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Tiere und Pflanzen

Erholungswald statt Holzfabrik !

Zerfahrene Waldwege, laute Großmaschinen und Maut für Wandergruppen als Zukunft im
Erholungswald "

12.11.2004

Das Wald Bündnis Nürnberg weist mit einer symbolischen Aktion mit lauter Kettensäge und Mautschranke in der Nürnberger Fußgängerzone auf die Gefahren hin, die den StadtbewohnerInnen durch die geplante Forstreform drohen.

Für das Wald Bündnis Nürnberg nehmen zum Thema Erholungswald Herbert Klug, 1. Vorsitzender des Deutschen Alpenvereins, Sektion Nürnberg, Franz Mages, 1. Vorsitzender des Zeidlervereins Nürnberg und Umgebung, Walter Müller, Zeidlerverein Kloster Pillenreuth, Markus Gierisch, Landesbund für Vogelschutz Nürnberg, Wolfgang Dötsch, Geschäftsführer des Bundes Naturschutz, Kreisgruppe Nürnberg-Stadt Stellung:

Wir befürchten zukünftig im Rahmen einer nur noch gewinnorientierten Waldbewirtschaftung im Staatsforst gravierende Verschlechterungen für die Bürgerinnen und Bürger, die sich im Reichswald erholen wollen. Zukünftig müssen wir vermehrt mit Schlammpisten statt Wanderwegen rechnen, weil die Waldwege nach der Holzernte nicht mehr hergerichtet werden. Wir befürchten den noch weiter zunehmenden Einsatz lauter Harvester, Großmaschinen, die aus Rentabilitätsgründen auf Ruhezeiten von Mensch und Tier keine Rücksicht mehr nehmen. Und wir befürchten eine Entwicklung wie in Niedersachsen, wo Gruppen bereits Maut für die Waldnutzung zahlen müssen. Dazu werden Kahlschläge und Waldrodungen kommen, weil ein nur noch gewinnorientierter Forstbetrieb auch die lukrativen Möglichkeiten für die Ausbeutung des Reichswaldes als Sandgrube und Steinbruch nutzen würde.

Hubert Weiger, Beauftragter für das Volksbegehren "Aus Liebe zum Wald": "Nicht nur in Nürnberg, für alle Städte Bayerns sind die umgebenden Wälder die Grüne Lunge und der Naherholungsraum der Bürgerinnen und Bürger. Zumeist sind es Staatswälder. Diese lassen wir uns weder durch noch mehr Holzeinschläge kaputtmachen noch nehmen wir die drohende Privatisierung hin. Unser Volksbegehren ist die einzige Chance, die Errungenschaften der letzten 25 Jahre zu verteidigen und die Wälder vor dem Zugriff der Holzkonzerne zu retten."

Die Vertreter des Wald Bündnisses Nürnberg betonen, dass neben der Naherholung der Reichswald kostenlos sauberes Trinkwasser, gesunde Luft, Kühlung in heißen Sommern liefert und Lebensraum für tausende von Tier- und Pflanzenarten wie Schwarzspecht oder Hirschkäfer bietet.

Aufgrund der enormen Bedeutung des Reichswaldes ruft das Wald Bündnis alle Nürnberger Bürgerinnen und Bürger zur Eintragung in den 17 Eintragungstellen auf. "Zehn Minuten für den Schutz des Reichswaldes, damit der Wald uns auch noch in 100 Jahren schützt!"

Wandern und Fahrradfahren als Hindernislauf
Sicherlich wird aber die Wegequalität im Reichswald drastisch abnehmen, da für den Wegebau immer weniger Geld da ist. Der im Wald Bündnis aktive Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) kritisiert diese Verschlechterung im Reichswald schon seit Jahren. Zudem brauchen die riesigen, modernen Forstmaschinen wie die Harvester, oder die Langholzfuhrwerke keine feingeschotterten Waldwege, die für Fahrradfahrer, Spaziergängerinnen oder Eltern mit Kinderwagen wichtig sind.

