Flächenfraß und Artenschwund
Der BUND Naturschutz in Bayern e.V. (BN) lehnt den Weiterbau der B 15 neu über die A 92 hinaus entschieden ab. „Der hohe Flächenverbrauch, die Zerschneidung von wertvoller Kultur- und Naturlandschaft sowie der mit der geplanten B 15 neu verbundene Artenverlust ist nicht hinnehmbar.“, so Richard Mergner, BN Landesvorsitzender. „Der BN setzt sich seit vielen Jahren für eine umwelt- und sozialverträgliche Mobilität ein, die flächendeckend auch im ländlichen Bereich ist.“, erläutert Richard Mergner weiter.
Landshut. Seit mehr als fünf Jahrzehnten plant der Freistaat Bayern die Fernstraßen A 3 (Regensburg) und A 8 (Rosenheim) durch den Neubau einer Bundesfernstraße B 15 neu zu verbinden. Damit soll der Großraum München, insbesondere die A 9 (Nürnberg – München), der Münchener Autobahnring A 99 sowie die A 8 (München – Rosenheim) verkehrlich entlastet und der von Norden bzw. Süden kommende Fernverkehr auf die B 15 neu geleitet werden, informiert Reinhold König, Mitglied im BN Landesarbeitskreis Verkehr und Vertreter des BUND Naturschutz (BN) im Dialogforum zur Ost-Süd-Umfahrung von Landshut.
Der bereits unter Verkehr bzw. in Bau befindliche nördliche Teil der B 15 neu (Regensburg – Landshut) wird nach Angaben des Staatl. Bauamtes Landshut voraussichtlich Ende 2019 provisorisch bei Ohu an die A 92 angeschlossen werden. Gegenwärtig erfolgt durch die Baubehörde die technische Planung für die südliche Fortsetzung von der A 92 über die Isar bis zur B 15 (alt) in drei Bauabschnitten. Für den 4-spurigen Bauabschnitt von Ohu / Kreuz Landshut (A 92) bis zur Kreisstraße (LA 14) bei Dirnau / Gretlmühle beabsichtigt die Baubehörde 2019 die Planfeststellung zu beantragen.
Gemeinsam mit Bürgerinitiativen für Natur- und Umweltschutz
Gemeinsam mit der 1974 gegründeten „Gemeinschaft der Betroffenen und Gegner der Autobahntrasse Regensburg – Rosenheim (B 15 neu) e.V.“ lehnt der BUND Naturschutz als Anwalt für Mensch und Natur eine Fortsetzung der Bundesfernstraße B 15 neu ab, weil dieses Vorhaben einer bisher weitgehend unzerschnittenen Kultur- und Naturlandschaft erhebliche und nicht ausgleichfähige Umweltbelastungen bringen wird. Richard Mergner, Vorsitzender des BUND Naturschutz in Bayern, kritisiert insbesondere den mit dem Projekt verbundenen Flächenfraß sowie dem damit einhergehenden Artenschwund.
Das Vorhaben weist erhebliche negative Auswirkungen auf natur- und artenschutzfachliche Belange in Verbindung mit landes- und regionalplanerischen Grundanforderungen auf. In der Zusammenschau aller naturschutzfachlich und naturschutzrechtlich relevanten Erhebungen und Analysen muss davon ausgegangen werden, dass die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder auszugleichen sind und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, bei objektiver und sachgerechter Abwägung, im Range vorgehen. Durch das Vorhaben wird der Artenschwund eklatant gefördert! Eine Fortsetzung der B 15 neu in Richtung Rosenheim darf weder zugelassen noch durchgeführt werden.
Obwohl dieser erste Bauabschnitt bautechnisch unmittelbar vor dem Natura 2000 / FFH-Gebiet der Isarleiten enden soll und der prognostizierte Verkehr von 13.200 Kfz / Tag am Rand dieses FFH-Gebietes entlang geführt werden soll, sieht der BN eine erhebliche Verschlechterung von Flora und Fauna dieses geschützten Gebietes. Wegen der zu erwartenden Betroffenheit dieses FFH-Gebietes wird der BN keine Fortsetzung der B 15 neu in Richtung Süden unterstützen, sondern ein Ende der B 15 neu an der A 92 fordern und ggf. einklagen.
