Was interessiert Sie besonders?

Zur Startseite

Eichhörnchen beobachten und melden

Themen

  • Übersicht
  • Klimakrise

Tiere und Pflanzen

Gericht hebt Genehmigung der Staustufe Pielweichs auf

Bund Naturschutz sieht großen Erfolg im Kampf gegen die Umweltzerstörung durch die Staustufe Pielweichs

27.07.2006

Das Verwaltungsgericht Regensburg hat mit Urteil vom 24.07.2006 den Planfeststellungsbeschluss des Landratsamtes Deggendorf zur Staustufe Pielweichs vom 15.04.2002 aufgehoben. Der BN hatte gegen die Genehmigung geklagt, weil massiv gegen Naturschutzbestimmungen verstoßen wurde. „Wäre die Staustufe Pielweichs nicht bereits seit 1994 als Schwarzbau in Betrieb, würde dieses Urteil wohl das Aus für die Planung einer Staustufe bedeuten.“ so das Fazit von Prof. Dr. Hubert Weiger, Landesvorsitzendem des BN. „Wir fühlen uns darin bestätigt, dass ein Staustufenbau wegen der erheblichen negativen Auswirkungen auf die Natur nicht mehr genehmigungsfähig ist und speziell die Staustufe Pielweichs rechtswidrig errichtet wurde.“

Die stark umstrittene Staustufe Pielweichs war bereits 1994 schon vor Erteilung des Planfeststellungsbeschlusses als letzte Staustufe in der Isar oberhalb der europaweit bedeutsamen Mündung dieses Flusses in die Donau in Betrieb genommen worden. Das Stauwehr war angeblich nötig, um eine weitere akute Eintiefung der Isar zu verhindern. Mit dem Planfeststellungsbeschluss von 2002 sollte die bereits errichtete Staustufe nachträglich genehmigt werden. Der BN hat den Bau der Staustufe und dann auch den Bescheid als Verstoß gegen bayerisches und europäisches Naturschutzrecht kritisiert, denn es hätte bereits zur Zeit des Baus ökologisch verträglichere Alternativen gegeben, um die Sohle gegen weitere Erosion zu sichern.
Eine zentrale Rolle in der Gerichtsverhandlung spielte die Frage, ob die für den „Ausgleich“ der Schäden in Fluss und Aue vorgesehenen Maßnahmen ausreichend sind. Der BN geht davon aus, dass die vom Wasserwirtschaftsamt Landshut geplanten sogenannten Ausgleichsmaßnahmen nicht nur fachlich, sondern auch in der naturschutzrechtlichen Bewertung nicht haltbar sind.
Zwar waren an der Staustufe Pielweichs Ausgleichsmaßnahmen wie die Errichtung von sog. „Ersatzfliessgewässern“ und die künstliche Infiltration von Grundwasser über Beton-Sickerleitungen vorgesehen. Diese wurden jedoch bisher nicht gebaut bzw. in Betrieb genommen, obwohl mit der Errichtung der Staustufe bereits 1994 der entscheidende Eingriff erfolgte und der Planfeststellungsbeschluss im Jahr 2002 die Umsetzung der Maßnahmen festschrieb.
Konsequenz des Gerichtsurteiles ist – sofern keine der beteiligten Parteien Berufung einlegt -, dass ein neues Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden muss. Dass es überhaupt einen rechtskräftigen Planfeststellungsbeschluss für diese Staustufe geben kann, zweifelt der BN generell an: „Das Problem ist, dass eine Planfeststellung durchgeführt werden muss für einen Eingriff, der bereits erfolgt ist, obwohl er nie errichtet hätte werden dürfen.“, so der Rechtsvertreter des BN Rechtsanwalt Dr. Uli Kaltenegger. Der BN fordert, dass in einem neuen Verfahren alle Varianten der Fluss-Sanierung – also auch flussbauliche Maßnahmen wie Sohlrollierungen und/oder Geschiebezugaben – vorurteilsfrei und ohne Rücksicht auf die bestehende (illegale) Staustufe untersucht werden müssen. Eine Variantenprüfung ist aufgrund der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie in jedem Fall notwendig. Derartige ökologisch verträgliche Varianten sind heute noch viel mehr als schon vor 10 Jahren möglich. Letztlich darf nach Ansicht des Naturschutzverbandes auch der Rückbau der Staustufe kein Tabu sein. „Für die Isar zwischen Ettling und Plattling muss eine Sanierung erreicht werden, die diesen Namen wirklich verdient“, fordert Dr. Christine Margraf, Artenschutzreferentin des BN. Der Naturschutzverband hat zu dem Gerichtsverfahren ein Gutachten erstellen lassen, aus dem die naturschutzfachlichen Mindestanforderungen hervorgehen. Hieraus wurde auch deutlich, dass die bisher geplanten Ersatzfliessgewässer und die künstliche Erzeugung von Grundwasserschwankungen bei weitem nicht die für die Aue lebensnotwendigen dynamischen Verhältnisse wieder hergestellt hätten.

Die Entscheidung des Gerichtes stellt nach Ansicht des BN auch die Weichen für die Sanierung der Isar zwischen Plattling und der Isarmündung. „Zielrichtung muss sein, die Isar aus ihrem bisherigen Korsett zu befreien und die natürlichen, dynamischen Prozesse für die Auwälder wieder herzustellen.“ betonte Weiger. Der Verband hat angeboten, sich an der Fachdiskussion zur Sanierung des Mündungsgebietes konstruktiv zu beteiligen.

Der BN sieht sich durch das Urteil auch in seiner Kritik an der von einzelnen Gutachtern behaupteten angeblichen „Ausgleichbarkeit“ einer Staustufe in der frei fließenden der Donau zwischen Straubing und Vilshofen bestätigt: „Die negativen ökologischen Auswirkungen von Staustufen sind wegen der grundlegenden Veränderung des Wasserhaushaltes für Fluss und Aue grundsätzlich nicht ausgleichbar. Weitere Staustufen sind damit nach Naturschutzrecht nicht genehmigungsfähig, erst recht nicht in so ökologisch hochwertigen Gebieten wie den Donauauen.“ so Georg Kestel, der Gutachter des BN. Der BN hat erst vor kurzem ein Gutachten erstellt, das die erheblichen Mängel sogenannter „Ausgleichsmaßnahmen“ an Staustufen, die in den letzten Jahren an der Donau gebaut wurden, deutlich aufzeigt.