BN und BUND klagen gegen Genehmigung von Wasserkraftwerk im Iller-Mutterbett:
Der BUND Naturschutz in Bayern (BN) und der BUND Baden-Württemberg (BUND) haben Klage gegen das kürzlich genehmigte Wasserkraftwerk an der Iller zwischen Illertissen und Dietenheim beim Verwaltungsgericht Sigmaringen eingelegt. Dabei handelt es sich um das erste von acht Kraftwerken, das der Münchner Investor Fontin an der Iller zwischen Memmingen und Neu-Ulm neu errichten will.
„Das Wasserkraftwerk zementiert die andauernde Verschlechterung von bayerischen und württembergischen Naturschutzgebieten an der Iller und macht eine dauerhafte Iller-Renaturierung zu Gunsten von Natur- und Hochwasserschutz unmöglich“, so Günter Krell, Sprecher des BN-Landesarbeitskreises Wasser.
„Das vom Landratsamt Alb-Donau-Kreis genehmigte Vorhaben widerspricht damit u.a. der europäischen Wasserrahmenrichtlinie und der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtline“, so die Geschäftsführerin des BUND-Regionalverbandes Donau-Iller, Daniela Fischer.
„Bereits 90% des Illerwassers wird durch Kanäle zur Stromerzeugung aus der Iller ausgeleitet. Mit 32 Wasserkraftwerken hat die Iller Ihre Schuldigkeit für die regenerative Stromerzeugung mehr als erfüllt. Im eigentlichen Iller-Mutterbett, wo nur noch 10% der ursprünglichen Wassermenge fließen dürfen, müssen Natur- und Hochwasserschutz Vorrang haben“ ergänzt Bernd Kurus-Nägele, Geschäftsführer der BN-Kreisgruppe Neu-Ulm.
Die vom BUND Naturschutz in Bayern und dem BUND Baden-Württemberg nun eingereichte Klageschrift sieht u.a. zwei wesentliche sachliche Rechtsverstöße:
Das Vorhaben verstößt gegen die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL):
Die verbindliche Wasserrahmenrichtlinie sieht sowohl ein Verschlechterungsverbot als auch ein Verbesserungsgebot für die Iller und die angrenzenden Illerauen vor. Die aktuelle Verbauung der Iller führt zu einer ständig fortschreitenden Verschlechterung des ökologischen Zustandes der Iller durch eine immer weiter voranschreitende Eintiefung der Flusssohle und damit einer Austrocknung der Flussaue. Die Folge ist ein Verlust geschützter Lebensräume und der dort lebenden Arten. Das Wasserkraftwerk-Vorhaben, das vorsieht, ein Schachtkraftwerk an einer bestehenden Sohlschwelle einzubauen, fixiert für einen Zeitraum von 40 Jahren diesen Negativprozess.
Dagegen schreibt die Wasserrahmenrichtlinie vor, dass bis 2027 eine bedeutende Verbesserung des ökologischen Zustandes der Iller erreicht werden muss. Aus diesem Grund ist von Seiten der Wasserwirtschaftsämter auch eine Iller-Sanierung geplant, die u.a. einen Umbau von Sohlschwellen in Rauhe Rampen, einen abschnittsweisen Abbau der Seitenuferbefestigung und in Teilbereichen auch eine Rückverlegung von Deichen vorsieht. Mit diesen Maßnahmen könnte der ökologische Zustand der Iller deutlich verbessert werden, weil der Fluss zumindest in größeren Bereichen wieder für Fische und Geschiebe durchgängig gemacht wird und Auen wieder an die Iller angebunden werden können. Die geplanten Wasserkraftwerke machen eine umfangreiche Illersanierung im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie unmöglich.
Das Vorhaben verstößt gegen die Europäische Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL):
In FFH-Gebieten gilt ein Verschlechterungsverbot.Unterhalb der geplanten Kraftwerke befinden sich sowohl das 829 ha große FFH-Gebiet „Untere Illerauen“ als auch die beiden Naturschutzgebiete „Wochenau und Illerzeller Auwald“ und „Obere und Untere Au“.
Die ökologische Wertigkeit der geschützten Auwälder ist von einer Anbindung der Auen an die Iller und einem Stopp der weiteren Eintiefung der Iller abhängig.
Untersuchungen in den Schutzgebieten, die im Rahmen der laufenden Illersanierung im Auftrag der Wasserwirtschaft erstellt wurden , haben gezeigt, dass zwischen 1996 und 2016 u.a. die Libellenbestände um 50% und die Amphibienbestände um ca. 40% eingebrochen sind. Um eine weitere Verschlechterung zu vermeiden und die schon geschehene Verschlechterung der letzten Jahre wieder auszugleichen, muss eine Geschiebedurchgängigkeit auf größeren Streckenabschnitten in Kombination mit einer Öffnung der Seitenverbauung und entsprechenden Geschiebeaktivierung erreicht werden. Durch die geplanten Wasserkraftwerke wird diese Möglichkeit zerstört und die Verschlechterung der Schutzgebiete zementiert. Die aktuell geplanten Illersanierungsmaßnahmen verkommen zu kurzfristigen Rettungsversuchen.
Um in Zeiten des Klimawandels die Hochwassergefahren zu dämpfen und natürliche Rückhalteräume zu schaffen, fordern der BN und BUND den Flüssen wieder mehr Raum zurückgegeben werden. Dazu gehört:
- eine Rückverlegung der Deiche
- eine deutliche Aufweitung der Flüsse
- der Abbau der Querverbauungen
Diese Flusslandschaft mit Ihrer Bedeutung für das Allgemeinwohl als Erholungsraum für alle Bewohner des Illertales und als Lebensraum vieler seltener Tier- und Pflanzenarten für die Erzeugung einer derart geringen Strommenge (10% der Leistung eines Windrades ) zu opfern, ist nicht vertretbar und mit allen Mitteln zu verhindern.
Für Rückfragen:
Thomas Frey
BN-Regionalreferent für Schwaben
thomas.frey@bund-naturschutz.de
089-54829864
0160-95501313
Daniela Fischer
Regionalgeschäftsführerin
BUND Donau-Iller
Daniela.Fischer@bund-ulm.net
0731-66695
Bernd Kurus-Nägele
Geschäftsführer BN-Kreisgruppe Neu-Ulm
bundnatnu@aol.com
0173 / 3249171