Bayerns Schönheit bewahren
Bayern ist mit einem täglichen Verlust von rund 40 Fußballfeldern (28,4 ha) trauriger Spitzenreiter unter den Bundesländern beim Flächenverbrauch und verliert zunehmend vor allem durch die Ausweisung von neuen Gewerbegebieten sein Gesicht. Besonders negative Beispiele dafür sind das Gewerbegebiet "Aischpark" bei Höchstadt/Aisch, der "Gewerbepark an der Autobahn" östlich Gremsdorf und das Gewerbegebiet bei
Adelsdorf.
Im westlichen Landkreis Erlangen-Höchstadt wurden und werden vor allem bei der Gewerbegebietsentwicklung die Grundsätze einer geordneten Siedlungsentwicklung mit Füßen getreten. So ist zwischen Adelsdorf und Gremsdorf bis nach Höchstadt/A. an der Autobahnausfahrt Höchstadt-Ost entlang der
B 470 ein fast durchgehendes Gewerbeband entstanden. Die ursprüngliche Auenlandschaft des Aischtals wurde in den vergangenen Jahrzehnten erheblich negativ verändert.
Negative Folgen sind der Verlust einmaliger Landschaftsbilder im Aischgrund, die Maximierung des KFZ - Verkehrs einschließlich der damit verbundenen Energievergeudung und der Schadstoffemissionen, der unwiederbringliche und massive Verbrauch landwirtschaftlich nutzbarer Böden und die Zerstörung landesweit bedeutsamer Lebensräume von Pflanzen und Tieren:
Die weit verstreut angeordneten Gewerbebauten mit ihrer 0-8-15-Architektur, die von typisch fränkischer Bauweise oder landschaftsangepasstem Bauen nichts ahnen lassen, verschandeln die ganze Gegend.
Aufgrund der weiten Entfernungen zu den bestehenden Siedlungen wird der KFZ - Verkehr maximiert. Jeder und jede MitarbeiterIn der Betriebe ist m.o.w. gezwungen das Auto zur Arbeit zu benutzen, alle Güter werden ausschließlich per LKW angeliefert und weggebracht. Während in Agenda-Projekten mühsam um die Einsparung fossiler Brennstoffe durch Solaranlagen gerungen wird, legen Fehlentscheidungen wie die Ausweisung der Gewerbegebiete im Aischgrund enorme Energieverbräuche für Jahrzehnte fest.
Wertvolle Auenbereiche mit ihren extensiv genutzten Wiesen, Schilfbeständen und Feuchtflächen - Kulturlandschaft und gleichzeitig Lebensraum einer Vielzahl geschützter Arten sind unwiederbringlich zerstört. Die besonders wertvollen Feuchtlebensräume Mohrhof, Bucher Weiher sowie der Bereich Neuhaus und vor allem das Naturschutzgebiet "Ziegenanger" sind durch die Bebauung von der Aischaue abgetrennt. Dies hat eine weitere Reduzierung des Lebensraums, insbesondere für europaweit geschützte wiesenbrütende Vogelarten zur Folge (z.B. Großer Brachvogel).
Obwohl die Gemeinden Höchstadt/A., Gremsdorf und Adelsdorf mit ihren maßlosen Gewerbegebietsausweisungen für enorme Schäden an der fränkischen Landschaft sorgten, sind die Arbeitsplatzbilanzen fragwürdig: Mag die Anzahl der Arbeitsplätze in der jeweiligen Kommune noch gestiegen sein, sind durch Verlagerungen der Firmen von anderswo her mit meist gleichzeitig stattfindenden Rationalisierungen in der Gesamtsumme aber Arbeitsplätze verlorengegangen. Ansiedlungen von Speditionen und Auslieferungslagern (wie ALDI Adelsdorf) an der Autobahn sorgen zusätzlich für die Erleichterung von Billigtransporten zum Schaden des lokalen Mittelstandes. Nur so lässt sich nachvollziehen, dass Bayern zwar so viele Gewerbeflächen hat wie nie zuvor, die Arbeitslosigkeit aber weiter steigt. Nirgendwo gibt es eine Nachkalkulation mit prüfbaren Daten, was das neue Gewerbegebiet einer Gemeinde unter dem Strich gebracht hat, landauf landab lassen sich die Bürgermeister aber für die "geschaffenen Arbeitsplätze" feiern.
Der Bund Naturschutz fordert von der Politik auf Landes und Bundesebene ebenso wie von Städten und Gemeinden eine deutliche Umkehr bei der Wohngebietsausweisung und der Gewerbeflächenpolitik. Ziel muss sein, dass ab 2010 keine neuen Flächen bebaut werden oder in dem Maß des Neubaus an anderer Stelle versiegelte Flächen renaturiert werden. Dies erfordert Vorrang für Flächenrecycling, Nachverdichtung und Umnutzung, Maßnahmen gegen die kommunale Konkurrenz bei Gewerbegebietsausweisungen und ein Ende des Straßenneubaus.
