Bergsport darf kein Motorsport werden!
Das bayerische Umweltministerium hat einen Entwurf für die Vollzugshinweise des Teils 6 des Bayerischen Naturschutzgesetzes „Erholung in der freien Natur“ vorgelegt. Der BUND Naturschutz (BN) kritisiert in seiner Stellungnahme zu den Vollzugshinweisen vor allem einen Punkt:
„Es braucht Beschränkungen bei der Elektro-Mountainbike-Nutzung im alpinen Gelände“, fordert der BN-Landesbeauftragte Martin Geilhufe angesichts des rasant steigenden Nutzungsdrucks auf die bayerischen Alpen durch E-Mountainbikes (E-MTB). „Diese Beschränkungen dienen dem Schutz der Natur, dem Schutz der Wanderer und Wanderinnen und dem Schutz von umweltbewussten E-Bike-Fahrer*Innen. Wir fordern Umweltminister Thorsten Glauber auf, hier tätig zu werden und den Verordnungsentwurf entsprechend zu ändern.“
„Wir erleben durch die E-Mountainbikes gerade eine Revolution der Erreichbarkeit im alpinen Gelände. Durch den Lift ‚unterm Hintern‘ wird der Nutzungsdruck auf Ruheräume immer größer, es kommt zu zunehmenden Konflikten mit Wandernden, die Störung von Arten und die Erosion von Wegen nehmen deutlich zu“, so Dr. Christine Margraf, BN-Artenschutzreferentin für Südbayern.
Elektro-Fahrräder sind ein wichtiges Element zur Umsetzung einer ökologischen Verkehrswende. Doch im alpinen Gelände kommt es zu besonderen Problemen.
Der Verkauf und die Nutzung von E-Mountainbikes im alpinen Gelände hat in den vergangenen Jahren rasant zugenommen. Zudem werden die E‑Mountainbikes immer leistungsfähiger. Dies führt zu erheblichen Problemen:
1. Revolution der Erreichbarkeit des alpinen Raumes
Die besondere Qualität der bayerischen Alpen für Mensch und Natur hat viel mit der geringen Erschließungsdichte und dem Erhalt von Ruheräumen zu tun. Das E-MTB stellt eine Erreichbarkeitsrevolution im alpinen Gelände dar, es ist der flächendeckende Lift „unterm Hintern“. Daraus ergibt sich eine wesentliche räumliche, tageszeitliche und saisonale Ausweitung des Nutzungsdrucks des alpinen Geländes. Bedeutsame ökologische Schutzgüter und Ruheräume geraten dadurch in Gefahr.
2. Konflikte mit Wanderern und Wanderinnen
Das bayerische Naturschutzgesetz legt zurecht bei der Nutzung von Wegen fest: „Den Fußgängern gebührt der Vorrang“. Das Wandern ist die verträglichste Form des Naturgenusses in den Alpen. Doch mit massiv zunehmender Nutzungsintensität von Wanderwegen durch E-Mountainbike-Fahrer*Innen wird nicht nur der kontemplative Naturgenuss des Wanderers/der Wanderin stark beeinträchtigt, es kommt auch immer häufiger zu Gefahrensituationen.
3. Erosions- und Vegetationsschäden
Insbesondere das Befahren von Pfaden mit Rädern führt zu erheblichen Erosionsschäden. Zusätzlich sind bei zunehmender Nutzungsintensität Vegetationsschäden durch eine Verzweigung der Pfade die Folge.
Eine ausführliche Beschreibung der Problemlage finden Sie im BN-Diskussionspapier: hier.
Das Bayerische Naturschutzgesetz und das freie Betretungsrecht
Im Bayerischen Naturschutzgesetz ist ausgeführt:
Art 28, Abs. 1: „1 Jedermann darf auf Privatwegen in der freien Natur wandern und, soweit sich die Wege dafür eignen, reiten und mit Fahrzeugen ohne Motorkraft sowie Krankenfahrstühlen fahren. 2 Den Fußgängern gebührt der Vorrang.“
Nach dem aktuellen Entwurf der Vollzugsbekanntmachung des Bayerischen Umweltministeriums werden E-Pedelecs als Fahrräder ohne Motor angesehen.
Die Ausführungen im Entwurf der Vollzugshinweise sind nicht überzeugend und höchst anfechtbar. Wortlaut im Gesetz ist eindeutig: „Ohne Motorkraft“. Pedelecs haben unzweifelhaft einen Motor.
Die Motorenleistung von Pedelecs übersteigt die menschliche Tret-Leistung bei den meisten Modellen inzwischen um ein Vielfaches. Es handelt sich auch bei Pedelecs nicht mehr um einen Hilfsantrieb, der die Muskelkraft untergeordnet ergänzt, sondern gerade im Bereich der Steigungen übernimmt der Motor die Hauptarbeit. Insbesondere im Bereich von Steigungen zeigt sich ein wesentlicher Unterschied zwischen Pedelecs und Fahrrädern ohne Motor. Daher schlägt der BUND Naturschutz vor, eine Differenzierung zwischen alpinem Gelände und dem restlichen Bayern einzuführen.
Das freie Befahrungsrecht im alpinen Gelände auf geeigneten Wegen darf nur „unmotorisierten Fahrrädern“ zugestanden werden. Ergänzend dazu sollen im alpinen Gelände Ausnahmen von dieser Regelung vorgesehen sein.
Die Landratsämter sollen ermächtigt werden, ausgewählte geeignete Wege für E-Mountainbikes zu öffnen.
Kriterien für die Beurteilung, ob eine Ausnahme für Pedelecs erteilt werden soll, können sein:
- Objektiver Ausbaustandard des Weges
- Naturschutzfachliche Wertigkeit des Gebiets
- Schutzgebietskategorie
- Nutzungsintensität (durch Wandernde/Radfahrende) – Konfliktpotenzial
- Gefährlichkeit des Weges für E-MTB-Fahrer*Innen
- Beeinträchtigungspotenzial des Weges und der Umgebung durch die
- E-MTB-Nutzung
Breite Forststraßen können im Regelfall als „tatsächlich öffentliche Wege“ angesehen werden. Hier gilt die Straßenverkehrsordnung und das Befahren mit Pedelecs ist nach bundesgesetzlicher Regelung ohnehin erlaubt.
Vollzugshinweise „Erholung in der freien Natur“
In den Vollzugshinweisen der Ministerien werden die Gesetze ausgelegt und interpretiert. Im Nachgang zum Runden Tisch zum Volksbegehren Artenvielfalt wurde für das Thema „Mountainbike und Wegeeignung“ eine Unterarbeitsgruppe unter Leitung des Deutschen Alpenvereins eingerichtet. Die Vollzugshinweise wurden aufbauend auf diese Arbeitsgruppe, an der der BUND Naturschutz nicht teilnehmen durfte, verfasst.
Für Rückfragen:
Thomas Frey
Geschäftsführer BN-Landesarbeitskreis Alpen,
089-54829864, 0160-95501313, thomas.frey@bund-naturschutz.de