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Die zwingende Antwort auf den drohenden Klimawandel: Energieeffizienz und Erneuerbare Energien müssen in Bayern Priorität erhalten

Bund Naturschutz stellt Sofortprogramm vor

 

01.03.2007

    München, 01.03.2007
    PM 024/07/LFGS
    Energie

Der Klimawandel ist Realität: Hochwässer, verheerende Stürme und Dürreperioden werden auch in Bayern gewaltige Folgekosten verursachen. Der Kohlendioxidausstoß von fast 10 Tonnen pro Kopf liegt ums zigfache über dem, was die Atmosphäre eines so kleinen Landes verkraften kann.
Die schnellstmögliche Reduzierung der Klimagase ist daher das Ziel des Sofortprogramms, mit dem der Bund Naturschutz für eine Umstrukurierung der Energieversorgung plädiert. Der Übergang von den derzeit herrschenden zentralen Strukturen mit großer Energievergeudung zu dezentraler Energieversorgung auf der Basis von Sonne, Wind und Biomasse muss in weniger als zwei Jahrzehnten geschafft sein, um das Wachstum klimaschädlicher Gase zu reduzieren und gleichzeitig die Exportchancen für Bayerische Klimaschutztechnik zu heben.

Die zentralen Forderungen richten sich daher an die Bayerische Staatsregierung, die bayerische Wirtschaft aber auch an den einzelnen Mitbürger.
Energieverschwendende Techniken, die oft auch noch subventioniert werden, müssen umgehend durch Effizienztechnik und Erneuerbare Energien ersetzt werden. Dazu bedarf es der Beseitigung verwaltungstechnischer und rechtlicher Hemmnisse, zielgerichteter Investitionen im Vorgriff auf die eingesparten Energiekosten sowie des sachkundigen Umgangs mit den Energieträgern.

Die wichtigste Energie“quelle“ ist die Energieeffizienz (Wärmedämmung, Kraft-Wärmekopplung, effiziente Haushaltsgeräte und Motoren). Der Rest kann in Bayern leicht durch Erneuerbare Energien abgedeckt werden.

Energieverschwendung ist das zentrale Problem

Das zentrale Problem der bayerischen Energieversorgung ist, dass die meisten Anlagen - vom Kraftwerk bis zum Verbraucher – noch aus einer Zeit stammen, in der es Energie (aus heutiger Sicht) fast zum Nulltarif gab. Deshalb hat die Energieverschwendung immense Ausmaße.

Intelligente Technik, die aus wenig Energie viel Nutzen (warme Räume, Kühlung, Information, Transportkilometer) macht, war jahrzehntelang nicht gefragt. Extrembeispiele sind bayerische Kraftwerke, die nur ein Drittel ihrer Energie umsetzen und zum Verbraucher leiten, Standby-Geräte, die im ausgeschalteten Zustand mehr Kilowattstunden verbrauchen als in der wirklichen Betriebszeit, Häuser, die ihre Heizenergie in kürzester Zeit an die kalte Umgebung verlieren. Statt 5 Liter Öl pro Quadratmeter Wohnraum verschwenden sie 20 bis 30 Liter.

Die Energieposition des Bund Naturschutz belegt, dass Bayern zwei Drittel der heute noch verbrauchten Endenergie einsparen kann, wenn der moderne Stand bei Umwandlungs- und Verbrauchstechnik zum Einsatz kommt. Der Restbedarf können Sonne, Wind, Wasser und Biomasse größtenteils abdeckten, der Kohlendioxidausstoß könnte um 85 % sinken, von mehr als 100 Mio. Tonnen auf 15 Mio. Tonnen pro Jahr.