Heimatverbunden, vorausschauend und ehrlich
Die Gemeinschaft der Betroffenen und Gegner der B15 neu wurde 1974 gegründet, gleich nachdem die Pläne für die geplante Trasse Regensburg – Rosenheim bekannt wurden. Vereinsziel ist es, die Autobahntrasse Regensburg – Rosenheim (B15 neu) zu verhindern. Die Gemeinschaft bekennt sich ebenfalls ausdrücklich zum Stopp der Autobahn B 15 neu an der A 92 und strebt keinesfalls nur eine Verlegung der Trasse an. “Hier nicht und nicht anderswo” ist schon lange unser Motto, betont die Vereinsvorsitzende Gisela Floegel.
Eine Fortsetzung der B 15 neu südlich der A 92 widerspricht grundlegend dem dringend gebotenen Ziel der Minimierung des Flächenverbrauches bzw. des schonendem Umganges mit Grund und Boden. Dazu wird der Verpflichtung der Verschonung guter landwirtschaftlicher Böden mit Realisierung dieses Vorhabens in keiner Weise Rechnung getragen. Ungeachtet der Versiegelung der in Anspruch genommenen landwirtschaftlichen Acker- und Grünlandflächen, werden noch wohl in gleichem Umfange Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen benötigt. Geeignete Ausgleichsmaßnahmen gehen ausschließlich zu Lasten von land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundflächen. Das Vorhaben steht deshalb auch im krassen Widerspruch zur gebotenen besonderen Rücksichtnahme auf agrarstrukturelle Belange (§15 Abs. 3 BNatSchG).
Wie neueste Verkehrsprognosen, welche dem nächsten Planfeststellungsverfahren zu Grunde gelegt werden sollen, belegen, dient weder der erste Bauabschnitt über die Isar noch ein eventueller Weiterbau mit Anschluss an die B299 oder B15 (alt) der wirksamen Verkehrsentlastung der Stadt Landshut. Zudem werden erhebliche Mehrbelastungen für die weiter südlich gelegenen Gemeinden Geisenhausen und Vilsbiburg aufgezeigt. Die Benennung „Ost-Süd-Umfahrung Landshut“ für den Weiterbau einer vierspurigen, autobahnähnlichen B15 neu, die ausdrücklich dem Fernverkehr dienen soll, ist daher irreführend.
Dass südlich der A 92 die Bürgerinnen und Bürger nicht hochwertiges Ackerland und eine gewachsene Kulturlandschaft zur Verkehrsentlastung Münchens oder für eine europäische Transversale opfern wollen und sich im Gegenzug Abgase, Lärm und Dumping-Gewerbe einhandeln, sei auch sofort einsichtig.
Schwerwiegende Eingriffe in Arten- und Naturschutz vermeiden
Kathy Mühlebach-Sturm, Mitglied des BN-Landesvorstandes und Vorsitzende der BN-Kreisgruppe Landshut sieht in der Fortsetzung der B 15 neu eine erhebliche Umweltbetroffenheit und fordert deshalb ein Ende des Ausbaus der B 15 neu an der A 92. Die bereits im Raumordnungsverfahren zur Ost-Süd-Umfahrung Landshut dokumentierten, schwerwiegenden Eingriffe in den Arten- und Naturschutz verstärken diese Forderung. Die geplante Fortsetzung der B 15 neu über die Isar würde eine neuerliche Zäsur der noch vorhandenen kleinteiligen, naturnahen Struktur des südlichen Landkreises Landshut bedeuten.
Das Straßenbauprojekt bewirkt schwerwiegende Eingriffe in den Naturhaushalt, in das Landschaftsbild und in den Freizeit- und Erholungswert dieses bislang relativ unzerschnittenen und unbeeinträchtigten Landschaftraumes zwischen Landshut und Rosenheim.
Der BUND Naturschutz setzt sich für eine umwelt- und sozialverträgliche Mobilität ein. Vorrangige Ziele sind es, die Belastung von Mensch und Natur durch Klimagase, Schadstoffe und Verkehrslärm zu verringern und die Inanspruchnahme von Flächen und Landschaft durch den Bau von Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen zu reduzieren. „Die gesellschaftlich notwendige Mobilität muss aber gewährleistet bleiben“ betont Kathy Mühlebach-Sturm und ergänzt: „Für den ländlichen Raum sind gleichwertige Entwicklungsmöglichkeiten nötig. Der zu Jahresbeginn 2019 realisierte Landshuter Verkehrsverbund (LAVV) kann hierzu nur ein erster Schritt sein.“
Verkehrsverlagerung der Güter auf die Schiene
Während 2010 nach amtlicher Statistik z.B. südlich von Landshut an der Einmündung der Staatsstraße St2087 Hachelstuhl in die B 15 noch ein tägliches Verkehrsaufkommen von 5.400 Fahrzeugen gezählt wurden, waren es fünf Jahre später insgesamt 5.500 Kfz / Tag mit einem abnehmenden Schwerverkehrsanteil von 11,1 % (2010) auf 8,8 % (2015).
