Geplanter Gipsabbau am Naturschutzgebiet Sieben Buckel
Die Firma KNAUF hat mit dem umstrittenen Gipsabbau am Naturschutzgebiet "Sieben Buckel und Gipshöhle Höllern" begonnen. Neben dem bereits erfolgten Abschieben des Oberbodens wird derzeit eine geteerte Zufahrtsstrasse zu dem 11,5 ha großen Steinbruch am Naturschutzgebiet gebaut.
Mit Transparenten protestiert der Bund Naturschutz an der Baustelle Dazu der Vorsitzende des Bundes Naturschutz, Prof. Dr. Hubert Weiger: "Wir fordern die Firma KNAUF auf, den Abbau sofort einzustellen und nicht bereits vor dem richterlichen Entscheid unumkehrbare Fakten zu schaffen. Der Bund Naturschutz hat mehrere Gutachten zur Schutzwürdigkeit und zu den Grundwasserverhältnissen vorgelegt, die belegen, dass die Entscheidung des Bergamtes Bayreuth unkorrekt ist."
Der Bund Naturschutz hat gegen das umstrittene Abbauprojekt an einer der für den Erhalt seltener Gipssteppenvegetation wertvollsten Landschaften Bayerns 2001 beim Verwaltungsgericht Ansbach Klage eingereicht. Die vom Bund Naturschutz vorgelegten Gutachten machen dem Gericht die Entscheidung offenbar nicht mehr so leicht wie im November 2003, als ein vom BN beantragter gerichtlicher Baustopp abgelehnt worden war. Auch jüngst haben wieder zahlreiche Fachleute und Experten auf die Risiken des Abbaues für das Schutzgebiet der Sieben Buckel und die Zerstörung der Erweiterungsfläche hingewiesen. Trotzdem hält KNAUF unbeirrt an seinen Abbauplänen fest.
Gemeinsam mit einer Vielzahl von Verbänden und Fachleuten sieht der Bund Naturschutz den Bestand des gesamten Schutzgebietes durch den angrenzenden Gipsabbau bedroht. Damit würden nicht nur die berühmten gelb blühenden Frühlings-Adonisröschen oder das Federgras und viele seltene Tierarten wie der Erd-Bock im Naturschutzgebiet gefährdet, auch ein Einsturz der als bedeutendes Fledermausquartier bekannten Gipshöhle Höllern durch Sprengungen in unmittelbarer Nähe wäre wahrscheinlich. Beeinträchtigungen der nur wenige hundert Quadratmeter (!) großen Gipssteppen durch Grundwasserabsenkungen sind nicht auszuschließen. Die ursprünglich geplante Erweiterung des Naturschutzgebietes würde dem Steinbruch zum Opfer fallen.
Alle bisherigen Anstrengungen des BN - seit den 60er Jahren Eigentümer der Naturschutzflächen - zum Schutz und der Förderung der Naturkostbarkeiten wären in Frage gestellt.
Bei erneuten Gesprächen zwischen dem Bund Naturschutz und der Firma KNAUF als Ergebnis der erfolgreichen email-Protestkampagne des BN konnte keine Einigung über das weitere Vorgehen am Naturschutzgebiet gefunden werden. Die Einmaligkeit und Empfindlichkeit der Gipssteppen und des darunter befindlichen Höhlensystems und die Schutzbedürftigkeit des gesamten Areals beeindruckten den Gipskonzern nicht.
"Wir bitten die Bevölkerung um Unterstützung für den Schutz der Sieben Buckel: Schreiben Sie weiter Protestmails an KNAUF über www.bund-naturschutz.de", so Christine Wolf-Mutzke, Vorsitzende der Kreisgruppe Neustadt/Aisch - Bad Windsheim.
Angesichts der im Regionalplan bereits ausgewiesenen 12.200 ha Vorrang- und Vorbehaltsflächen für den Gipsabbau in West-Mittelfranken besteht derzeit keine Not für KNAUF, am Rande eines der empfindlichsten Ökosysteme Gips abzubauen.
Hier geht es um mehr: In Markt Nordheim soll unter dem Deckmantel des Naturschutzes der ungezügelte Gipsabbau in geschützten und europaweit bedeutsamen Gebieten durchgesetzt werden. Ein absoluter Präzedenzfall also. KNAUF will durch sein Schau-Projekt die bereits unter EU-Schutz stehenden großen Gipssteppen im Südharz und anderswo für den Abbau freibekommen. Gelingt es KNAUF nun, den Rohstoffabbau als Naturschutzmaßnahme zu etablieren, brechen Dämme für den Naturschutz in ganz Europa.