Der Bund Naturschutz legt daher ein Sofortprogramm vor, um Energie und Klimagase in großem Maße einzusparen:

Energieeffizienz

1. Wärmedämmung und Gebäudesanierung stellen das größte Einsparpotential das, auf das der Normalbürger direkten Einfluss hat. Mehr als 2 Drittel der Heizenergie kann gespart werden, der Wohnkomfort steigt. Die hohen Energiepreise finanzieren nicht nur die energetische Nachrüstung des Gebäudes sondern finanzieren auch einen Teil der Fassadenrenovierung mit.
Bei der Fördermittelvergabe der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ist Bayern Spitzenreiter unter allen Bundesländern. Im vergangenen Jahr ist die stattliche Summe von rund 1,3 Mrd. Euro an Krediten nach Bayern geflossen.

Sollen 5% aller bayerischen Wohngebäude jährlich saniert werden, müssen mehr als 7 Mrd. € investiert werden. Nutznießer ist neben der Umwelt der heimische Mittelstand: Maler, Verputzer, Glaser, Installateure, Energieberater und die Dämmstoffwirtschaft. In diesen Branchen können viele Arbeitsplätze geschaffen werden, die nicht ins Ausland abwandern.

Der Bund Naturschutz fordert von der bayerischen Staatsregierung, für die Sanierung der staatlichen Liegenschaften mindestens 100 Mio. € im neuen Doppelhaushalt zum Sparen im wohlverstandenen Sinne bereitzustellen. Alle bisherigen diesbezüglichen Anträge hat der Landtag abgelehnt.

2. Die Kraftwärmekopplung ist die wichtigste Effizienzmaßnahme bei kon-ventioneller Stromerzeugung. Diese Technik muss insbesondere bei Gewerbeunternehmen, Wohnungsbauunternehmen, Kommunen aber auch in öf-fentlichen Gebäuden zum Einsatz kommen.
Eine von Bundeswirtschaftsminister Glos 2006 vorgelegte Studie bestätigt, dass mehr als die Hälfte des Stroms in Deutschland wirtschaftlich in Kraftwärmekopplung erzeugt werden könnten. In Bayern sind es bisher nicht viel mehr als 10 %.
Der Bund Naturschutz fordert einen Ausbau um mindestens 1000 MW. Fos-sile Kraftwerke ohne Kraft-Wärme-Kopplung dürfen nicht mehr genehmigt werden.

3. Ökologische Verkehrspolitik
Mit der Verlagerung des Individual- und Güterverkehrs auf Bus und Bahn, (dort, wo es möglich ist) und mit dem 3-Liter-Auto sinkt der Treibstoffverbrauch um mehr als 3 Viertel bei gleich bleibender Transportleistung.
Der Bund Naturschutz fordert das Tempolimit auf allen Autobahnen und die Umlenkung von Finanzmitteln für den Straßenbau auf den öffentlichen Verkehr.

4. Klimafreundliche Landwirtschaft
Der Bund Naturschutz fordert den Übergang zum Ökologischen Landbau verstärkt zu fördern.
Biologischer Pflanzenbau braucht weniger als die Hälfte der Energie des konventionellen Anbaus. Vor allem durch den Verzicht auf den energieaufwändigen mineralischen Stickstoffdünger sowie geringere Futtermittelzukäufe kommt die gute Klimabilanz zustande. Soja als Tierfutter wird häufig aus Entwicklungsländern importiert und hat eine weite Reise hinter sich.

Die ökologische Tierhaltung ist artgerecht und flächengebunden, und nutzt den entstehenden Dünger problemlos durch die auf der Fläche wachsenden Pflanzen. Dies verhindert die Überproduktion von Gülle und somit die Bildung von treibhauswirksamen Stickoxiden. Der ökologische Landbau vermeidet auch andere Klimagase wie Methan und Lachgas.

5. Energiesparende Produktion in der Wirtschaft
Die Produktion von Elektrogeräten mit standby-Leistung über 1 Watt muss sofort eingestellt werden, ebenso die von spritfressenden Fahrzeugen mit einem CO2-Ausstoß oberhalb der Selbstverpflichtung der Automobilindustrie.

