Flächenfraß - eine unverantwortliche Hypothek für künftige Generationen
Flächenverbrauch - Anspruch und Wirklichkeit:
Der Anspruch:
1) Zentrale Forderungen des bayerischen Umweltministers:
Am 15.11.2001 forderte der bayerische Umweltminister Dr. Schnappauf in einer Rede zum Thema Flächenverbrauch eine Trendumkehr mittels eines ganzen Bündels an Maßnahmen:
Demnach müssen u.a. Bodenschutzziele konsequent in Landschaftsplänen, Regionalplänen und Bebauungs- bzw. Flächennutzungsplänen umgesetzt und beachtet werden.
Der Flächenverbrauch müsse in allen Landesteilen reduziert werden.
Die Nutzung vorhandener Siedlungsflächen und die Wiedernutzung von Brachflächen müsse Vorrang vor Neuausweisungen haben.
2) Vorgaben des Regionalplanes Bayerischer Untermain:
Der Schutz der land- und forstwirtschaftlichen Flächen vor immer unwiderruflicheren Verbauung ist in dieser Region mit ihrem relativ geringen Anteil an ertragreichen Nutzflächen von besonderer Bedeutung.
Zusätzlichen Flächenausweisungen sollen sich am Bedarf der ortsansässigen Bevölkerung orientieren und auch eine nicht unverhältnismäßige Zuwanderung ermöglichen. Dies gilt sowohl im Wohnsiedlungsbereich als auch im gewerblichen Bereich (S. 59).
Die Wirklichkeit:
Ungebremster Flächenverbrauch am Beispiel Lkr. Aschaffenburg:
Der Landkreis Aschaffenburg ist mit 240 Einwohnern pro qkm der am dichtsten besiedelte Landkreis Unterfrankens und liegt damit auch über dem bayerischen Durchschnitt.
Etwa 13% der Fläche des Landkreises Aschaffenburg und 34% der Stadt Aschaffenburg sind bereits Siedlungs- und Verkehrsflächen
Prognosen zeigen allerdings, dass sich nach der Jahrtausendwende das Bevölkerungswachstum im Landkreis verlangsamen wird - der Einwohnerboom der 90er Jahre wird sich nicht fortsetzen.
Im Jahr 1996 wurde im Auftrag des Landkreises Aschaffenburg eine Studie zum Flächenverbrauch veröffentlicht:
Das Büro "Planwerk", das Prognosen der benötigten Gewerbe- und Wohnbauflächen bis zum Jahr 2010 erstellt hatte, kam für den Landkreis zum Ergebnis, dass schon genügend Wohn- und Gewerbeflächen vorhanden sind, um den Bedarf für die nächsten 15 Jahre zu decken.
Auch die Stadt Aschaffenburg verfügt momentan über einen Vorrat an freien Gewerbeflächen, die v.a. in den Ortsteilen Nilkheim und Leider sowie an den früheren Kasernenstandorten zu finden sind.
Alleine auf den Flächen, die früher von den amerikanischen Streitkräften genutzt wurden, könnten 10 000 Menschen Wohnraum finden und dafür wertvolle Lebens- und Erholungsräume (z.B. Streuobstbestände in Obernau, am Büchelberg, in Schweinheim und Nilkheim) geschont werden.
Addiert man den gesamten Bedarf an Wohnbauflächen im Landkreis für die Jahre 2005 bis 2010, so steht den realistischerweise benötigten 312 ha schon jetzt ein Angebot von ca. 700 ha in Bebauungs- und Flächennutzungsplänen gegenüber.
Trotzdem sollen weitere Bau- und Gewerbegebiete ausgewiesen werden!
Flächenverbrauch vor Ort - kein Ende in Sicht:
Im Raum zwischen Alzenau und Kleinostheim übertrifft das Anwachsen der bebauten Fläche zwischen 1975 und 1997 bei weitem das Anwachsen der Bevölkerungszahl im gleichen Zeitraum.
Selbst vor Landschaftsschutzgebieten macht die Umwandlung in Gewerbegebiete, Sandabbauflächen und Verkehrsflächen nicht halt.
Beispiele:
Bau der umstrittenen "Entlastungsstraße" in Alzenau, Planung weiterer Autobahnanschlüsse,
geplante Ausweisung von 15 ha Gewerbeflächen im Lindigwald (vorgesehener Bannwald!)
Beispiel 1)
Bauwut im Kahlgrund: Rothengrund.