Der Schulterschluss der Firma KNAUF mit der Regierung von Mittelfranken und der Höheren Naturschutzbehörde macht das Ganze noch fragwürdiger. Diese unterstützen den Abbau nachdrücklich, weil sie sich v. a. die Einsparung von Finanzmitteln für die Landschaftspflegemaßnahmen erhoffen. Die Kumpanei geht so weit, dass bei der jüngsten Meldung für FFH-Gebiete von der Höheren Naturschutzbehörde in Ansbach ökologisch höchst wertvolle Gipsflächen nicht dem FFH-Schutz unterstellt wurden, weil sie in Vorrang- oder Vorbehaltsgebieten für den Gipsabbau liegen. Dies betrifft beispielsweise den nördlichen Rand des Kehrenberggebietes bei Ulsenheim mit seiner europaweit bedeutsamen Schmetterlingsfauna. Das stellt eine eindeutige Verletzung des europäischen Rechtes zugunsten der Firma KNAUF dar.
Die Firma KNAUF hat bei einem Rohstoffkolloquium der Gipsindustrie in Iphofen inzwischen deutlich gemacht, dass sie die Lobbyarbeit des Unternehmens in Brüssel verbessern will. Diese Lobbyarbeit dient einzig und allein dem Zweck, auch höchst erhaltenswerte und durch EU-Recht geschützte Landschaften für den Gipsabbau freizubekommen.
Der Raubbau an der Natur der Sieben Buckel soll nach dem Willen von KNAUF erfolgen, obwohl es Alternativen zur Gewinnung und Verarbeitung von Gips gibt.
Derzeit kann der deutsche Bedarf nach Gips vollständig durch Gips aus der Rauchgasentschwefelung großer Kraftwerke gedeckt werden (sog. REA-Gips). Alleine an den großen Kohlekraftwerken fallen derzeit jährlich etwa
7,5 Mio. Tonnen REA-Gips an, genug um den Bedarf der gesamten deutschen Gipsindustrie zu decken und ausreichend, um die schutzwürdigen Gebiete zu retten. Aktuell befinden sich in den neuen Bundesländern stetig wachsende Halden solchen "REA-Gipses" die nicht vermarktet werden können. Allein die VEAG (Vereinigte Energiewerke AG) hat über 3 Mio. t REA-Gipse auf Halde liegen, die derzeit nicht abgenommen werden. Das Kraftwerk Lippendorf bei Leipzig gibt diese REA-Gipse derzeit sogar kostenlos ab. Und trotzdem besteht KNAUF auf den Abbau von Naturgips, verbunden mit erheblichen Eingriffen in unsere fränkische Natur und Landschaft.
Der Bund Naturschutz fordert deshalb von KNAUF den Einstieg in die nachhaltige Gipswirtschaft mit der vorrangigen Verwendung von Gips aus der Rauchgasentschwefelung.
Die Gipshügel "Sieben Buckel" und die darauf wachsenden Gipssteppen sind Relikte einer vergangenen Landschaft: nachdem sich die Eismassen der letzten Eiszeit zurückgezogen hatten, konnten sich in der offenen Landschaft vor etwa 10.000 Jahren wärme liebende Pflanzen und Tiere in Mitteleuropa ausbreiten. Ihre Heimat waren die Steppen Osteuropas und Asiens. Als das Klima später wieder gemäßigter wurde, verschwanden die Steppen bis auf kleine Reste - in ganz Bayern sind nur noch vier kleine Standorte dieser Gipssteppen übrig geblieben.
Das Naturschutzgebiet ist deshalb überregional wegen seiner seltenen Gipssteppenvegetation und "fauna, aber auch wegen der größten Gipshöhle in Süddeutschland bekannt und folgerichtig vom Freistaat Bayern als europäisches Schutzgebiet gemeldet worden.
Eine Unterstützung des Bay. Naturschutzfonds oder anderer Naturschutzverbände vorausgesetzt, wäre der BN bereit, die zur Debatte stehenden insgesamt 11,5 Hektar, die fast vollständig der Firma KNAUF gehören, aufzukaufen. Ein entsprechendes Angebot wurde von der Firma KNAUF bisher abgelehnt.