Diese Verkehrszahlen der amtlichen Statistiken rechtfertigen keine regionale Notwendigkeit für den Neubau einer Bundesfernstraße B 15 neu parallel zur bestehenden B 15, ergänzt Reinhold König.
Die Initiative des bayerischen Verkehrsministeriums zukünftig mehr Güter von der Straße auf die Schiene zu verlagern, wird vom BUND Naturschutz als längst überfällig angesehen. König erinnert an die Bayerische Tauernbahn, welche bereits seit 1909 einen Personen- und Gütertransport auf der Schiene zwischen Berlin und Triest über die Linie Hof-Regensburg-Landshut-Mühldorf-Freilassing ermöglicht. Die seit Ende 2018 u.a. im aktuellen Bundesverkehrswegeplan (BVWP 2030) vorgesehene Elektrifizierung der Eisenbahnstrecken von Hof bis Regensburg, von Landshut bis Mühldorf sowie die von Mühldorf bis Rosenheim angestrebte Elektrifizierung wird zukünftig einen durchgehenden Fahrbetrieb mit Elektroloks ermöglichen. Das bisher zeitaufwendige Wechseln von Diesel- auf Elektroloks kann damit entfallen und wird den Güterfernverkehr von Regensburg bis Rosenheim wesentlich beschleunigen. Um das von der Staatsregierung vorgegebene Ziel „mehr Güter auf die Schiene“ nicht zu unterlaufen, macht der Neubau einer parallel dazu verlaufenden Bundesfernstraße B 15 neu von Landshut bis Rosenheim keinen Sinn mehr. Die der Staatsregierung untergeordneten Behörden sind anzuweisen, schnellstmöglich eine Verflechtungsanalyse vorzulegen, wie sich eine Verlagerung der Güter von der B 15 neu auf die Schienenverbindung auswirken wird.
Stadtnahe Osttangente Landshut anstelle einer stadtfernen Isarquerung
Die vom Staatl. Bauamt Landshut vorgesehene Fortsetzung der B 15 neu bis zur Staatsstraße LA 14 bei Dirnau ist stadtfern und wird aus Sicht des BN seiner Zielsetzung nicht gerecht werden. Der problematische Ziel- und Quellverkehr lässt sich nicht aus Landshut auf diesen Straßenabschnitt verlagern. Mit dem Vorhaben wird der Landshuter Stadtteil Auloh sogar zusätzlich belastet werden, stellt Paul Riederer, Ehrenvorsitzender der BN Kreisgruppe Landshut, fest.
Als Alternative zur Fortsetzung der B 15 neu schlägt er erneut zur Entzerrung des Ziel- und Quellverkehrs den Bau einer stadtnahen „Osttangente“ mit nördlicher und südlicher Anbindung an die B 15 (alt) sowie an die innerstädtische B 299 vor. Eine Bündelung der Bundesstraßen B 15 und B 299 auf eine neue Osttangente ermöglicht eine wirksame Entlastung des Stadtgebietes vom Ziel- und Quellverkehr sowie eine schnelle Durchfahrung von Landshut. In seinem Gutachten vom 29.10.2015 verweist der Verkehrsplaner Prof. Kurzak auf eine Entlastungswirkung von täglich 19.900 Fahrzeugen bei Realisierung einer Osttangente. Den Planern wird empfohlen, den im bestehenden Flächennutzungsplan der Stadt Landshut ausgewiesenen Korridor für diese Osttangente zu nutzen. Aus naturschutzfachlicher Sicht zeichnet sich diese Alternative aus durch geringen Flächenverbrauch, keine Betroffenheit eines Natura-2000-Gebietes, vergleichsweise geringe Überbauung von Biotopen im Isarauwald und sehr kurzen Abschnitten in Siedlungsnähe, so dass die damit verbundenen Beeinträchtigungen mit zusätzlichen Lärmschutzmaßnahmen minimiert werden können.