Die Kommunen im westlichen Landkreis Erlangen - Höchstadt werden aufgefordert, die bereits ausgewiesenen und z.T. bebauten Gewerbegebiete durch Nachverdichtung einer geordneten Siedlungsentwicklung zuzuführen und keinesfalls weitere Gewerbeflächen auszuweisen.
Für eine nachhaltig umweltverträgliche Siedlungsentwicklung legt der Bund Naturschutz im Schwarzbuch einen umfangreichen Forderungskatalog vor. Wichtigste Punkte daraus sind:
Verpflichtung zur Ausarbeitung von Flächenkatastern für Recyclingpotentiale - vor der Aufstellung von Bauleitplänen in allen Städten und Gemeinden,
Genehmigung von Flächennutzungsplänen durch die Bezirksregierungen; von Bebauungsplänen durch die Landratsämter unter fachlicher Aufsicht der Regierung,
Keine Subventionierung von Gewerbegebietsausweisungen und Flächen verschwendendem Bauen, Bundesratsinitiative für Einführung einer Versiegelungsabgabe
Entwicklung neuer Nutzungskonzepte für leer stehende Bausubstanz in städtischen und ländlichen Regionen
Neuregelung der Gewerbesteuer mit kommunalem Interessensausgleich.
Im Regionalplan von 1988 (Industrieregion Mittelfranken) waren an der B 470 noch keinerlei Gewerbeflächen vorgesehen. Die Lage der beschriebenen Gewerbegebiete in der Landschaft widerspricht in einer Vielzahl von Punkten den Grundsätzen und Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes, des bayerischen Naturschutzgesetzes, und der Regionalpläne.
Die Gewerbefläche von Adelsdorf ist heute mit 91,80 ha fast so groß wie die Fläche der Wohngebiete, wenn man die gewerblich genutzten Mischgebiete mit einbezieht. Von 1997 bis 2001 ist die Siedlungs- und Verkehrsfläche der Gemeinde Adelsdorf um 53 ha gewachsen; dies ist ein Anstieg in vier Jahren um 12,2 %. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist zwischen 1994 und 2001 fast gleich geblieben.
Das Gewerbegebiet bei Adelsdorf hat der Bund Naturschutz in sein Schwarzbuch Gewerbegebiete Bayern aufgenommen. Mit dieser exemplarischen Dokumentation und Analyse der Fehlentwicklung im Gewerbegebietsbereich, mit bislang unveröffentlichten Luftbildern aus allen Regierungsbezirken Bayerns, werden 21 Negativbeispiele aus allen bayerischen Regierungsbezirken von der Marktgemeinde Mömbris in Unterfranken bis zur Stadt Rosenheim in Oberbayern dokumentiert. Sie belegen die vielfach gesetzeswidrige Ausweisung von Gewerbegebieten im Außenbereich der Siedlungen, in Talräumen, Überschwemmungsgebieten, gerodeten Wäldern oder auf wertvollen landwirtschaftlichen Flächen. Dem werden Positivbeispiele für eine flächenschonende Siedlungsentwicklung durch intelligentes Flächenrecycling und gemeinsame Gewerbegebietsnutzung ohne kommunale Konkurrenz gegenübergestellt.
Etwa vier Kilometer weiter hat die Stadt Höchstadt weitere Gewerbegebiete ausgewiesen, insgesamt in einer Größenordnung von 800.000 m2. Das Gewerbegebiet in Gremsdorf an der Autobahn umfasst 8,3 ha, (davon 1,2 ha öffentlich Grünfläche, 0,6 ha öffentlicher Verkehr, 6,5 ha eigentliches Gewerbegebiet).
Noch vor wenigen Jahren wurde das Arten- und Biotopschutzprogramm für den Landkreis Erlangen - Höchstadt politisch diskutiert - der Flusslauf sollte wieder durchgängig naturnah werden und seine Funktionen als überregional bedeutsame Feuchtgebietsachse des westlichen Landkreises sowie als Lebensraum seltener Pflanzen- und Tierarten reaktiviert werden. Nachdem die erhofften Bundeszuschüsse nicht flossen, schritt die Kommunalpolitik stattdessen zum Totalausverkauf.
"Heimatpflege heißt, das Land und seine Bewohner vor Gleichartigkeit und Gleichförmigkeit, vor Einheitsarchitektur und Zersiedelung, vor Gesichts- und Geschichtslosigkeit zu bewahren. Heimatpflege heißt, den bayerischen Kultur- und Lebensraum liebenswert zu erhalten." (Bay. Staatsregierung).