Wandern und Radwanden im Reichswald würde daher im Zuge der Forstreform immer unattraktiver. Nürnbergs Bürgern droht der Kontakt zu ihrer "Grünen Lunge" verloren zu gehen. Dies ist besonders für Reichswaldortschaften wie Fischbach und Brunn, die teilweise von den Erholungssuchenden leben, eine gefährliche Entwicklung.

Maut
Dass es sich bei dem drohenden Maut-Szenario nicht nur um Panikmache oder Hysterie handelt, beweisen z. B. einige Beispiele aus Niedersachsen, wo es die Waldmaut für Gruppen und Veranstalter bereits gibt. So wurde einem privaten Kutschenbesitzer im Solling ein Jahresgebührenbescheid über 200."Euro zugestellt, mit genau vorgeschriebener Wegroute. Für ein Mountainbike-Wegenetz im Harz verlangt die Forstverwaltung 20.000."Euro pro Jahr von den Fremdenverkehrsgemeinden. Auch der Alpenverein soll für "Ausübung des Klettersports" im Gebirgszug des Ith zahlen. Ein Hotelier im Harz wurde aufgefordert, 400."Euro für Nachtwanderungen mit Gästen zu entrichten. Der Gastronom strich daraufhin genervt sein Ausflugsprogramm.

Eintrittsgelder für Einzelpersonen werden auch zukünftig nicht verlangt, dafür garantiert die Bayerische Verfassung, die das Betretungsrecht der freien Landschaft für Jedermann sehr fortschrittlich regelt. Aber künftig ist damit zu rechnen, dass Kindergruppen, Organisatoren von Waldfesten oder Veranstalter von Joggingläufen, wenn sie den Wald nutzen bzw. dort Veranstaltungen durchführen, mit Maut zur Kasse gebeten werden. Die neue Gebührenlinie trifft indes nicht nur Sportler und Wandervereine: Auch Waldkindergärten, deren Zahl erfreulicherweise ständig zunimmt, sollen gebührenpflichtige Verträge mit strikten Auflagen unterschreiben.

Schon eine organisierte Wandergruppe muss damit rechnen, Geld bezahlen zu müssen, wie das beispielsweise bereits im Wald des Herzog von Bayern (Wittelsbacher Ausgleichsfonds bei Ingolstadt) verlangt wird. Im Errichtungsgesetz der "Bayerischen Staatsforsten" wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass zukünftig die Bayerischen Staatsforsten für Kosten, die durch derartige Beanspruchungen entstehen, Entgelte verlangen können. Auch ein gesetzlich verbrieftes Betretungsrecht, das es in Niedersachsen wie in Bayern gibt, verhindert diese Abzocke nicht. Das Volksbegehren dagegen garantiert, dass im Staatswald der Waldschutz und die Erholung Vorrang vor einem kurzfristigen Profit haben.

Mit der vom Freistaat angekündigten Forstreform droht der Weg für die Einführung der Waldmaut auch in Bayern geebnet zu werden. So findet sich schon heute in der Nebennutzungsrichtlinie zur Vermietung von forstlichen Grundstücken des Bayerischen Staatsministeriums für Landwirtschaft und Forsten vom September 2004 im Anhang eine Mindestpreistabelle für z.B. die Nutzung des Waldes für gemeinnützige Zwecke. Darin ist eine Mindestgebühr von 50."Euro für organisierte Veranstaltungen im Staatsforst ohne gewerblichen Charakter vorgeschrieben. Auch Waldkindergärten sollen mit 50."Euro zur Kasse gebeten werden.

Das Waldbündnis Nürnberg steht BürgerInnen für Rückfragen jederzeit offen und bietet drei Anlaufstellen an:
Deutscher Alpenverein, Sektion Nürnberg, Kornmarkt 6, 90402 Nürnberg, Tel: 0911/225308
Bund Naturschutz Nürnberg, Endterstraße 14, 90459 Nürnberg, Tel: 0911 / 457606
Landesbund für Vogelschutz Nürnberg, Humboldtstraße 98, 90459 Nürnberg, Tel: 0911 / 454737