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Bei der Zuckerrübenreinigung könnten giftige Neonicotinoide in die Umwelt gelangen warnen BN und Bündnis

14.10.2021

Nachdem das Bündnis für Neonic-freie Landwirtschaft, bestehend aus Imker*innen und dem BUND Naturschutz, nachweisen konnte, dass die nur per Notfallzulassung mit Neonikotinoiden gebeizten und gesäten Zuckerrüben die Artenvielfalt, den Boden und unsere Gewässer belasten und Rückstände nicht nur auf den gemeldeten Feldern bleibt, sondern auch abgeschwemmt werden, stellt das Bündnis jetzt die Frage, wohin die enormen Mengen an Erdresten sowie das Wasser kommen, die beim Säubern der Zuckerrüben im Werk in Ochsenfurt anfallen. Das Bündnis befürchtet, dass knapp 60.000 Tonnen kontaminiertes Erdreich sowie belastetes Wasser in die Umwelt gelangen.

Laut Mitteilung der Südzucker AG liegt der diesjährige Ertrag bei rund 95 Tonnen je Hektar und 20.600 Hektar wurden mit Saatgut bestellt, das mit Neonicotinoiden gebeizt wurde, welches auf Bienen toxisch wirkt.

Die Erdanhaftung bei der Ernte beträgt 3,06 Prozent laut den veröffentlichten Werten des Verbands Fränkischer Zuckerrübenbauer e. V. Das Bündnis für Neonic-freie Landwirtschaft geht daher von 59.884 Tonnen vermutlich hoch belastetem Erd-Material aus. Frank Flohr vom Bündnis erklärt dies sehr anschaulich, „ein 40-Tonner Sattelzug hat eine maximale Zuladung von 27 Tonnen bei einer Länge von 13,6 m. Dies entspräche einer Gesamtlänge von ca. 30 km - LKW an LKW“ und fragt sich, „wohin wird das kontaminierte Erdreich gefahren oder gelagert bzw. das belastete Wasser entsorgt? Dieses müsste dann erst freigemessen werden, bevor es wieder auf die Äcker darf. Damit wird offenkundig, dass sich die Neonikotinoide ungehindert in der gesamten Umwelt ausbreiten und die Zuckerindustrie die Giftausbringung nicht annähernd im Griff hat.“

Das Bündnis hat die zuständigen Ämter bereits aufgefordert, umgehend tätig zu werden und Proben des anfallenden Erdreichs zu nehmen.

Herr Dr. Ziegler von der Südzucker AG berichtete dem Bündnis bei einer Online-Konferenz, dass die Erdanhaftungen direkt auf Felder ausgebracht werden und nicht, wie im Jahresbericht der Südzucker AG steht, für bis zu 3 Jahre auf dem Werksgelände gelagert werden. Wo genau diese Flächen sind und bei welchem Amt sie gemeldet werden, wollte er noch ermitteln.

Steffen Jodl, BN-Regionalreferent für Unterfranken, befürchtet, „die hochtoxischen Neonicotinoide Thiamethoxam und vor allem Clothianidin mit sehr langer Halbwertszeit könnten wieder in die Umwelt gelangen und erhebliche Schäden anrichten. Der BUND Naturschutz fordert daher, den Weg der Zuckerrübenreinigung zu überprüfen und sicherzustellen, dass kein mit Neonicotinoiden belastetes Material wie Erde oder Wasser in die Umwelt gelangt.“

„Wir Imker*innen haben eine Betriebs-Nummer vom AELF und unsere Bienenvölker sind beim Veterinäramt gemeldet. Daher erwarten wir, dass die Einbußen der Imker*innen beim Honig und die Gesundheit der Tiere stärker gewichtet werden, als evtl. Mindererträge bei Zuckerrüben. Außerdem sind die Bienen auch für die Bestäubungsleistung in der Landwirtschaft entscheidend, darum muss der Schutz der Insekten an erster Stelle stehen“, so Annette Seehaus-Arnold, Präsidentin des Deutschen Berufs- und Erwerbsimker Bund.

Günter Ries, Beisitzer der BN-Kreisgruppe Ansbach, erklärt, „Neonics sind auch für aquatische Lebewesen giftig. Dies zeigt das Kleingewässermonitoring des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) sehr deutlich, welches gemäß Pressemitteilung vom 15.06.2021 fordert, dass die Umweltrisiken von Pflanzenschutzmitteln neu bewertet werden müssen. Unsere Untersuchungen der Abschwemmungen weisen eine bis zu 50-fache Überschreitung des RAC-Wertes auf. Der RAC-Wert ist die im behördlichen Zulassungsverfahren eines Pflanzenschutzmittels festgelegte Konzentration eines Wirkstoffs, die im Gewässer nicht überschritten werden darf, um negative Auswirkungen auf Gewässerorganismen zu verhindern. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass das Wasser nach dem Reinigen der Neonic-Rüben hoch belastet ist.“

Matthias Rühl, Bienenhalter aus dem Raum Uffenheim, führt aus, „auch bei konventionellen Landwirten, die kein mit Gift gebeiztes Rüben-Saatgut verwenden sowie bei den Bio-Rüben-Bauern, bei denen grundsätzlich keine Pestizide zum Einsatz kommen, dürften die Erträge dieses Jahr durch den vielen Regen ebenfalls überdurchschnittlich sein. Laut den Bioland Fachinfos vom Oktober 2020 schätzten Berater und Zuckerwerke die Bio-Rüben-Ernte 2020 in vielen Regionen als insgesamt durchschnittlich ein. Nach Angaben des Verbandes der Fränkischen Zuckerrübenbauer e. V. ist 2021 der Zuckerertrag 9 % über dem Fünfjahresniveau. Dies zeigt deutlich, dass die Notfallzulassung nicht hätte erteilt werden dürfen!“

Imkerin Silvia Unger ist empört, „die Parteien im Landtag konnten sich bisher nicht dazu durchringen, dem Antrag der Grünen zuzustimmen, das EU-weite Verbot der Neonicotinoide auch konsequent umzusetzen. Stattdessen landen durch immer mehr Notfallzulassungen weiterhin hochtoxische Pestizide auf unseren Äckern und belasten Böden, Wasser und Lebewesen. So werden die eigenen Ziele einer Reduktion von Ackergiften weit verfehlt!“

Claudia Lehner-Sepp, Imkerin und BN-Ortsgruppen-Vorsitzende Petersaurach fordert für das Bündnis für Neonic-freie Landwirtschaft, „dass künftig keine weiteren Notfallzulassungen für Neonikotinoide erteilt werden; Boden- und Artenschutz muss die oberste Priorität haben.“

Die bisherige Pressemitteilung des Bündnisses und Hintergrundinformationen finden Sie hier:

https://ansbach.bund-naturschutz.de/aktuelles/artikel/einsatz-von-verbotenem-neonicotinoid-im-landkreis-ansbach