogelschutzgebiet Naßanger gestoppt
Der Planfeststellungsbeschluss ist rechtswidrig.
Das Bundesverwaltungsgericht rügte, dass die internationale Bedeutung des Gebietes um den sog. Naßanger, ein Stillgewässer im Maintal mit umgebenden Wiesen, ehemaligen Kiesabbaustellen und Schlämmteichen und ein Brutgebiet von Blaukehlchen, Rohrweihen und vielen anderen gefährdeten Vogelarten von der Regierung von Oberfranken nicht ordnungsgemäß geprüft worden sei. Auch die Alternativen, wie die vom Bund Naturschutz seit Jahren vorgeschlagenen ortsnahen Umfahrungen der Orte Trieb und Hochstadt ("Hörnchenlösung") seien nicht ausreichend untersucht worden.
Mit der Begründung bestätigte der 4. Senat die Rechtsauffassung des Bundes Naturschutz in den wesentlichen Punkten. Die vom Bund Naturschutz skizzierte Lösung hatte sich bereits während der Gerichtsverhandlung als die optimale Verbindung aus Natur- und Menschenschutz herausgestellt.
Zur raschen Entlastung der AnwohnerInnen vom Verkehrslärm appelliert der BN-Landesvorsitzende, Prof. Dr. Hubert Weiger, an den bayerischen Umweltminister Dr. Werner Schnappauf und weitere Vertreter der Politik, einen Runden Tisch zur raschen Lösung des Verkehrsproblems zu bilden. Es bestehe jetzt die einzigartige Chance, zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen.
Der Landesbeauftragte des Bundes Naturschutz, Richard Mergner, begrüßte das Urteil und verwies auf die Bedeutung für die Meldung von Schutzgebieten nach der europäischen Vogelschutz-Richtlinie durch den Freistaat Bayern. "Das Gericht hat nicht nur bestätigt, dass die Straßenplanung mangelhaft war. Es hat auch festgestellt, dass der Freistaat Bayern mit der Nichtmeldung geeigneter Gebiete wegen laufender Straßenplanungen rechtswidrig handelte. Das wird noch in ganz anderen Bereichen für Nachmeldungen sorgen. Die damit entstandene Rechtsunsicherheit hat die Staatsregierung zu verantworten."
Der Prozessvertreter des BN, der Fachanwalt für Verwaltungsrecht Peter Rottner aus Nürnberg, betonte die grundsätzliche Bedeutung des Urteiles. Diese bestehe darin, dass das BVerwG indirekt festgestellt habe, dass der Freistaat Bayern seine Verpflichtung zur Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie immer noch nicht erfüllt habe.
Anton Reinhardt, Kreisvorsitzender des BN aus Lichtenfels, zeigte sich ebenfalls zufrieden mit dem Ausgang des Rechtsstreites und erinnerte an den weitgehenden Kompromiss der Bürgermeister, des Lichtenfelser Landrates, der Regierung und des BN im Jahre 1998. Damals war die ortsnahe Variante als denkbare Lösung für den Fall bestätigt worden, dass es sich beim Naßanger um ein europäisches Schutzgebiet handeln könnte: "Leider haben wir durch die sture Haltung der Staatsregierung drei Jahre verloren. Die Entlastung der BürgerInnen vom Durchgangsverkehr könnte bereits gebaut sein. Nun kommt es darauf an, dass sich alle Beteiligten für eine rasche Realisierung auf der Grundlage der 'Hörnchenlösung' einigen."
Der Bund Naturschutz hatte 2000 gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage eingelegt. Damit nahm der Bund Naturschutz sein demokratisches Recht als anerkannter Naturschutzverband und betroffener Grundstückseigentümer wahr, die Fehlentscheidung zum Bau einer autobahnähnlichen Straße mitten durch das Maintal und mitten durch europaweit bedeutsame Lebensräume gerichtlich überprüfen zu lassen.
Die bayerische Staatsregierung hat, dreiundzwanzig Jahre nach dem Beschluss der Vogelschutz-Richtlinie, erst 2000 eine entsprechende Liste vorgelegt, die die bayerischen Schutzgebiete für den europäischen Biotopverbund "Natura 2000" und die Vogelschutzgebiete enthalten soll. Ca. 50% aller fachlich geeigneten und meldepflichtigen Gebiete waren allerdings nicht gemeldet worden, weil sie speziellen "Streichkriterien" der Staatsregierung widersprachen: Auch das Naturschutzgebiet Naßanger, das benachbarte Naturschutzgebiet Gaabsweiher und die zugehörige Mainaue fielen aufgrund des geplanten Straßenbaues als Meldung aus.
Der Bund Naturschutz begrüßt das Urteil auch unter dem Aspekt, dass mit der Planung eine Transitautobahn von Hof durch den Frankenwald über Kronach nach Lichtenfels durch die Hintertür geschaffen würde. Der gr0ßräumige Transitverkehr aus dem Osten, insbesondere aus Polen, würde von Dresden kommend Richtung Frankfurt über die kürzere Strecke durch den Frankenwald fahren - sofern diese ausgebaut wäre. Damit würde ein Großteil des heute über das Nürnberger Kreuz und die A70 fließenden Verkehrs in den Frankenwald und das Maintal gezogen.
Weil der BN die Notwendigkeit zur Entlastung der Ortsdurchfahrten von Trieb und Hochstadt anerkennt, hat er seit Jahren bei allen staatlichen Erörterungen, in Stellungnahmen, Gesprächen und Presseterminen auf die vorhandenen Alternativen hingewiesen: Ortsnahe zwei- bis dreispurige Umfahrungen von Trieb und Hochstadt in der Form sog. "Hörnchen", wie sie bei Weißenburg und Markt Erlbach in Mittelfranken bereits realisiert wurden. Sie könnten die europaweit bedeutsamen Lebensräume umgehen, wären im Bau und im Unterhalt billiger und würden die Gefahr einer Transitautobahn vermeiden. Gleichzeitig müssten Verkehrsvermeidungsstrategien und die Verlagerung des Verkehrs auf die Bahn angegangen werden.
gez.
Tom Konopka
Regionalreferent für Oberfranken
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