Betonflut eindämmen - wir lassen uns nicht zubetonieren
Der Flächenverbrauch für Gewerbegebiete, Straßen und Siedlungen geht in Bayern ungebremst weiter. Eine Gruppe junger Engagierter aus der JBN Untersiemau und FreundInnen aus Coburg und Umgebung nahmen dies zum Anlass, in einem "Heiligtum" der Vestestadt, dem Hofgarten, gegen die zunehmende Vernichtung ihrer Lebensgrundlagen zu protestieren.
Auf einer Wiese südöstlich des allseits bekannten Reiterdenkmals für Herzog Ernst II deckten als BauarbeiterInnen verkleidete Leute eine riesige Silofolie über Menschen, die dort picknickten. In der filmisch begleiteten Performance wurde die Absurdität der Baugier dargestellt und weder Fläche noch Akteure verschont.
Damit verdeutlichen sie nicht nur den Flächenfraß in Bayern: 13 Hektar pro Tag, das sind 18 Fußballfelder täglich oder 90 Quadratmeter pro Minute. Die jungen Leute, die mitsamt der Wiese und allen dort beheimateten Pflanzen und Tieren zugedeckt werden sollten - als Symbol für die Betonierung der Landschaft - wehrten sich erfolgreich und schickten die Betonfraktion mitsamt ihrer Folie zum Teufel.
Silvana Peschek (17; Schülerin am Gymnasium Albertinum in Coburg) dazu: "Wir werden nicht kampflos zusehen, wie unsere schöne und wertvolle Natur unter einer stetig wachsenden Betondecke verschwindet."
"Täglich werden 18 Fußballfelder zubetoniert! Aber wem nutzt diese Betonflut eigentlich? Uns nicht!", so Lea-Anna Kamen.
Die ganze Aktion wurde mit mehreren Smartphones gefilmt. Aus den unterschiedlichen Einstellungen soll ein Internetfilm zur Bewerbung des Volksbegehrens "Betonflut eindämmen - damit Bayern Heimat bleibt" werden.
Hintergrund
In Artikel 141 der bayerischen Verfassung steht: [...] "Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen [...] Es gehört auch zu den vorrangigen Aufgaben von Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts, Boden, Wasser und Luft als Lebensgrundlagen zu schützen [...]".
Unverbaute Landschaften sind identifikationsstiftend und müssen geschützt und erhalten werden. Der Boden ist eine der wertvollsten endlichen Ressourcen die wir besitzen. Er benötigt Jahrtausende um wichtige Funktionen wie Speicherung von Wasser, Puffer- oder Filterfunktionen etc. zu entwickeln. Boden der einmal betoniert oder asphaltiert ist, kann nicht wieder in seinen Ursprungszustand zurückversetzt werden und ist somit nicht erneuerbar.
Die Siedlungs- und Verkehrsfläche hat sich in den letzten 60 Jahren in Deutschland laut Umweltbundesamt mehr als verdoppelt, meist zulasten landwirtschaftlicher Flächen und fruchtbarer Böden. Täglich werden in Bayern über 13 Hektar (2015) Freifläche in Siedlungs- und Verkehrsfläche umgewandelt. Seit dem Jahr 2000 ist in Bayern eine Fläche so groß wie die Städte München, Nürnberg, Augsburg, Regensburg und Fürth zugebaut worden. Täglich verschwinden wertvolle Böden, Wiesen, Wälder und Äcker unter Asphalt und Beton. Immer mehr Gewerbebiete auf der grünen Wiese lassen unser Orte veröden und zerstören wertvolle Lebensräume. Der BUND Naturschutz und die Jugendorganisation BUND Naturschutz setzen sich seit Jahrzehnten für den Erhalt der bayerischen Landschaft ein. Durch diesen unermüdlichen Einsatz mit Klagen, Protestaktionen und Bürgerentscheiden ist es gelungen viele Kleinode bayerischer Landschaft für kommende Generationen zu bewahren. Obwohl in wenigen Bundesländern der Flächenverbrauch leicht zurückging, ist er trotz Bürgerengagements in Bayern weiterhin konstant geblieben oder sogar angestiegen. Durch die massiven Änderungen am Landesentwicklungsprogramm (LEP) hat die bayerische Staatsregierung seit 2013 dem weiteren Flächenverbrauch Tür und Tor geöffnet. Die Lockerung des Anbindegebots ist ein Sündenfall für die Landesentwicklung. Das Landesentwicklungsprogramm ist als zentrales Instrument, die Nachhaltigkeitsstrategie umzusetzen, nicht gestärkt sondern geschwächt worden. Die Bundesregierung hat seit dem Jahr 2007 im Koalitionsvertrag das Ziel den Flächenverbrauch auf 30 Hektar pro Tag im Jahr 2030 zu reduzieren, festgesetzt. Dies bedeutet umgerechnet ca. 5 Hektar in Bayern pro Tag.