Auch die industriellen Fertigungsprozesse selbst müssen auf energiesparende Alternativen umgestellt werden.

6. Stromsparender Haushalt
Wenn Strom im Haushalt sinnvoll und mit hocheffizienten Techniken eingesetzt wird, lassen sich bis zu 3 Viertel des Stromverbrauchs einsparen. Ein moderner Haushalt, der vorher 4000 kWh im Jahr verbrauchte, kann bei gleichem Komfort auch mit 1000 kWh auskommen.
Die Mehrkosten für effiziente Haushaltsgeräte amortisieren sich wie in keinem anderen Anwendungsbereich, mit Zinsraten oberhalb von 10% p.a., die von keiner Bank geboten wird.

Bund Naturschutz fordert massiven Ausbau Erneuerbarer Energien

1. Die Photovoltaik in Bayern kommt gut voran. 2005 war Bayern Weltmeister beim Ausbau der Solarstromanlagen, (mehr als in Japan und USA zu-sammen). 2006 stammten erstmals in einem Flächenstaat mehr als 1% des bayerischen Stroms aus Solaranlagen.

Derzeit sind rd. 4% der geeigneten Dach- und Fassadenflächen genutzt. Der Bund Naturschutz fordert, das erfolgreiche Erneuerbare-Energien-Gesetz auch in den nächsten Jahren weiterzuführen. Bei moderatem Wachstum von „nur“ 25 % p.a. würde in 14 Jahren das gewünschte Potential erreicht. (Bis-lang lag es zwischen 50 und 100% pro Jahr.)

2. Die Windkraft wird in Bayern vielerorts von unsachgemäßen Widerständen blockiert. Der Bund Naturschutz fordert die Windkraftnutzung auf rd. 1000 Standorten. Mit Umgriff wäre dafür 1Promille der Fläche Bayerns nötig. Diese Flächen sind auch nach strengen Natur- und Landschaftsschutz-Kriterien leicht zu finden.

3. Die Biomasse kann bei Verwendung der ohnehin anfallenden Reststoffe wie Waldrestholz, Sägewerksabfälle, Gülle, landwirtschaftliche Abfälle, grüne Tonne mit 25 % zur Endenergie Bayerns beitragen. Biomasse lässt sich vorrangig in Biogasanlagen und Holzheizkraftwerken mit hohem Gesamtwir-kungsgrad nutzen.
Forschungsbedarf besteht noch bei der zukunftsträchtigen Form der Holzver-gasung, wie sie z. B. im burgenländischen Güssing betrieben wird, wo sie nicht nur Strom und Wärme, sondern neuerdings auch Treibstoffe liefert. Das wäre auch die eleganteste Lösung der Folgeprobleme der Holznutzung wie z. B. Feinstaubbelastung.

Der gezielte Anbau nachwachsender Energierohstoffe kann nach Einschätzung des Bund Naturschutz eine Reihe von Problemen aufweisen:
Biogasanlagen im Außenbereich (ohne Kraft-Wärme-Kopplung) nutzen die verfügbare Energie zu weniger als 40%, ganze Landschaften werden in Maisfelder verwandelt. Der hohe Energieeinsatz durch Dünger reduziert das Ergebnis obendrein. Die Gefahr der gentechnischen „Verbesserung“ des Maisertrags droht.
Die Hektar-Ausbeute bei Raps- und Sonnenblumenöl ist sehr niedrig.
Es besteht eine harte Flächenkonkurrenz zwischen dem Lebensmittelanbau und dem von Energierohstoffen. Schon heute werden große Futtermittelmengen zur Fleischproduktion importiert.

4. Die Geothermie zur Strom- und Wärmeerzeugung findet insbesondere in Südbayern beste Bedingungen. Der Bund Naturschutz fordert Staatsregierung und Kommunen auf, die derzeit noch nicht gut einzuschätzenden Tiefbohrrisiken bürgschaftlich abzufedern. Diese Geothermienutzung ist umweltfreundlich möglich und kann zum Stromlastausgleich herangezogen werden, ähnlich der Stromerzeugung aus Biomasse.