Stopp B 15 neu an der A 92 - Ausbau statt Neubau
Die Städte und Landkreise südlich von Landshut, Mühldorf und Rosenheim, aber auch der Landkreis Erding, haben sich politisch entschieden, auf den Neubau einer Bundesfernstraße B 15 neu in ihrer Region zu verzichten und setzen stattdessen – wo notwendig – auf den Ausbau der B 15 (alt) und auf ortsnahe Umfahrungen. „Eine alte Forderung des BN“, so Richard Mergner und verweist auf einem Grundsatz des Landesentwicklungsprogramms (LEP 2013), nach dem die Weiterentwicklung der Straßeninfrastruktur bevorzugt durch den Ausbau des vorhandenen Straßennetzes und nicht durch Neubau erfolgen soll. Der bevorzugte Ausbau bestehender Straßeninfrastruktur dient dem Erhalt der Funktionsfähigkeit des Gesamtnetzes und der Reduzierung einer weiteren Flächeninanspruchnahme. Nur der Ausbau ist deshalb aus volkswirtschaftlichen Gründen und im Interesse einer nachhaltigen Raumentwicklung sinnvoll. Diesem Grundsatz kann sich der BN nur anschließen.
Schwerwiegende Eingriffe in den Naturhaushalt, in das Landschaftsbild, in landwirtschaftliche Flächen und Wälder wären mit einer Fortsetzung der B 15 neu über die A 92 hinaus verbunden. Wertvolle Naherholungsgebiete würden für die Bevölkerung östlich und südlich von Landshut verlorengehen, auch beliebte stadtnahe Ausflugsziele würden durch die geplanten Straßentrassen beeinträchtigt werden. Der Isarauwald mit wertvollen Biotopen bei Ohu würde zerstört. Ebenso zerstört würde durch die geplante Überquerung des Isartales mit Brücken und Dämmen das Landschaftsbild. Von der Straßentrasse aus würde die Umgebung in weiten Bereichen beschallt werden. Bei Über- oder Unterquerung der Isarhangleiten würde das dort vorhandene FFH-Gebiet erheblich beeinträchtigt werden. Bei einer Fortsetzung käme es zu großen Verlusten an Landwirtschaftsflächen und Zerschneidungen der Landschaft durch tiefe Einschnitte und große Brückenbauwerke. „All das widerspricht grundlegend dem Ziel der Minimierung des Flächenverbrauchs und des schonenden Umgangs mit Grund und Boden“, betont Richard Mergner, der Landesvorsitzende des BUND Naturschutz in Bayern, und fordert den Stopp der B 15 neu an der A 92.
Im Sommer 2018 hat der BN mit dem Volksbegehren zum Flächenschutz für eine Halbierung des Flächenverbrauchs in Bayern gekämpft. Im Koalitionsvertrag finden sich nun immerhin die fünf Hektar Flächenverbrauch am Tag zwar nicht als Höchst-, sondern als Richtgröße. Im Februar 2019 haben mit dem Volksbegehren zum Artenschutz mehr als 1,7 Millionen Menschen in Bayern einen Volksentscheid für eine andere Agrarpolitik, für Gewässerrandstreifen, für blühende Wiesen, weniger Pestizide und einen verbesserten Biotopverbund erzwungen. Die wöchentlichen „Fridays-For-Future“-Demonstrationen der Schüler/innen zeigen, dass die Politik neue Wege gehen muss, um die Zukunft der Menschen in Bayern und anderswo zu sichern.
„Es ist an der Zeit“, so Mergner, „die mehr als fünfzig Jahre alten Pläne für den Bau einer durchgängigen Autobahn von Regensburg bis Rosenheim im Hinblick auf Flächenfraß und Artenschwund aufzugeben und eine Verkehrswende einzuleiten. Mit einem Verzicht auf die Fortsetzung der B 15 neu südlich der A 92 könnte die Staatsregierung die Aussage - nach der bayerischen Landtagswahl 2018 - von Ministerpräsident Söder umsetzen: ´Wir haben verstanden!´“
Für Rückfragen:
Julika Selinger-Schreiber, Regionalreferentin für Niederbayern,
BUND Naturschutz Landesfachgeschäftsstelle München
Tel: 089 / 54 83 01 12
Mobil: 0175/ 355 97 0677
Bilder:
Alle Fotos von der Gemeinschaft der Betroffenen und Gegner der Autobahntrasse Regensburg-Rosenheim (B15 neu) e. V.
Anlagen:
Anlage 1:
Vereinsprofil der Gemeinschaft der Betroffenen und Gegner der Autobahntrasse Regensburg-Rosenheim (B15 neu) e. V.
Anlage 2:
Umfrage: „Sind Sie für den Weiterbau der B15 neu südlich der A 92 oder dagegen?“ – Vor der Bundestagswahl 2017 hat die Gemeinschaft der Betroffenen und Gegner der Autobahntrasse Regensburg-Rosenheim (B15 neu) e.V. bei den Direktkandidaten der Wahlkreise Landshut, Mühldorf und Rosenheim eine Umfrage durchgeführt und die Ergebnisse auf ihrer Website stop-b15-neu.de veröffentlicht.