Freiwilligkeit beim Flächenschutz ist gescheitert
Im Jahr 2005 wurde von der bayerischen Staatsregierung mit Akteuren aus der Zivilgesellschaft das Bündnis zum Flächensparen gegründet. Bei allem positivem Bemühen, konnte dieses Bündnis den Flächenverbrauch nicht eindämmen. Eine Reduzierung des Flächenverbrauchs, die auf Freiwilligkeit besteht und der eigenständigen Alleinverantwortung der Kommunen ist gescheitert.
Wertvolle Böden erhalten!
Böden, die zentralen Lebensgrundlagen des Menschen, sie sind Erholungsraum, Lebensraum für Tiere und Pflanzen, wichtig für unser Trinkwasser, ein Speicher für wichtige Nährstoffe, für den Abbau organischer Abfälle, Nährboden für Pflanzen, Anbaufläche für Nahrungsmittel und Energiepflanzen, Schutz vor Hochwasser, Verbesserung des lokalen und globalen Klimas. Freiflächen dienen der Frischlufterneuerung und unversiegelte Böden dienen als Kohlenstoffspeicher und tragen damit auch zum Klimaschutz bei. Landschaften sind identitätsstiftend und somit leistet der Bodenschutz einen aktiven Beitrag zur kulturellen Vielfalt. Mit der Lockerung des Anbindegebotes hat sich die bayerische Staatsregierung von ihrer Aufgabe, die Landes- und Regionalplanung als zentrales Steuerungselement zur nachhaltigen Entwicklung Bayerns, auf der Basis unserer gemeinsamen kulturellen Werte ein räumliches Zukunftsbild zur Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen unseres Landes zu entwerfen und umzusetzen, endgültig verabschiedet.
Rückkehr zu einer nachhaltigen Landesplanung
Das Landesentwicklungsprogramm wäre der Rahmen, um die Entwicklung Bayerns nachhaltig und zukunftsfähig zu gestalten. Doch die LEP Novellen der letzten Jahre standen ganz unter dem Motto "Deregulierung", "Entbürokratisierung" und Schaffung neuer Spielräume für die Kommunen. Doch gerade ein Land wie Bayern mit stark wachsenden Ballungsräumen, aber auch abnehmenden Regionen braucht eine geordnete Landesentwicklung. Die fatalen Folgen des Abbaus der überregionalen Vorgaben haben schon in den letzten Jahren zu gravierenden Fehlentwicklungen geführt. Bayerns Kommunen sehen vielerorts gleich aus und haben ihr Gesicht verloren. Daher fordert der BUND Naturschutz eine Rückkehr zum Anbindegebot. Eine verpflichtende Einhaltung der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung auf 30 Hektar pro Tag. Begrenzung des täglichen Flächenverbrauchs in Bayern auf unter fünf Hektar im Jahr 2020 und ab 2025 kein weiterer Verbrauch neuer Flächen in Bayern ohne Renaturierung überbauter Flächen an anderer Stelle.
Unterstützung des Volksbegehrens: "Betonflut eindämmen - damit Bayern Heimat bleibt"
Die Partei Bündnis 90/ Die Grünen hat mit der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und der Ökologisch Demokratischen Partei (ÖDP) im September letzten Jahres das Volksbegehren gestartet. Mittlerweile sind eine Vielzahl von Verbänden im Träger- und Unterstützerkreis. Anfang März wurden die knapp 50.000 Unterschriften beim Bayerischen Innenministerium abgegeben. Über die Zulassung des Volksbegehrens entscheidet aller Vorrausicht nach der Bayerische Verfassungsgerichtshof im Juli. Das Volksbegehren ist damit ein wichtiger erster Schritt mit großer Signalwirkung für den Flächenschutz in Bayern. Denn im Jahr 2018 feiert die bayerische Verfassung ihren 100. Geburtstag. Der BUND Naturschutz wird den Paragraf 141 der bayerischen Verfassung mit einer Rückkehr zu einer nachhaltigen, mit Leitplanken ausgestatteten Landesplanung und einer Begrenzung des Flächenverbrauchs mit Leben erfüllen.
Für Rückfragen
Silvana Peschek, JBN Untersiemau www.facebook.com/JBN-Untersiemau-266617973777321/ Tel. auf Nachfrage
Tom Konopka, Regionalreferent für Mittel- und Oberfranken Tel. 0911 81878-24 tom.konopka@bund-naturschutz.de