Was steht dem Klimaschutz entgegen?

Noch immer wird die Energieverschwendung mit gewaltigen Subventionen vorangetrieben, vor allem im Verkehrssektor.
Vorrangig müssen daher staatliche Leistungen z. B. für den Autobahn- und Flughafenbau, ebenso wie für den Transrapid, gestrichen werden.
Die Kfz-Steuer muss auf die Mineralölsteuer umgelegt werden. Das Flugbenzin muss endlich besteuert werden. Die Atomkraft muss wie jede andere Stromerzeugung durch Haftpflichtversicherung abgedeckt sein.

Der Bund Naturschutz fordert von e.on und etlichen Stadtwerken, die Pla-nung neuer Braun-, Steinkohle- und Gaskraftwerke ohne Kraftwärmekopplung sofort einzustellen (darunter in Bayern die Kraftwerke Irsching, Dettelbach (Gas), und Großkrotzenburg (Steinkohle)).
Fossile Kraftwerke ohne Kraftwärmekopplung sind angesichts der Klimaproblematik nicht mehr tragbar.

Bund Naturschutz schlägt zur schnelleren Bekämpfung des Klimawandels Gesetzesinitiativen vor

Die Bayerische Staatsregierung muss im Bundesrat einen Gesetzentwurf vorlegen, der für Energiesparmaßnahmen und Effizienztechnik nach dem Vorbild des Erneuerbare-Energien-Gesetzes weitere finanzielle Anreize schafft.

Der Bund Naturschutz fordert die Fortführung der Ökologischen Steuerreform, denn sie entlastet die Umwelt, senkt die Lohnnebenkosten und baut ökologisch schädliche Subventionen ab. Sie führt damit zu einer Beschleunigung der Einführung effizienter Techniken, ohne den Geldbeutel des Bürgers zu belasten.

Atomkraft keine Hilfe gegen den Klimawandel

Der Bund Naturschutz lehnt die Atomkraftnutzung wegen des großen Reaktorrisikos und der ungelösten Entsorgung ab.

Zur Lösung der Klimaproblematik etwas trägt die Atomkraft so gut wie nichts bei. Denn Atomstrom liefert nur 2,7% der Weltenergieversorgung, Tendenz abnehmend.

Der Bau von Atomkraftwerken ist kostspielig und langwierig. Neue Atomkraftwerke würden kaum noch in der von der UN-Klimakommission genannten Gnadenfrist von 15 Jahren in Betrieb gehen. Sie würden dann bald ohne Brennstoff dastehen. Denn selbst für die derzeitigen 400 Atomkraftwerke weltweit reicht das Uran nur noch knapp 30 Jahre, der Ausbau der Atomkraft würde das Uran noch schneller erschöpfen.

Die Phantomdiskussion um den Weiterbetrieb alter Atomkraftwerke aber lenkt von den großen Risiken dieser Energiegewinnung ab. Selbst die damalige Umweltministerin Angela Merkel hat schon 1997 eine Studie des Umweltbundesamtes der Öffentlichkeit präsentiert, in der es heißt, die „Kernenergie dürfte die angebotsorientierten Strukturen unserer Energiewirtschaft stabilisieren, die ein Haupthemmnis für die zur Erreichung des Klimaschutzziels unabdingbare Effizienzverbesserung darstellen“.

gez. Prof. Dr. Hubert Weiger, Landesvorsitzender
des Bundes Naturschutz in Bayern e.V.
gez. Richard Mergner, Landesbeauftragter des Bundes Naturschutz
gez. Dr. Ludwig Trautmann-Popp, Energiereferent des Bundes Naturschutz

Anlage: BN-Energievision


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