Zwischen 1986 und 1996 wurden von der Gemeinde Mömbris bereits über 60 ha in Bebauungsplänen ausgewiesen. Damit liegt sie an einsamer Spitze der Landkreisgemeinden (Durchschnittswert: ca. 20 ha).
Sie hatte im Juni 2001 bereits ca. 530 offene Bauplätze sowie "ein nennenswertes Potenzial an ungenutzten Gewerbeflächen" (Zitat aus der Planwerkstudie im Auftrag des Landkreises).
Trotzdem plant die im Kahlgrund gelegene Gemeinde Mömbris im Ortsteil Rothengrund in einem bislang unberührten Tal den Bau eines Gewerbegebietes und eines neuen Wohngebiets.
Lt. Arten- und Biotopschutzprogramm des Landkreises besitzt aber der Kahlgrund den höchsten Biotopflächenanteil aller Naturräume im Landkreis (mit Ausnahme der großen Waldflächen) und damit eine überragende ökologische Bedeutung. Alleine für die Gde. Mömbris sind dort fünf neue Schutzgebiete vorgeschlagen!
Beispiel 2)
Bauwut im Kahlgrund: Blankenbach
Die Gemeinde Blankenbach hält unter den Kahlgrundgemeinden mit 22% versiegelter Gemeindefläche die Spitzenposition.
Das aktuell geplante Gewerbegebiet "Zur Aue" führt praktisch zu einem Zusammenwachsen der Ortsteile Blankenbach und Erlenbach.
Diese Planung widerspricht eindeutig den Zielen des Regionalplans Bayerischer Untermain (Auszug S. 60):
* "Die landschaftlich reizvollen Täler des Spessarts und Vorspessarts sowie das Maintal sind aufgrund der historisch gewachsenen Siedlungsstruktur besonders gefährdet. ... Dabei besteht die Gefahr, dass die Siedlungseinheiten zu einer bandartigen Bebauung verschmelzen. ... Vor allem in den Entwicklungsachsen soll durch diese Zielvorgabe eine bandartige zusammenhängende Siedlungsstruktur vermieden werden."
Auch im Arten- und Biotopschutzprogramm des Landkreises wird moniert, dass bereits jetzt im Kahlgrund die Siedlungsstruktur durch größere neue Sieldungs- und Gewerbeflächen aufgebrochen ist.
Flächenverbrauch im Landkreis - eine Dokumentation des BN:
Der Flächenverbrauch im Landkreis Aschaffenburg ist symptomatisch für einen landesweiten Trend.
Die Probleme beschränken sich nicht auf die zwei o.g. Beispiele, sondern betreffen den ganzen Landkreis.
Deshalb hat die Kreisgruppe nach aufwendigen Recherchen das Problem Flächenverbrauch auf einer eigenen CD - Rom mit vergleichenden Bildern und eindrucksvollen Grafiken dokumentiert.
Diese CD-Rom kann direkt in der Kreisgeschäftsstelle Aschaffenburg des Bundes Naturschutz bestellt werden (Tel. 06021-24994).
Die wichtigsten Teile dieser Dokumentation (incl. Fotos und Grafiken) sind auch über die Homepage der Kreisgruppe abrufbar:
http://BN-A.burg.bei.t-online.de
Es geht auch anders:
Nachhaltiges Flächenmanagement statt Flächenverbrauch-
Die Forderungen des Bundes Naturschutz:
* Vor der Ausweisung neuer Gewerbeflächen ist ein systematisches "Flächenrecycling" durchzuführen, aufgelassene alte Gewerbeflächen müssen wiederverwendet, die Verschwendung von Freiflächen bei gleichzeitig leerstehenden Hallen und Räume verhindert werden.
* Auf kommunaler Ebene muss einem übermäßigen Flächenverbrauch für Neubauten und Bodenversiegelung Einhalt geboten werden.
Beispiele:
* Vorrangige Bauplatzausweisung für Einheimische
* Baugebote für Baulücken
* Finanzielle Anreize für mehrgeschossige Bauweise
* Verdichtetes Bauen
* Nutzbarmachung bestehender (Neben-)Gebäude
* Bodenentsiegelungsmaßnahmen müssen zum Ausgleich für neu bebaute Flächen eingeführt werden.
gez.
Prof. Dr. Hubert Weiger
1. Vorsitzender des Bundes Naturschutz
Eduard Bernhard
1. Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Aschaffenburg